Dicht an dicht drängen sich die Tauben in ihrem Schlag auf der Leonhardskirche Foto: Leif Piechowski

Der Gemeinderat hat für dieses und das kommende Jahr insgesamt 120 000 Euro zur Verfügung gestellt, um Taubenschläge zu bauen. Weil sich aber angeblich keine Plätze dafür finden, wird das Geld nicht ausgegeben. Tierschützer werfen der Stadt Untätigkeit vor.

Stuttgart - Silvie Brucklacher steht die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Die Taubenschutzbeauftragte des Tierschutzvereins Stuttgart und ihre fünf Mitstreiter werfen nur deshalb nicht hin, „weil die Tiere uns brauchen“. Kummer bereitet den ehrenamtlichen Taubenschützern das Fehlen von Taubenschlägen: „Die beiden Schläge auf der Leonhardskirche sind so überfüllt, dass gar nicht alle Tiere dort etwas zu fressen bekommen“, sagt Brucklacher.

Seit der Schlag im Hauptbahnhof vergangenes Jahr wegen der Bauarbeiten für die Tieferlegung der Gleise abgerissen worden ist, gibt es in Stuttgart nur noch fünf Schläge: die zwei auf der evangelischen Leonhardskirche und einen auf der Rathausgarage in der Innenstadt, einen auf dem Parkhaus Mühlgrün in Bad Cannstatt sowie auf dem Fairkaufhaus in Feuerbach. Im Stadtgarten steht noch ein Taubenturm. Platz haben in den Unterschlupfen insgesamt etwa 1200 Tauben.

In den Schlägen werden die Tauben gefüttert. sobald sie dort ihre Eier legen, werden die gegen Plastikattrappen ausgetauscht. So soll die Zahl der Vögel reduziert werden.In den vergangen sechs Jahren bis heute wurden laut Brucklacher rund 8500 Eier ausgetauscht. „In den zwei Schlägen auf der Leonhardskirche mit Nistplätzen für 600 Tier waren es allein in diesem Jahr 1200 Eier“, stellt Brucklacher fest. Zum Vergleich: In den ersten zwei Jahren wurden gerade mal 400 Eier in zwei Schlägen weg genommen. Doch trotz des Erfolgs könne die Taubenzahl derzeit nur konstant gehalten, jedoch nicht verringert werden, kritisiert Brucklacher und fordert „mindestens 20 Schläge“.

Beim zuständigen Amt für öffentliche Ordnung hält man den Austausch von Eiern für genau das richtige Vorgehen. „Das Thema brennt uns auf den Nägeln“, versichert Leiterin Dorothea Koller und räumt ein: „Das Projekt stagniert.“ Als Grund nennt sie, dass sich keine neuen Standorte für Schläge finden, da die Hauseigentümer fürchten, die Fassaden könnten durch Taubenkot ramponiert werden.

Bei der Evangelischen Kirche in Stuttgart, hat es indes keine weiteren Anfragen nach Standorten gegeben. Selbst nach dem unsere Zeitung vor zwei Jahren berichtete, dass die Evangelische Gesamtkirchengemeinde in Stuttgart gewillt ist, weitere Unterschlupfe einzurichten, hat das Ordnungsamt nicht reagiert. „Wir sind nach wie vor offen für das Projekt und können uns auf einigen Kirchendächern Taubenschläge vorstellen“, erklärt Kirchenpfleger Hermann Beck unserer Zeitung jetzt erneut und bestätigt, dass es keine Anfrage mehr gab, seit 2011 der zweite Schlag auf der Leonhardskirche kam.

„Die bloße Bereitschaft reicht nicht. Wo ein Taubenschlag hin soll, müssen auch Taubenschwärme sein“, sagt Koller und weist darauf hin, dass sie kein Personal zur Überprüfung möglicher Standorte habe. Auf Honorarbasis war ein Laie für die Stadt kurze Zeit mit der Platzsuche beauftragt – ohne fündig zu werden. Ihn gibt es seit einem Jahr nicht mehr. Koller: „Das hat sich nicht bewährt.“ In ihrem Amt liegen derzeit sieben Standortvorschläge auf dem Tisch. Auch für deren Prüfung fehlt laut Koller das Personal. Nur für den Taubenschlag im Hauptbahnhof ist in der Kriegsbergstraße ein Ersatzstandort gefunden. Die Baugenehmigung fehlt noch.

Damit die Mittel für das Taubenprojekt nicht ungenutzt brach liegen, fordern Brucklacher und ihre Mitstreiter, dass das Ordnungsamt eine halbe Stelle für einen Kompetenten städtischen Taubenbeauftragten einrichtet.

Im Ausschuss für Umwelt und Technik will Ordnungsamtsleiterin Dorothea Koller an diesem Dienstag, 14. Oktober, ein Konzept für das weitere Vorgehen in Sachen Tauben vorstellen. In der Sitzung soll es auch darum gehen, ob ein Teil der 120 000 Euro für einen Taubenbeauftragten ausgegeben werden kann, der dann aus den eigenen Reihen kommen soll.