Meike Winnemuth gewann bei Günther Jauchs Quiz-Show „Wer wird Millionär?“ 500.000 Euro – und fuhr einfach los. Der Plan: zwölf Städte in zwölf Monaten.
Meike Winnemuth gewann bei Günther Jauchs Quiz-Show „Wer wird Millionär??“ 500.000 Euro – und fuhr einfach los. Der Plan: zwölf Städte in zwölf Monaten.
Frau Winnemuth, Sie waren bei „Wer wird Millionär?“ und haben 500 000 Euro gewonnen. Bei Günther Jauch auf dem Stuhl haben Sie den Plan, in zwölf Monaten in zwölf Städten zu leben, zum ersten Mal ausgesprochen.
Die Idee ist ja gar nicht sonderlich originell. Viele Menschen träumen von einer Weltreise, und da ich seit Jahren einige Städte auf der Liste haben, die mich schon immer interessiert haben, in die ich es aber nie geschafft habe, war der Plan schnell gefasst.
Warum Städte?
Weil ich Menschen interessanter finde als Gebirgswiesen oder Regenwald.
Nach welchen Kriterien haben Sie die Städte ausgewählt?
Lustprinzip. Es waren Städte aus dem angloamerikanischen Bereich dabei, da ich ziemlich gut Englisch spreche. Aber auch Städte wie etwa Schanghai, von denen ich wusste, dass ich kein Wort lesen oder verstehen werde. Die Reihenfolge hat sich aus der besten Reisezeit ergeben. Den Winter wollte ich auf der Südhalbkugel verbringen, in Indien dem Monsun entgehen.
Warum ausgerechnet Mumbai?
Ich war noch nie in Indien. Das muss man sich einmal angetan haben. Es war zweifellos die Stadt, die mir am meisten Bauchschmerzen bereitet hat. Ich habe mich sehr schwergetan mit dem unübersehbaren Elend. Diese Stadt habe ich richtig aushalten müssen. Das war aber auch keine schlechte Übung, sondern sehr lehrreich.
Dort haben Sie erkannt, dass sogar Meer trostlos aussehen kann.
Es war bleigrau und völlig verdreckt. Niemand, nicht einmal die Inder, die im Ganges schwimmen, sind in dieses Meer gegangen.
Und es hat auch nicht funktioniert, was Sie sonst immer machen: Sie konnten sich die Stadt nicht erlaufen.
Es war schwierig, weil ich recht schnell festgestellt habe, dass sich das dort als weiße Einzelgängerin gar nicht gehört, einfach so herumzulaufen. Man hat sich gefälligst einen Wagen zu nehmen, mindestens ein Taxi. Ich wurde teilweise fassungslos angestarrt. Es war nicht gefährlich, aber auch nicht angenehm. Man wird viel angefasst, angebettelt. Irgendwann habe ich einfach aufgegeben.
Sie wurden dort zu einer, die Sie selbst nicht mochten, schreiben Sie in Ihrem Buch.
Ich habe mir einen Panzer anlegen müssen, um mich zu schützen. Blicklos, grußlos, ohne Lächeln: Das ist mir wahnsinnig schwergefallen. Doch anstrengende Umgebungen sind in Wirklichkeit am spannendsten. Mumbai ist eine der Städte, die mir jetzt am meisten nachhängen.
Sie haben zwölf Monate aus einem 22-Kilo-Koffer gelebt. Welche Dinge brauchen Sie, um sich irgendwo heimisch zu fühlen?
Weniger, als ich dachte. Es hat sich aber recht schnell ein kleiner Hausrat gebildet: Eine kleine, silberne Teekanne vom Flohmarkt aus Buenos Aires und ein Morgenmantel aus Indien wurden mein mobiles Zuhause. Jeden Morgen Tee aus dieser Kanne, im Morgenmantel – solche kleinen Rituale sind wie Anker, wenn man schon ein Jahr auf hoher See ist.
Wie packt man richtig für so eine Reise?
Eine befreundete Designerin hat mir ein paar Basics aus knitterfreier, schnell trocknender Funktionsfaser genäht. Es ist klug, sich auf eine Farbe zu beschränken, in meinem Fall Blau – alles passt zu allem. Es ist auch eine psychologische Stütze, wenn man immer dieselbe Hülle hat.
Sie sagen aber, dass das Reisen kein Leben ist. Nach fünf Monaten wollten Sie zum ersten Mal eine Heimat.
