Renate Braun betreibt den Kulturladen "Àkapella" in der unteren Hauptstraße in Rottweil. Foto: Meene

Betreiberin Renate Braun bleibt zuversichtlich. Musikunterricht darf weiter stattfinden. Online keine Dauerlösung

Rottweil - Sie wollte Kulturschaffende in Krisenzeiten unterstützen: seit Juli betreibt Renate Braun den Kulturladen "Àkapella". Vergangene Woche dann die schockierende Nachricht für die Musikerin: die geplanten Veranstaltungen dürfen durch die neusten Corona-Verordnungen nicht mehr stattfinden.

"Wir haben uns die schwierigste Zeit ausgesucht" ist sich Renate Braun bewusst. "Die Kulturschaffenden leiden zur Zeit am meisten unter der Corona-Krise". Doch gerade aus dieser Not heraus sei das neue gemeinsame Projekt von der freischaffenden Musikerin und ihrem Mann Jochen Braun überhaupt erst entstanden.

Seit Juli betreiben die beiden Künstler das Projekt "Àkapella – der Kulturladen" in den schon seit einiger Zeit leerstehenden Räumlichkeiten eines ehemaligen Sportschuh-Geschäfts in der unteren Hauptstraße.

Online keine Dauerlösung

" Eine Mischung aus Musikschule, Veranstaltungsraum und Galerie", so beschreibt Braun das Konzept des Kulturladens. Eigentlich habe sie nur nach Räumlichkeiten für ihren Musikunterricht gesucht, erklärt die Musikerin. Egal ob Gesang, Klavier, Gitarre oder Stimmtraining – Schon seit mehr als 30 Jahren bieten Renate Braun und ihr Ehemann Joachim Braun musikalischen Unterricht in Rottweil an. Bisher hat das Ganze noch in Räumlichkeiten bei Brauns Zuhause stattgefunden. Durch Corona sei dies jedoch nicht mehr möglich gewesen, erzählt die Musikerin. Die Räume dort seien zu klein, um ausreichend zu lüften und Distanz zu halten. "Das ist gerade beim Singen besonders wichtig", ist sie sich bewusst. Eine Zeit lang, während des ersten Lockdowns, ist der Unterricht dann ausschließlich online erfolgt. Das habe für eine Zeit lang auch gut funktioniert, als Dauerlösung kam der Online-Unterricht jedoch nicht in Frage. Größere Räumlichkeiten, die den Anforderungen der Hygiene- und Abstandsmaßnahmen entsprechen, mussten dringend her.

"Mit großzügiger Unterstützung der Besitzerfamilie des Hauses, hatten wir die Möglichkeit, uns hier zu einem fairen Preis einzuquartieren", so Braun. "Àkapella – der Kulturladen" verteilt sich über zwei Stockwerke eines der ältesten Häuser Rottweils. Der Name sei übrigens durch die Nähe zur Rottweiler Kapellenkirche entstanden. Die Wände der Räumlichkeiten schmücken Acrylbilder der Rottweiler Malerin Gerri Weber.

Im ersten Stock des Gebäudes findet der musikalische Unterricht durch Renate Braun statt. "Wir sind sehr froh, dass unsere Schüler uns während dieser schwierigen Zeit treu geblieben sind", so die Künstlerin. In Zukunft hoffe sie, die Räume auch anderen Musikern für Kurse zur Verfügung stellen zu können. Dafür sei bisher jedoch noch kein Angebot gefunden worden, das in das Konzept des Kulturladens passt.

Mit dem Kulturladen wollte Braun vor allem auch kleine Künstler unterstützen, die unter der Corona-Krise am meisten leiden. "Es ist eine komische Zeit für alle Kulturschaffenden -– nicht nur in finanziellen, sondern auch in seelischen und moralischen Aspekten." Die Pandemie bringe viele der Freischaffenden in existenzielle Schwierigkeiten. Die Hilfsmaßnahmen des Landes seien aufgrund der geringen Ausgaben für die Kulturschaffenden kaum hilfreich. Deshalb haben die beiden Betreiber während diesen schwierigen Zeiten Künstlern und Publikum eine Plattform geboten, um Kunst und Klang in Kleinformat und unter Einhaltung der Vorschriften zu erleben.

Braun bleibt zuversichtlich

Vergangene Woche dann die schockierende Nachricht für Renate Braun: Laut den jüngsten Pandemie-Verordnungen müssen ab dem 2. November alle Kultureinrichtungen geschlossen werden. Auch im Kulturladen haben am Wochenende vorerst die letzten Veranstaltungen stattgefunden. "Es ist schade, dass die Konzerte nicht stattfinden können, nachdem sich unsere Idee inzwischen ein wenig herum gesprochen hatte und die letzten Lesungen und Konzerte tatsächlich ausverkauft waren". Doch Renate Braun ist zuversichtlich, sie hoffe, im Dezember das geplante Veranstaltungsprogramm unter den Hygiene- und Abstandsmaßnahmen fortführen zu können.

Von Konzerten über Lesungen bis hin zu Workshops – im Erdgeschoss des Kulturladens haben seit August mehrmals monatlich Kleinveranstaltungen statt gefunden. Und diese wurden laut Braun sowohl von den Besuchern als auch von den Kunst- und Kulturschaffenden sehr positiv aufgenommen. Unter dem Motto "Kunst und Kultur mit Abstand" sind bisher Künstler aus der Umgebung aber auch von weiter weg, etwa aus der Schweiz aufgetreten. Etwa 20 Besucher haben unter Einhaltung der Abstandsregelung im neuen Veranstaltungsraum platz.

Das Organisieren dieser Veranstaltungen durch Renate und Jochen Braun würde sich nach eigenen Aussagen in finanziellen Aspekten für das Ehepaar nicht lohnen. Die Eintrittsgelder gehen fast komplett an die auftretenden Künstler. "Im Moment zahlen wir das Projekt aus eigener Tasche. Wir versuchen, es auf lange Sicht halten zu können, das geht leider nicht ohne finanzielle Unterstützung", berichtet Braun. Offizielle Gelder seien laut der Musikerin für solche Projekte kaum vorhanden. Zur Finanzierung denke sie über eine Art Crowdfunding nach, potenzielle Unterstützer hätten sich bereits bei ihr gemeldet.

In Zukunft sind – sobald Corona es wieder zulässt – noch weitere Events geplant. So will die Waldorfschule im Winter einen Weihnachtsmarkt im Kulturladen veranstalten. Außerdem soll auch das jährliche Weihnachtskonzert des Ehepaars dieses Jahr im neuen Veranstaltungsraum stattfinden.