Kinder strampeln beim Schwimmunterricht im Wasser. Doch das Angebot an Kursen wird immer dünner. Foto: Pilick

Steigende Zahl der Todesfälle. Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft fordert Hilfe vom Landtag. 

Region - Zu wenig Bäder, zu wenig Lehrer. Grundschulkinder im Südwesten müssen immer häufiger auf den Schwimmunterricht verzichten. Eine gefährliche Entwicklung, findet zum Beispiel die DLRG.

Es sind Zahlen, die schockieren und nun auch die Politik zum Handeln bewegen sollten: Etwa jede vierte Grundschule in Baden-Württemberg kann keinen Schwimmunterricht für ihre Schüler anbieten. Befragt zu diesem Thema wurden 2346 Schulen - 24,2 Prozent davon gaben an, den Kindern keinen entsprechenden Unterricht geben zu können, da häufig kein Bad in unmittelbarer Nähe ist oder es an qualifizierten Lehrern fehlt.

Probleme, die bei der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) allzu bekannt sind: "Es gibt einfach nicht genügend Wasserflächen", sagt die Geschäftsführerin der DLRG Württemberg, Eleonore Wagner, unserer Zeitung. Viele Bäder müssten saniert werden, doch da fehle den Kommunen oft das Geld. Für Wagner ganz klar: "Das Land muss hier aushelfen." Und mit dieser Forderung steht sie nicht alleine da.

Nach DLRG-Angaben sind im vergangenen Jahr in ganz Deutschland 71 Kinder ertrunken

Auch Norbert Brugger vom Städtetag Baden-Württemberg nimmt das Land in die Pflicht, hier finanziell tätig zu werden, sonst geht er davon aus, dass von den rund 900 noch bestehenden Bädern im Land noch mehr das Wasser endgültig ablassen müssen. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) zeigte sich kürzlich im Bildungsausschuss aber zurückhaltend, verwies lediglich auf die Verhandlungen zum neuen Doppelhaushalt des Landes für die kommenden Jahre.

Weiter ist die Ministerin der Meinung, dass es Aufgabe der Eltern ist, Kindern das Schwimmen beizubringen. "Die Schule ist dafür zuständig, Schwimmen zu üben." Für Wagner ein sehr schmaler Grat: "Es ist wichtig, die Eltern mit ins Boot zu holen. Doch nicht alle sind in der Lage, ihren Kindern angemessen die nötigen Fertigkeiten im Wasser beizubringen", sagt die Geschäftsführerin. Aufgabe der Eltern sei es vor allem, den Nachwuchs an das Wasser zu gewöhnen und ihm die Angst davor zu nehmen.

Im Schwimmunterricht der Grundschulen sollen sie dann zu sicheren Schwimmern ausgebildet werden. Als sicherer Schwimmer bezeichnet die DLRG, wer die Disziplinen des Jugendschwimmabzeichens in Bronze (Freischwimmer) erfüllt: Dazu gehören unter anderem der Sprung vom Beckenrand, eine Distanz von 200 Metern in höchstens 15 Minuten zu überwinden sowie einen Gegenstand aus rund zwei Meter Tiefe an die Oberfläche zu holen.

Fähigkeiten, die immer weniger Kinder beherrschen. Während eine Emnid-Umfrage von 2005 noch ergab, dass bundesweit 33,9 Prozent der Kinder keine sicheren Schwimmer waren, stieg dieser Wert laut forsa-Umfragen im Jahr 2010 auf 50 Prozent und 2017 sogar auf 59 Prozent. Die Vizepräsidentin der württembergischen DLRG, Ursula Jung, beobachtet ebenfalls seit Jahren eine abnehmende Zahl der sicheren Schwimmer - bei gleichzeitig steigender Zahl der Todesfälle. Nach DLRG-Angaben sind im vergangenen Jahr in ganz Deutschland 71 Kinder ertrunken.

Das sind dramatische Entwicklungen, die möglicherweise auch auf zahlenmäßig zu wenig Lehrkräfte zurückzuführen sind. Von einem "exorbitanten Mangel" spricht etwa Carsten Rees (Freiburg), Vorsitzender des Landeselternbeirates. Wagner zufolge besteht deshalb Handlungsbedarf bereits beim Lehramtsstudium für die Grundschule: "Viele angehende Lehrer schließen ihr Studium ab, ohne in diesem Bereich ausreichend ausgebildet worden zu sein."

Gleichzeitig ist die DLRG-Geschäftsführerin aber froh, dass beim Studienaufbau bereits einige Stellschrauben gedreht werden. Dass dies ausreicht, ist zu bezweifeln. Daher wird sich das Thema in der Landespolitik wohl noch einige Zeit an der Oberfläche halten.