So eine Reisekrise hat wahrscheinlich jeder, der länger unterwegs ist. Man vermisst das Gefühl der Zugehörigkeit. Das ist aber auch normal, dass man sich nach einer Dauerhaftigkeit und Ankommen sehnt.
Kann man sich Heimat denn aussuchen?
Ich glaube schon, dass es Orte gibt, an denen man sich sofort instinktiv wohlfühlt. Bei mir waren es London und San Francisco. Eine Heimat kann man sich suchen, die muss nicht der Ort sein, wo man geboren ist.
Was kann man übers Essen von anderen Städten lernen? In Schanghai beispielsweise haben Sie festgestellt, dass frittierte Bienen besser schmecken als frittierte Libellen.
Ja, weil die Libellenflügel immer zwischen den Zähnen stecken bleiben (lacht). Man kann deutlich mehr essen, als man für möglich hält. Alles einmal probiert zu haben ist für mich ein eisernes Gesetz des Reisens. Essen sagt viel über eine Gesellschaft aus, ob man es in der Gemeinschaft zelebriert oder sich nur kurz etwas reinpfeift. Ich habe allein in Buenos Aires drei Kilo zugenommen, da kann man sich sogar Eis nach Hause liefern lassen! Es ist das beste der Welt und schlägt das italienische um Längen.
Sie schreiben im Buch auch über experimentellen Tourismus. Was ist das?
Das ist einer, der sich nicht an Reiseführern orientiert. Bei dem man nur Kirchen und Museen abhakt. Es ist eine Methode, sich einer Stadt zu nähern, die eher vom Zufall gesteuert ist. Eine Variante ist etwa, dass man sich auf dem Stadtplan die erste Straße sucht, die mit A beginnt, und die letzte, die mit Z beginnt, und dann von A nach Z geht. So kommt man durch Gegenden, die man sonst nie gesehen hätte. Das ist genau meine Art des Reisens: sich dem Zufall hinzugeben und planlos durch eine Stadt zu stromern. Ich frage gerne Leute, was sie empfehlen können. Da habe ich deutlich interessantere Erlebnisse, als wenn ich einem Reiseführer gefolgt wäre.
Haben Sie auf der Reise herausgefunden, was Ihre Definition von Glück ist?
Freiheit. Jeden Morgen selbst entscheiden zu können, womit man den Tag füllt. Das war ein rauschhaftes Glück. Am Anfang ist das nicht so leicht. Wir sind es ja gewohnt, dass uns andere Vorgaben machen. Der Arbeitgeber, die Familie. Die totale Freiheit hat man völlig verlernt.
In jeder Stadt haben Sie zehn Dinge notiert, die Sie gelernt haben. Was haben Sie von Ihrer gesamten Reise gelernt?
Dass es viel leichter ist, als man immer denkt. Ich verstehe die Angst vieler Menschen nicht, sich jenseits von strukturierten Pauschalreisen auf die Welt einzulassen. Die Leute weltweit sind so unglaublich freundlich, man hat nichts zu befürchten. Dann: Nicht lang schnacken, Koffer packen. Nicht zu viel planen. Einfach neugierig losziehen, dann erlebt man die beste Reise aller Zeiten.
Sie haben auch gelernt, dass Sie den Gewinn von 500.000 Euro gar nicht gebraucht hätten.
Das war eigentlich der größte Schock. Da ich als Journalistin weitergearbeitet habe, hätte ich mir die Reise die ganze Zeit leisten können. Ich habe das Glück, mit meinem Laptop und WLAN an jedem beliebigen Ort der Welt schreiben zu können. Ich habe mich ein bisschen geschämt, dass ich da nicht früher drauf gekommen bin. Und: Man braucht nicht so viel, wie man immer denkt. Gewisse Städte sind geradezu beschämend billig. In Mumbai bekommt man ein Mittagessen für 50 Cent, die U-Bahn-Fahrt kostet sieben Cent.
Was war Ihr monatliches Budget?
Ich habe für meine Verhältnisse sehr luxuriös gelebt, da ich mir fast immer möblierte Wohnungen gemietet habe. Inklusive der Flüge und Lebenshaltungskosten habe ich im Schnitt 4000 Euro im Monat ausgegeben.
Was machen eigentlich die 500 000 Euro?
Einiges habe ich gespendet, einiges meinen Jauch-Jokern geschenkt. Für einen Teil habe ich mir eine 40-Quadratmeter-Wohnung gekauft. Zuvor hatte ich eine riesige Altbauwohnung in Hamburg. Nach meiner Rückkehr erschien sie mir jedoch zu groß und zu voll. Die Ein-Zimmer-Wohnung hat den Vorteil, dass sie mich nicht zurückhält, dass sie mir noch größere Bewegungsfreiheit verschafft. Ich kann jederzeit den Koffer packen und wieder auf Reisen gehen.
