Im Murgtal gibt es viele Ziegenhütten, die aber gepflegt werden müssen. Foto: Maier

Zu einem Besuch des Vereins der Ziegenfreunde Bermersbach brach der Ortschaftsrat Kaltbrunn auf um sich über eine Möglichkeit zur Landschaftsoffenhaltung zu informieren.

Schenkenzell-Kaltbrunn - Empfangen wurden die Räte und ihre Angehörigen vom Vorsitzenden Hans-Jörg Wiederrecht laut Mitteilung am Stall des Vereins im Forbacher Ortsteil Bermersbach.

100 Hektar sind zu pflegen

Der Ortsteil hat gut 1000 Hektar (ha) Fläche, davon etwa 250 ha als Offenlandfläche wovon wiederum etwa 100 ha gepflegt werden müssen. Topographisch gesehen ist Bermersbach durchaus mit Kaltbrunn zu vergleichen. Steile Wiesenflächen, teilweise schlechte Erreichbarkeit der Grünflächen sowie sumpfige und nasse Dobel. Auch ein Großteil der Flächen sind als sogenanntes Fauna-Flora-Habitat (FFH) ausgewiesen.

Viel Arbeit durch Bürokratie

Auf Druck der Bevölkerung und einer bis dahin zu diesem Thema arbeitenden Bewegung aus Bürgern entstanden 1998 die Ziegenfreunde Bermersbach. Verbunden mit der im Jahr 2000 folgenden Bürgermeisterwahl wurde das Thema Landschaftsoffenhaltung auf die politische Schiene gebracht. Der spätere Bürgermeister schrieb sich im Wahlkampf das Thema auf die Fahne und stellte nach der Wahl den Ziegenfreunden ein Gebäude zur Verfügung, welches zum Stall umfunktioniert wurde. Von den Behörden gab es keine Unterstützung für das für den Naturschutz und die Offenhaltung so wichtige Anliegen. Auf Nachfrage, wie das aktuelle Verhältnis zu den Behörden sei, gab der Vorsitzende an, dass eine gute Zusammenarbeit besteht, auch wenn die Bürokratie einen immensen Arbeitsaufwand darstelle.

Zudem wurde mitgeteilt, dass der Bewirtschaftungsumfang des Vereins bei etwa 55 ha liegt. Diese Fläche teilt sich in 1800 Grundstücke und 5500 Eigentümer auf. Das kleinste Grundstück hat nur 1,5 Quadratmeter, es steht allerdings im Eigentum einer Erbengemeinschaft. Die Fläche, die dem Verein gehört, hat sich im Laufe der Jahre auf etwa 13,5 Hektar vergrößert. Im Falle einer Bewirtschaftung seiner eigenen Fläche durch die Ziegenfreunde wird dies vertraglich geregelt.

Fresserherden bewirtschaften Weiden

Aktuell stehen 112 Ziegen zur Verfügung, inklusive des Nachwuchses aus dem Frühjahr von 31 Stück. Der Bestand an Tieren bleibt bereinigt durch altersbedingten Tod, Verkauf oder kulinarische Verwertung stabil.

Gegliedert wird in drei Herden. Eine 25-köpfige Mutterziegenherde ist in der Hauptsache für den Nachwuchs zuständig. Die anderen Tiere sind in zwei Fresserherden unterteilt, welche die 20 Weiden des Vereins im Wechsel bewirtschaften. Für die Betreuung der Herden steht je ein Betreuer zur Verfügung. Als Unterstützung gibt es zwei 450-Euro-Kräfte.

Auch Fördermitgliedschaften denkbar

Zum Pensum zählen auch Klauenschneiden, Wurmkuren und Untersuchungen. Ergänzend gibt es einen Zuchtwart, der für die Gesundheit der Tiere verantwortlich ist. Das heißt unter anderem, dass durch ihn Kotproben genommen und zur Untersuchung gebracht werden, um zu bestimmen, welche Art von Medikamentation erforderlich ist.

