Abschied aus der ersten Liga: HSV-Handballer bedanken sich bei ihren Fans Foto: dpa

Der sportliche abgestiegene HBW Balingen-Weilstetten plant nach der erneuten Lizenzverweigerung für den HSV Hamburg ab sofort für die Handball-Bundesliga. Bei einem möglichen Gang des HSV vor das Schiedsgericht würde es nur um die Prüfung formaler Fehler gehen.

Hamburg/Balingen - Markus Gaugisch nahm die Nachricht äußerlich gelassen auf. „Bei uns steigt jetzt keine Jubelparty, aber wir freuen uns natürlich, dass wir drin bleiben“, sagte der Trainer des HBW Balingen-Weilstetten. Auch Geschäftsführer Bernd Karrer zeigte sich positiv überrascht: „Um ehrlich zu sein, habe ich nicht daran geglaubt. Ich habe Hochachtung vor dem Präsidium und all denen, die diese Entscheidungen getroffen haben.“ Daran sehe man, dass beim neuen Lizenzverfahren alle Vereine gleich behandelt werden. Dass das Aus für den HSV endgültig ist, daran zweifelt ernsthaft keiner mehr. Zwar hat der Tabellenvierte der abgelaufenen Bundesligasaison noch die Möglichkeit, vor das Schiedsgericht der Handball-Bundesliga (HBL) zu ziehen. Dort werden aber keine neuen Zahlen und Fakten berücksichtigt. Es geht lediglich um die Prüfung, ob formale Fehler beim Lizenzentscheid begangen wurden.

Bereits vor drei Wochen war dem HSV in der erster Instanz die Lizenz verweigert worden. Auch das neue Finanzkonzept konnte die Lizenzierungskommission nicht überzeugen, das HBL-Präsidium schloss sich dieser Einschätzung mit 8:0 Stimmen an. Die Begründung lieferte HBL-Geschäftsführer Holger Kaiser: „Der HSV hat auch in den fristgerecht nachgereichten Unterlagen seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ende dieser Saison und auch für die neue Saison nicht belegen können.“

„Das ist für uns alle erst einmal schwer zu verdauen“, teilte die HSV-Spitze um Geschäftsführer Holger Liekefett, Interimspräsident Frank Spillner und Aufsichtsrat Matthias Rudolph mit. „Es tut uns unfassbar Leid für unsere Fans und Partner. Worte können unsere Gefühle nicht beschreiben.“

Da der deutsche Meister von 2011 versäumt hat, einen fristgerechten Lizenzantrag für die zweite Liga zu stellen, könnte er jetzt nur noch in der dritten Liga antreten. Was Matthias Rudolph nicht ausschließt: „Wir können uns ja wieder hocharbeiten.“ Wahrscheinlicher dürfte nach dem Totalschaden jedoch ein Insolvenzantrag sein.

In den Strudel geraten war der Club, nachdem Andreas Rudolph, der Bruder von Matthias Rudolph, am 8. Mai überraschend seinen Rücktritt verkündet und den Geldhahn zugedreht hatte. Bis zu 2,7 Millionen Euro sollen dem Club seither fehlen. Der 8,5-Millionen-Euro-Etat der abgelaufenen Saison sollte auf fünf Millionen Euro reduziert werden. Die Spieler wollten auf ein Monatsgehalt verzichten, Gläubiger Aufschub bei ihren Forderungen gewähren. Die HBL traf die Entscheidung schweren Herzens. Sie hatte stets ihr großes Interesse am HSV beteuert. „Das ist einer unserer wichtigsten Standorte mit Strahlkraft in Deutschland und Europa. Ein Aus des HSV würde die Liga nachhaltig beeinträchtigen“, sagte Kaiser noch vor wenigen Wochen.

Was aus dem Team um Nationalkeeper Jogi Bitter wird, ist unklar. Fest steht nur, dass Welthandballer Domagoj Duvnjak und EM-Torschützenkönig Joan Canellas (beide zum THW Kiel) gehen. Kreisläufer Andreas Nilsson wird mit dem MKB Veszprem in Verbindung gebracht, Bitter steht angeblich ebenfalls vor einem Wechsel nach Kiel. Für Balingen-Weilstetten sind die HSV-Spieler eine Nummer zu groß. Dennoch bietet der Verbleib in der ersten Liga neue Optionen: Der Verein kann nun etwa wieder mit Christoph Theuerkauf planen – der Kreisläufer hat nur einen Vertrag für die erste Liga.