Am Mittwoch,
Frau Winnemuth, Sie waren bei „Wer wird Millionär?“ und haben 500 000 Euro gewonnen. Bei Günther Jauch auf dem Stuhl haben Sie den Plan, in zwölf Monaten in zwölf Städten zu leben, zum ersten Mal ausgesprochen.
Die Idee ist ja gar nicht sonderlich originell. Viele Menschen träumen von einer Weltreise, und da ich seit Jahren einige Städte auf der Liste haben, die mich schon immer interessiert haben, in die ich es aber nie geschafft habe, war der Plan schnell gefasst.
Warum Städte?
Weil ich Menschen interessanter finde als Gebirgswiesen oder Regenwald.
Nach welchen Kriterien haben Sie die Städte ausgewählt?
Lustprinzip. Es waren Städte aus dem angloamerikanischen Bereich dabei, da ich ziemlich gut Englisch spreche. Aber auch Städte wie etwa Schanghai, von denen ich wusste, dass ich kein Wort lesen oder verstehen werde. Die Reihenfolge hat sich aus der besten Reisezeit ergeben. Den Winter wollte ich auf der Südhalbkugel verbringen, in Indien dem Monsun entgehen.
Warum ausgerechnet Mumbai?
Ich war noch nie in Indien. Das muss man sich einmal angetan haben. Es war zweifellos die Stadt, die mir am meisten Bauchschmerzen bereitet hat. Ich habe mich sehr schwergetan mit dem unübersehbaren Elend. Diese Stadt habe ich richtig aushalten müssen. Das war aber auch keine schlechte Übung, sondern sehr lehrreich.
Dort haben Sie erkannt, dass sogar Meer trostlos aussehen kann.
Es war bleigrau und völlig verdreckt. Niemand, nicht einmal die Inder, die im Ganges schwimmen, sind in dieses Meer gegangen.
Und es hat auch nicht funktioniert, was Sie sonst immer machen: Sie konnten sich die Stadt nicht erlaufen.
Es war schwierig, weil ich recht schnell festgestellt habe, dass sich das dort als weiße Einzelgängerin gar nicht gehört, einfach so herumzulaufen. Man hat sich gefälligst einen Wagen zu nehmen, mindestens ein Taxi. Ich wurde teilweise fassungslos angestarrt. Es war nicht gefährlich, aber auch nicht angenehm. Man wird viel angefasst, angebettelt. Irgendwann habe ich einfach aufgegeben.
Sie wurden dort zu einer, die Sie selbst nicht mochten, schreiben Sie in Ihrem Buch.
Ich habe mir einen Panzer anlegen müssen, um mich zu schützen. Blicklos, grußlos, ohne Lächeln: Das ist mir wahnsinnig schwergefallen. Doch anstrengende Umgebungen sind in Wirklichkeit am spannendsten. Mumbai ist eine der Städte, die mir jetzt am meisten nachhängen.
Sie haben zwölf Monate aus einem 22-Kilo-Koffer gelebt. Welche Dinge brauchen Sie, um sich irgendwo heimisch zu fühlen?
Weniger, als ich dachte. Es hat sich aber recht schnell ein kleiner Hausrat gebildet: Eine kleine, silberne Teekanne vom Flohmarkt aus Buenos Aires und ein Morgenmantel aus Indien wurden mein mobiles Zuhause. Jeden Morgen Tee aus dieser Kanne, im Morgenmantel – solche kleinen Rituale sind wie Anker, wenn man schon ein Jahr auf hoher See ist.
Wie packt man richtig für so eine Reise?
Eine befreundete Designerin hat mir ein paar Basics aus knitterfreier, schnell trocknender Funktionsfaser genäht. Es ist klug, sich auf eine Farbe zu beschränken, in meinem Fall Blau – alles passt zu allem. Es ist auch eine psychologische Stütze, wenn man immer dieselbe Hülle hat.
Sie sagen aber, dass das Reisen kein Leben ist. Nach fünf Monaten wollten Sie zum ersten Mal eine Heimat.
So eine Reisekrise hat wahrscheinlich jeder, der länger unterwegs ist. Man vermisst das Gefühl der Zugehörigkeit. Das ist aber auch normal, dass man sich nach einer Dauerhaftigkeit und Ankommen sehnt.
Kann man sich Heimat denn aussuchen?
