Deutschland gegen Frankreich bei der Handball EM. Foto: AP

Nach einer emotionalen Achterbahn-Fahrt haben die Handballer bei der EM den Hauptrundenauftakt verloren

Innsbruck - Kein neues Wunder: Nach einer emotionalen Achterbahn-Fahrt haben die deutschen Handballer bei der EM den Hauptrundenauftakt verloren und die Minimalchance auf das Halbfinale verspielt.

Trotz furioser Aufholjagd unterlag der WM-Fünfte in Innsbruck dem Olympiasieger und Weltmeister Frankreich mit 22:24 (10:12). Einen Tag nach dem Tod des ehemaligen Team-Kollegen Oleg Velyky spielte der EM-Vierte wieder einmal mit Leidenschaft und Herzblut, aber erfolglos. Bester deutscher Werfer war Torsten Jansen (5/2). Das zweiten Hauptrundenspiel bestreitet die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) am 26. Januar gegen Spanien. "Wir wollen uns weiter positiv verkaufen und dann sehen, wofür es reicht", sagte Rückraumspieler Holger Glandorf.

"Gegen einen vermeintlich übermächtigen Gegner wie Frankreich haben wir nie aufgegeben und sind fast noch rangekommen. Ich kann den Spielern keinen Vorwurf machen, es fehlt eben noch die internationale Erfahrung", sagte Bundestrainer Heiner Brand unmittelbar nach dem Handball-Krimi. "Vier schnelle Gegentore direkt nach der Halbzeit - das war der Knackpunkt", resümierte Brand, der zu seinem Perspektiv-Team volles Vertrauen hat: "Mit zwei Siegen könnten wir noch sehr gut in der Tabelle aussehen." Abwehrchef Oliver Roggisch polterte: "Wir hatten die realistische Chance, den Weltmeister zu schlagen. Wir haben 50 Minuten super Handball gespielt und zehn Minuten den Kopf verloren. Das ärgert mich mächtig."

Mit einer Schweigeminute vor Spielbeginn hatten die Teams und die 8200 Zuschauer in der ausverkauften Olympiahalle des am 23. Januar verstorbenen Oleg Velyky gedacht. Die deutschen Spieler hatten zudem wie angekündigt am linken Arm einen Trauerflor angelegt, um so an ihren ehemaligen Mitspieler zu erinnern. Der gebürtige Ukrainer, der in der Bundesliga zuletzt für den HSV Hamburg gespielt hatte, war in Kiew im Alter von nur 32 Jahren an Krebs gestorben. "Er war unser Freund. Wir werden versuchen, den Kopf frei zu bekommen und auch für ihn zu spielen", hatte Kapitän Michael Kraus versprochen.

Die kurze Trauerzeit schien die deutsche Mannschaft noch enger zusammengeschweißt zu haben. Mit großem Engagement und Einsatz stürzte sich der WM-Fünfte in das 67. Duell mit dem Olympiasieger und Weltmeister. Vor allem in der Defensive bot die DHB-Auswahl eine Glanzleistung. So eroberte sie Bälle und wandelte einen 2:4-Rückstand (10.) in eine 6:4-Führung (14.) um.

Fortan entwickelte sich eine packende Partie zweier gleichwertiger Teams. Frankreich eroberte mit 7:6 (18.) die Führung zurück, die deutsche Mannschaft glich beim 9:9 (24.) wieder aus. Dann aber häuften sich schon so oft in diesem Turnier die Fehler im Angriffsspiel des EM-Vierten, der sich dadurch um den Lohn seiner intensiven Abwehrarbeit. Bis zur Pause geriet die Mannschaft von Bundestrainer Heiner Brand dadurch mit 10:12 ins Hintertreffen.

Nach Wiederanpfiff geriet der WM-Fünfte völlig von der Rolle. Ohne Ideen und Durchschlagskraft gingen im Angriff reihenweise Bälle verloren. Fünf torlose Minuten nutzten die Franzosen gnadenlos aus und zogen mit fünf Treffern hintereinander auf 17:10 (35.) davon. "Das hat uns das Genick gebrochen", sagte Torhüter Johannes Bitter. Danach brachte Brand den erst am Vortag nachnominierten Martin Strobel, der mehr System und Ordnung in die Offensive bringen sollte.

Der 23-Jährige Lemgoer, für den dessen Club-Kollege Carsten Lichtlein als dritter Torhüter die EM verließ, mühte sich redlich, aber erfolglos. Denn weiterhin trafen er und seine Teamkollegen das von Welthandballer Thierry Omeyer (Kiel) gehütete Tor der Franzosen trotz klarer Chancen nicht. Nach dem 15:22 (49.) setzte die deutsche Mannschaft einmal mehr zu ihren mitreißenden Aufholjagden an. Mit der in den Spielen zuvor gezeigten Leidenschaft kam sie Tor um Tor bis auf 20:22 (54.) heran. Doch zu einem Wunder reichte es nicht mehr.