Das Kinderhaus und die Grundschule Waldachtal können mithilfe einer Modellförderung vom Land Baden-Württemberg zu einem Kinderbildungszentrum weiterentwickeln werden. Zu den Voraussetzungen zählt unter anderem, dass beide Einrichtungen auf einem Gelände angesiedelt sein müssen. Foto: Wagner

Im April 2011 wurde der Kindergarten sowie die Grundschule Salzstetten offiziell als Bildungshaus anerkannt. Genau zehn Jahre später schuf nun das Kultusministerium eine neue Modellförderung für sogenannte Kinderbildungszentren.

Waldachtal - Für die Gemeinde Waldachtal stehen die Chancen gut, dass die Grundschule und das Kinderhaus "im Himmelreich" als Kinderbildungszentrum vom Land gefördert werden. "Es ist eine Art Weiterentwicklung vom Bildungshaus", beschrieb Bürgermeisterin Annick Grassi grob das neue Modellprogramm. Der Bedarf an Unterstützung der Eltern und Familie steige stetig. Zeitlich sei dieser Mehrbedarf nur bedingt in den Kindertageseinrichtungen abdeckbar. Daher würde dieses Modell sowohl die Erzieherinnen im Kindergarten und die Lehrer in der Schule entlasten sowie die Kinder, Eltern und Familien zufriedenstellender unterstützen, argumentierte die Bürgermeisterin. Mit Hilfe des Kinderbildungszentrums könne die Chance auf ausreichende Entwicklungsbegleitung gewährleistet werden. Außerdem würde das Kinderbildungszentrum den Übergang in die Grundschule erleichtern. Das Auftreten von Verlust- und Trennungsängsten könne gezielt durch die Leistung des Kinderbildungszentrums verringert werden und somit der nächste Entwicklungsschritt der Kinder erleichtert werden.

Die Modellförderung ist für Städte und Gemeinden sowie kirchliche und freie Träger von Kindertageseinrichtungen vorgesehen, die ihre Kindertageseinrichtungen und Grundschulen zu einem Kinderbildungszentrum weiterentwickeln wollen. Dieses umfasst Kindertageseinrichtungen mit Ü3-Bereichen sowie Grundschulen, welche auf einem Gelände angesiedelt sein müssen. "Bei der letzten Voraussetzung waren viele Kommunen schon raus", verdeutlichte Grassi den Räten. Im Rahmen des Modellprojekts sollen insgesamt bis zu 20 Modellstandorte über einen Zeitraum von zwei Jahren (2021/2022) mit bis zu 200 000 Euro jährlich unterstützt werden. Förderfähig seien unter anderem die Personalkosten für die Stelle eines Projektmanagers in Höhe von bis zu 50 000 Euro jährlich für Organisation, Koordination und Kommunikation der Planungs- und Umsetzungsprozesse mit allen Beteiligten, Trägern und Leitungen. Ebenso die Personalkosten für eine Vollzeitstelle "Fachberatung" in Höhe von bis zu 60 000 Euro jährlich, welche vor Ort unter anderem die Aufgabe hat, den Prozess der pädagogischen und organisatorischen Zusammenarbeit zu begleiten, Teamprozesse zu initiieren und jahrgangs- und institutionsübergreifende Spiel- und Lernangebote durchzuführen. Des Weiteren werden zweckgebundene Sachmittel von bis zu 90 000 Euro jährlich für Projekte und zur Ausgestaltung von Räumen zur Verfügung gestellt. Ausgeschlossen seien dabei bauliche Vorhaben.

Beim Veränderungsprozess soll jeder Modellstandort durch eine Prozessbegleitung mit insgesamt bis zu 50 Stunden unterstützt werden. Die langfristige finanzielle und personelle Verantwortung obliegt jedoch dem Träger. Der Aufruf zur Modellförderung erfolgte Ende März, die Antragsfrist lief zum 15. April ab. Die Gemeindeverwaltung habe sich daher gemeinsam mit den Leiterinnen im Kinderhaus und Hort sowie der Grundschule kurzfristig entschieden, zumindest eine Interessensbekundung abzugeben, klärte Grassi das Gremium auf. Hierbei wurde erläutert, wie sich die vorhandene Bedarfslage darstellt und welche Ziele mit dem Projekt gefördert werden sollen.

Das Kultusministerium hat die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) beauftragt, die Koordination und Verwaltung der Modellförderung Kinderbildungszentren sowie ihre Begleitung zu übernehmen. Seitens der DKJS wurde der Gemeindeverwaltung schriftlich zu Beginn des Monats mitgeteilt, dass Waldachtal in die zweite Phase aufgenommen wird. Daher schlug die Verwaltung vor, mit der offiziellen Antragstellung die Teilnahme an der Modellförderung zu beschließen.

Spät informiert

Ratsmitglied Bernd Schittenhelm monierte, dass der Gemeinderat über die Interessensbekundung nicht früher informiert wurde. Dies hätte in der Gemeinderatssitzung am 20. April öffentlich oder nicht öffentlich bekanntgegeben werden können, kritisierte Schittenhelm. Ferner beanstandete das Ratsmitglied, dass die Interessensbekundung nicht heuer dem Gemeinderat schriftlich vorgelegt wurde. "Für mich sind die Unterlagen unvollständig", verdeutlichte Schittenhelm. Er hinterfragte in diesem Zusammenhang ebenso, ob mit der Interessensbekundung bereits ein grobes Konzept festgelegt wurde. "Es war nur eine Interessensbekundung, mehr nicht", entgegnete Grassi. Schittenhelm hakte dahingehend nach, dass in dem Formular Fragen beziehungsweise Erklärungen aufgeführt sind, welche darauf abzielen, dass eine langfristige finanzielle und personelle Verantwortung für die Weiterentwicklung der Einrichtungen zum Kinderbildungszentrum auch nach Abschluss der Modellförderung durch die Träger gesichert ist.

Grassi wird plötzlich laut

Für ihn entstand der Eindruck, dass diese Zusagen getätigt wurden und somit ein grobes Konzept bereits stehen würde. "Deshalb sind für mich die Unterlagen unvollständig", erklärte Schittenhelm weiter, als Grassi plötzlich mit der flachen Hand auf den Ratstisch schlug. "Die Unterlagen sind nicht unvollständig", entgegnete Grassi lautstark. "Und wenn Sie beim vorherigen Durchsehen der Beratungsunterlagen meinen, sie bräuchten dieses Formular, dann rufen Sie mich vorher an, oder schreiben Sie mir eine E-Mail. Scheißegal, ich bin 24 Stunden rund um die Uhr erreichbar", verdeutlichte Grassi dem Kritiker. Einige der Räte versuchten zuvor auf das ursprüngliche Thema zurückzulenken. "Wir entscheiden heute darüber, ob wir an dem Modellprojekt teilnehmen", stellte Ludwig Blum abgeklärt fest. Reibungslos ging die anschließende Beschlussfassung über die Bühne. Der Gemeinderat stimmte der Antragstellung und der Teilnahme an der Modellförderung einstimmig zu.