Ich glaube schon, dass es Orte gibt, an denen man sich sofort instinktiv wohlfühlt. Bei mir waren es London und San Francisco. Eine Heimat kann man sich suchen, die muss nicht der Ort sein, wo man geboren ist.
Was kann man übers Essen von anderen Städten lernen? In Schanghai beispielsweise haben Sie festgestellt, dass frittierte Bienen besser schmecken als frittierte Libellen.
Ja, weil die Libellenflügel immer zwischen den Zähnen stecken bleiben (lacht). Man kann deutlich mehr essen, als man für möglich hält. Alles einmal probiert zu haben ist für mich ein eisernes Gesetz des Reisens. Essen sagt viel über eine Gesellschaft aus, ob man es in der Gemeinschaft zelebriert oder sich nur kurz etwas reinpfeift. Ich habe allein in Buenos Aires drei Kilo zugenommen, da kann man sich sogar Eis nach Hause liefern lassen! Es ist das beste der Welt und schlägt das italienische um Längen.
Sie schreiben im Buch auch über experimentellen Tourismus. Was ist das?
Das ist einer, der sich nicht an Reiseführern orientiert. Bei dem man nur Kirchen und Museen abhakt. Es ist eine Methode, sich einer Stadt zu nähern, die eher vom Zufall gesteuert ist. Eine Variante ist etwa, dass man sich auf dem Stadtplan die erste Straße sucht, die mit A beginnt, und die letzte, die mit Z beginnt, und dann von A nach Z geht. So kommt man durch Gegenden, die man sonst nie gesehen hätte. Das ist genau meine Art des Reisens: sich dem Zufall hinzugeben und planlos durch eine Stadt zu stromern. Ich frage gerne Leute, was sie empfehlen können. Da habe ich deutlich interessantere Erlebnisse, als wenn ich einem Reiseführer gefolgt wäre.
Haben Sie auf der Reise herausgefunden, was Ihre Definition von Glück ist?
Freiheit. Jeden Morgen selbst entscheiden zu können, womit man den Tag füllt. Das war ein rauschhaftes Glück. Am Anfang ist das nicht so leicht. Wir sind es ja gewohnt, dass uns andere Vorgaben machen. Der Arbeitgeber, die Familie. Die totale Freiheit hat man völlig verlernt.
In jeder Stadt haben Sie zehn Dinge notiert, die Sie gelernt haben. Was haben Sie von Ihrer gesamten Reise gelernt?
Dass es viel leichter ist, als man immer denkt. Ich verstehe die Angst vieler Menschen nicht, sich jenseits von strukturierten Pauschalreisen auf die Welt einzulassen. Die Leute weltweit sind so unglaublich freundlich, man hat nichts zu befürchten. Dann: Nicht lang schnacken, Koffer packen. Nicht zu viel planen. Einfach neugierig losziehen, dann erlebt man die beste Reise aller Zeiten.
Sie haben auch gelernt, dass Sie den Gewinn von 500.000 Euro gar nicht gebraucht hätten.
Das war eigentlich der größte Schock. Da ich als Journalistin weitergearbeitet habe, hätte ich mir die Reise die ganze Zeit leisten können. Ich habe das Glück, mit meinem Laptop und WLAN an jedem beliebigen Ort der Welt schreiben zu können. Ich habe mich ein bisschen geschämt, dass ich da nicht früher drauf gekommen bin. Und: Man braucht nicht so viel, wie man immer denkt. Gewisse Städte sind geradezu beschämend billig. In Mumbai bekommt man ein Mittagessen für 50 Cent, die U-Bahn-Fahrt kostet sieben Cent.
Was war Ihr monatliches Budget?
Ich habe für meine Verhältnisse sehr luxuriös gelebt, da ich mir fast immer möblierte Wohnungen gemietet habe. Inklusive der Flüge und Lebenshaltungskosten habe ich im Schnitt 4000 Euro im Monat ausgegeben.
Was machen eigentlich die 500 000 Euro?
Einiges habe ich gespendet, einiges meinen Jauch-Jokern geschenkt. Für einen Teil habe ich mir eine 40-Quadratmeter-Wohnung gekauft. Zuvor hatte ich eine riesige Altbauwohnung in Hamburg. Nach meiner Rückkehr erschien sie mir jedoch zu groß und zu voll. Die Ein-Zimmer-Wohnung hat den Vorteil, dass sie mich nicht zurückhält, dass sie mir noch größere Bewegungsfreiheit verschafft. Ich kann jederzeit den Koffer packen und wieder auf Reisen gehen.
Am Mittwoch,