"Fehlstunden verkraftete man, Klimawandel nicht", steht auf einem der Plakate: Klimastreik in Balingen im März 2019. Foto: Dick

Engagierte Menschen demonstrieren für Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und zukunftsorientierte Arbeitsplätze – und ernten dafür nicht nur Zustimmung, sondern auch Häme und Hass.

Zollernalbkreis - Es hagelte Häme, Hasskommentare und sogar einen Aufruf zu Gewalt, als auf der Facebook-Seite Schwarzwälder Boten Balingen eine Ankündigung zum Klimastreik von Fridays for Future (FFF) Albstadt und den Grünen veröffentlicht wurde. Sophie Seng (38) von den Grünen Balingen und Mutter von drei Kindern spricht darüber, weshalb sie die Aggression der Kommentarschreiber nicht verstehen kann, und warum sie Vorbild sein möchte.

Beim Klimastreik am Freitag geht’s um Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Arbeitsplätze. Wie erklären Sie sich solche Kommentare, Frau Seng?

Das ist schwer nachzuvollziehen. Wir für demonstrieren für Gerechtigkeit und eine gemeinsame Zukunft. Wir überlegen, wir man vor Ort und global die Zukunft zu gestalten kann, um die Erde zu erhalten. Das ist doch etwas Positives. Ich kann nicht nachvollziehen, wie so etwas Aggression auslösen kann.

Andere User meinten zu wissen, die Aktivisten würden sich alle »von Mutti mit dem Auto zur Schule fahren lassen« und »mit dem Flieger in den Urlaub« gehen.

Ich finde, was diese jungen Menschen auf die Beine stellen, ist großartig und verdient Respekt. Selbst wenn Außenstehende mit der FFF-Einstellung nicht einverstanden sind, denke ich doch, man sollte sich freuen, dass sich junge Menschen sich engagieren und Verantwortung übernehmen. Es geht ja auch nicht darum, dass wir uns perfekt verhalten oder das von anderen fordern. Wir geben uns einfach Mühe in den Bereichen, in denen wir es können. Wir schauen auf kommunalpolitischer Ebene, was wir tun können, um den Klimaschutz im Zollernalbkreis voranzubringen. Wir machen ja keine Vorschriften.

Wie schwer ist es, Vorbild zu sein?

Ich habe drei Kinder, bin Lehrerin, und ich will Vorbild sein. Vorbilder sind nicht perfekt. Vorbild sein heißt auch, Sachen ernst zu nehmen: Klimaschutz, Natur. Und zu überlegen, wie kann ich mich engagieren? Am Freitag gehe ich als Vorbild auf die Straße.

Woher schöpfen Sie Ihre Kraft?

Aus der Leidenschaft für die Sache. Jemand muss das machen. Wir können die Erderwärmung nur noch verlangsamen. Es gibt keine Alternative und keinen Planeten B.

Wie reagiert man auf einen Shitstorm, der sich daran entzündet, dass man die Umwelt schützen möchte?

Zuerst bekommen wir natürlich viel Zuspruch und Unterstützung aus verschiedenen Bereichen. Grüne und auch FFF stehen für eine liberale Gesellschaft, die von manchen Menschen abgelehnt wird. Dass diese sich einem Dialog nicht stellen, sondern lieber Gewaltfantasien äußern, ist schade und in einer Demokratie nicht akzeptabel.

INFO: Klimastreik in Balingen

Der nächste Klimastreik in Balingen ist am Freitag, 23. September, und beginnt um 14 Uhr auf dem Marktplatz. Er hat das Motto: "People not Profit". Vom Marktplatz geht der Demonstrationszug von der Friedrichstraße über die neue Straße zurück zum Marktplatz. Neben Musik und kurzen Redebeiträgen haben alle Interessierten die Möglichkeit, über ein offenes Mikro das Wort zu ergreifen.