Nena selbst hatte augenscheinlich zunehmend Spaß an ihrem Auftritt im Hirsauer Kloster. Foto: Thomas Fritsch

Der Top Act des diesjährigen Klostersommers war wohl Nena. Und sie wurde dieser Erwartung durchaus gerecht – und präsentierte sich obendrein nicht als die problematische Diva, als die sie gemeinhin gilt.

Seit Jahrzehnten ist sie erfolgreich im Geschäft und gilt mit weltweit 25 Millionen verkauften Tonträgern als erfolgreichste deutsche Popsängerin. So gesehen war Nena der Top Act des Calwer Klostersommers 2023. Das hat sie zusammen mit ihrer Band eindrucksvoll bewiesen.

Es war ein eingespieltes Team, das da im Hirsauer Kloster aufspielte. Es war zu spüren, dass die Musiker größtenteils seit unzähligen Jahren zusammen sind. So war der Gig geprägt von Professionalität und Routine. Zuweilen ging das allzu glatt über die Bühne. Eine Stimmung, wie sie etwa beim Auftritt von Hubert von Goisern zum Auftakt des Klostersommers zu spüren war, wollte nicht so recht aufkommen.

Sei‘s drum. Nena führte ohne viele Gequatsche und folglich mit viel, viel Musik durch ihren fast zweieinhalbstündigen Auftritt. Da fegte die mittlerweile 63-Jährige unablässig und temperamentvoll über die Bühne. Und ihre markante Stimme klingt unvermindert jung.

Immer noch frisch und unverbraucht

Mit einer Gänsehaut-Nummer wie „Liebe ist“ zu beginnen, ist sicher außergewöhnlich. Letztlich steigerte sich der Song zu einer veritablen Rocknummer, als die Musiker nach und nach auf die Bühne kamen und in das Lied einstimmten. Mit „Nur geträumt“ folgte Nenas erster großer Hit, der mittlerweile fast vier Jahrzehnte auf dem Buckel hat, aber noch immer frisch und unverbraucht klingt.

Nena, die im Rahmen ihrer „Wir gehören zusammen – Open Air-Tour 2023“ nach Calw gekommen war, bot danach einen Querschnitt durch ihr zwischenzeitlich riesiges Repertoire. Da ging vor allem im ersten Teil sehr rockig, zuweilen fast im Punk-Stil die Post ab. Mit dabei waren Titel aus ihren jüngsten Album „Licht“ (2020), besonders viele Songs waren aus „Oldschool“, aufgenommen 2015, zu hören, aber auch Lieder aus ihrer Anfangszeit Mitte der 1980er-Jahre.

Nenas ganz große Hits kamen natürlich zum Schluss und wurden in durchweg hörenswerten Live-Versionen präsentiert. „Wunder gescheh‘n“ mit Akkordeon-Begleitung, „Leuchtturm“ steigerte sich zu einem furiosen Gitarrenrock-Finale, bei den „99 Luftballons“ gab es ein Crossover mit der Endlosschleife aus dem Beatles-Klassiker „Hey Jude“.

Sonderwünsche halten sich in Grenzen

Nena gilt bei Konzertveranstaltern als schwierig, um es vorsichtig auszudrücken. Davon war in Hirsau auf und hinter der Bühne nichts zu spüren. Man hatte den Eindruck, Nena hatte zunehmend Spaß an dem Konzert, je länger ihr Auftritt dauerte. „Ich will mich ja nicht aufdrängen, aber ich würde gerne noch zwei, drei Lieder spielen“, sagte sie nach der ersten Zugabe. Was vom Publikum natürlich begeistert begrüßt wurde.

Dazu gehörte „Zusammen“, in dem sie an den 2002 verstorbenen Bandkollegen Carlos Karges erinnerte. Der Autor ihrer größten Hits „99 Luftballons“ und „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“, mit dem sie sich erst nach einem langen Streit wieder ausgesöhnt hatte, wäre am Tag des Calwer Konzerts 72 Jahre alt geworden.

Auch Veranstalter Jürgen Ott lernte hinter den Kulissen eine problemlose Person kennen. Sonderwünsche hielten sich in Grenzen. Was sie sich erbat, war ein Candlelight-Dinner für zwölf Personen nach dem Konzert. Das steht einem Star wie Nena nach einem solchen Auftritt sicher zu.