Der Jettinger Gemeinderat nahm den Kommunalwald in Augenschein.Foto: Geisel Foto: Schwarzwälder Bote

Waldbegang: Jettinger Räte lassen sich vor Ort informieren / Das Thema "Klimastabilität" ist nicht neu

J ettingen. Urbanisierung und Klimawandel – das sind die beiden Hauptthemen im Wald, auch in Jettingen. Details erfuhr der Gemeinderat von Revierförster Ulrich Alber und Reinhold Kratzer, Leiter des Forstamtes beim Landratsamt Böblingen.

Der Waldbegang führte durch den Heiligenwald hinter den Höhenhöfen. Reinhold Kratzer übernahm zunächst die Einführung mit einigen Infos zum Landkreis. Rund 392 800 Menschen leben derzeit im Kreis, das macht 635 Einwohner je Quadratkilometer. Das sei mehr als das Doppelte des Landesschnitts, erklärte Reinhold Kratzer. Und "jeder Mensch braucht Platz", sei es zum Wohnen, Arbeiten oder für die Infrastruktur.

Kein Wunder also, dass der Kreis zu 23 Prozent aus Siedlungs- und Verkehrsfläche besteht. Damit liege Böblingen unter allen Landkreisen in Baden-Württemberg auf Platz drei. Knapp unter dem Landesschnitt liegt der Kreis Böblingen mit seinen 35 Prozent Waldfläche, so Kratzer weiter. Verdichtung und hoher Waldanteil träfen also aufeinander und erzeugten ein "Spannungsverhältnis".

Jettingen verfügt über etwa 220 Hektar forstliche Betriebsfläche, verteilt im Kreis um Ober- und Unterjettingen, so Ulrich Alber. Der Staatswald mache nochmal etwa 140 Hektar aus, dazu kämen noch etwa 60 Hektar Privatwald. Alles zusammengenommen macht der Forst also etwa 20 Prozent der Gemeindefläche aus. Das ist zwar deutlich weniger als der Landkreisschnitt, aber von allen vier Gäugemeinden, die Alber betreut, immer noch der höchste Wert – sowohl, was die Waldfläche angeht als auch den Anteil an Kommunalwald betreffend.

Beim Waldbegang ging es insbesondere um den Distrikt Heiligenwald, der etwa 25 Hektar groß ist und in dem 2019 forstliche Betriebsarbeiten durchgeführt wurden. "Moderne Forstwirtschaft" wurde dort punktuell verteilt angewandt. Zudem werde der Wald "umgebaut", erklärte Alber, hin Richtung Klimastabilität. Das Thema sei jedoch keineswegs neu. Schon seit den 1970er-Jahren sei im Forst das Konzept "naturnahe Waldwirtschaft" ein Thema – allerdings noch "in Unkenntnis des Klimawandels".

Auch auf die Auswirkungen der Urbanisierung ging Alber genauer ein. Das Freizeitverhalten der Bevölkerung sei heute ein "komplett anderes", und dadurch hätten sich die Aufgaben in der Forstwirtschaft ebenso verändert wie die Wahrnehmung des Waldes. Die Verkehrssicherung habe an Bedeutung gewonnen, sowohl mit Blick auf Straßen als auch in Bezug auf Gebäude am Waldrand. Der Beitrag des Forstes zum Gemeindehaushalt sei zwar noch positiv, aber inzwischen als "marginal" zu betrachten, führte der Revierförster aus.

Dafür erfülle der Wald heute andere Aufgaben. Er diene als "Raum für die Bürger", der Senkung der Kohlendioxid-Emission und dem Ausgleich von Eingriffen in die Natur wie beispielsweise bei der Nordumfahrung oder dem Baugebiet "Amsel". Außerdem habe er eine große Bedeutung für Veranstaltungen wie Waldübernachtungen, und auch die Waldkindergärten seien im Kommen.

Die Holzernte sei heute ebenfalls eine "komplexe Angelegenheit", fuhr Alber fort, zu der Standraum- und Mischwuchsregulierung, Wertästung und ein Stück weit auch Wegeunterhaltung gehörten.