Auch die Mitglieder werden neben Arbeitseinsätzen zu Stalldiensten herangezogen. Neben den Mitgliedern, die alle eine Mutterziege haben, besteht auch die Möglichkeit, sich eine Ziegenpatenschaft zuzulegen oder als Fördermitglied zu unterstützen. Auf der Weide werden die Ziegen von Rinderherden unterstützt.

Zaun hat eine Höhe von bis zu 1,40 Metern

Für die Nachpflege der Weiden kommt neben einer Mähraupe viel Handarbeit zum Einsatz. Der Bewuchs auf der Fläche – beispielsweise Eiche, Buche und Kastanie – wird so in Schach gehalten. Auch der Adlerfarn stellt den Verein vor Herausforderungen. Bei kleineren Flächen wird in bis zu zehn Arbeitsgängen pro Jahr versucht, den Bewuchs zurückzudrängen.

Eingezäunt sind die Tiere überwiegend mit Festzaun in einer Höhe von 1,20 bis 1,40 Metern. Alle Weiden sind mit festen Stromanschlüssen versehen, teilweisen wurden mehrere hundert Meter Kabel verlegt. Bermersbach ist, analog zu Schenkenzell, Teil der Förderkulisse Wolfprävention. Bislang gab es "nur" einen Wolfsangriff auf die Tiere.

Bis zu 4000 Euro jährlich für Futter

Über den Winter kommen die Tiere in den Vereinsstall, der im Eigentum der Gemeinde steht. Das Futter, 56 Heu- und Strohrundballen, sowie Kraftfutter wird zugekauft. Dafür fallen zwischen 3500 und 4000 Euro an. Um Kosten zu decken, gibt es von der Gemeinde einen Zuschuss, für das Abweiden der Flächen kommen Gelder zusammen, sowie aus den Mitglieds-, Patenschafts- und Förderbeiträgen. Sollte ein Überschuss erwirtschaftet werden können, fließt dieser in Investitionen.

Dass es immer was zu tun gibt zeigt ein aktuelles Projekt. Die auf den Weiden vorzufindenden Hütten, von ihnen gab es früher 800 im Murgtal, müssen kontinuierlich erneuert werden. Sie sind in der neuesten Bauart so aufgebaut, dass alles aus naturbelassenem Holz gefertigt wird. Dies hat den Vorteil, dass, wenn sie in etlichen Jahren zusammenstürzen, auf den Weiden liegen bleiben können und im Zersetzungsprozess Lebensraum für weitere Arten bietet. Das Finanzvolumen für dieses Bauvorhaben, welches 30 solcher Hütten umfasst, beträgt eine sechsstellige Summe. Von Vereinsseite aus wird versucht, mit Fördergeldern die Summe zu drücken.

Schritt in Richtung Vereinsgründung

Nach knapp zwei Stunden, einer Stallbesichtigung und etlichen Fragen und Informationen bedankte sich Ortsvorsteher Stefan Maier mit einem Präsentkorb aus dem Ort beim Vorsitzenden. Alle Anwesenden waren sowohl von dem Wissen als auch von der Vereinsstruktur beeindruckt..

Der Besuch des Ortschaftsrates hatte natürlich einen Hintergrund: Das Thema der Landschaftsoffenhaltung und Pflege in Kaltbrunn. Er stellte einen weiteren Schritt in Richtung einer Vereinsgründung dar, um diesem arbeitsintensiven Themenbereich gerecht zu werden. Eine gute Struktur könne dazu beitragen, die Täler im Ort offen zu halten und somit die Lebensqualität zu gewährleisten. Auch im Hinblick auf Naturschutz, Lebensräume und Artenvielfalt ist eine strukturelle Arbeitsgemeinschaft in Form eines gemeinnützigen Vereins aus Sicht von Ortsvorsteher Stefan Maier unumgänglich. Für Ideen zeigt er sich offen.