Abriss der Messehallen am Killesberg, hier soll das neue Quartier Think K entstehen Foto: Leserfoto: Kalanag

Die Stadt verändert sich, nicht nur vor meiner Haustür.  An vielen Stellen wird gebaut.

Die Stadt verändert sich, nicht nur vor meiner Haustür, wo sie den Metzger Wagner eingerüstet und ein Stück Straße tranchiert haben. In Wahrheit handelt es sich in meinem Kiez um eine sehr kleine Baustelle. Etwa fünfzehn richtig große haben wir zurzeit anderswo am Laufen, auch solche mit Weltkrieg-II-Ausmaßen wie an der Tübinger Straße.

Diese Entwicklung ist begrüßenswert, weil es zurzeit an der Börse kracht. Wer keine Immobilien hat, wenn die Börse zusammenkracht, wird bestenfalls in einem Kohlenkeller voll Gold überleben. Unsereins hat zurzeit zehn Dosen Hausmacher Schinkenwurst gehortet. Die habe ich neulich als Honorar für einen Zwei-Minuten-Vortrag in Marbach am Neckar bekommen. In Marbach am Neckar wird seit je in Naturalien abgerechnet. Das ist klug. Hinter der Hausmacher-Schinkenwurst-Dosenwährung ist weder das Finanzamt her, noch geht sie beim Börsenzock drauf. Deshalb werde ich es künftig machen wie früher die Kaminfeger auf dem Land.

Die Kaminfeger haben, während sie den Kamin fegten, auf einer Fensterbank ihren Zylinder geparkt und gewartet, bis der Kaminbesitzer darin ein halbes Dutzend Hühnereier deponierte. Ein Kaminfeger mit sechs rohen Hühnereiern unterm Hut hat etwas hergemacht bei den Damen.

"Think K" bedeutet: "Denk K!"

Kaminfeger gibt es heute noch, anders als früher aber werden sie kaum noch mit Naturalien bezahlt. Ich habe unseren Kaminfeger gefragt, ob ihm die Leute ein Trinkgeld gäben. So gut wie nie, hat er gesagt. Es gibt keine soziale Verantwortung mehr. Bevor sie einem Kaminfeger Trinkgeld geben, lassen die Börsen-Gangster lieber ihre Aktien durch den Kamin.

Auf dem Killesberg (Ex-Messe) wird gerade ein neues Stadtquartier gebaut. Ein österreichischer Investor schenkt es uns. Es heißt "Think K". Think ist der englische Imperativ, die Befehlsform für das deutsche Tunwort "denken"; "Think K" bedeutet: "Denk K!". Leider steht das K nicht für Kaminfeger, was mich in meinem Textaufbau leicht aus dem Konzept bringt. Das K soll aber typische Stuttgarter Dinge wie Killesberg, Kreativität & Kunst symbolisieren. Womit wir mitten im Kaff sind.

They throw the thin Theo through the air!

Wenn ein Stadtquartier Stuttgart-Think-K heißt, ist es für die Leute nicht einfach, ihren Wohnort auf Anhieb richtig auszusprechen. Beim englischen "th" muss man während des Sprechens die Zunge zwischen die Vorderzähne schieben, und zwar zwischen die eigenen. Mit dieser Technik entsteht ein speichelfeuchter S-Laut, ein Mittelding zwischen Schuster und Suschter. In der Schule übt man das "th" mit Zungenbrechern wie "They throw the thin Theo through the air!" (Sie werfen den dünnen Theo durch die Luft!). Dies wiederum entspricht dem Gaumentraining zum Überwinden der Sprechfallen beim Umgang mit S und St, Sch und Z: "Zwanzig Zwerge zeigen Handstand. Zehn am Sandstrand, zehn im Wandschrank."

Noch kann keiner sagen, wie "Think K" künftig im Kessel ausgesprochen wird. Man könnte sich, in einem deutsch-englischen Sound-Mix, auf "Sink Ka" einigen. K wie Kapital, K wie Krösus. K klingt allerdings auch verdächtig nach K irgendwas und deshalb nicht so cool, wie das Mode-, Design- und Lifestyle-Image von "Think K" in den Kessel mit seinen schnellen Weltverbindungen nach Ulm und Echterdingen strahlen soll. Mich persönlich (aber das ist wirklich mein Problem) erinnert die hochkarätige Wortkreation "Sink Ka" an einen ehemaligen Frankfurter Eintracht-Kicker. Der war aber nur berühmt, weil er mit Nachnamen Stinka hieß.

Statt "Sink Ka" müssen wir uns also zügig die international besser positionierte Marke "Think Key" angewöhnen: Key steht für das englische K, sprich: Ki.

Offen ist allerdings, ob sie unserem Weltniveau gerecht wird: die Adresse Stuttgart-Sinki. Der österreichische Investor wird sagen: I sink, ka Problem.