US-Präsident Barack Obama Foto: dpa

Der Irak droht unter dem Druck der islamistischen Isis zu zerbrechen. Der Regierung entgleitet immer mehr die Kontrolle. Nun stellt US-Präsident Barack Obama militärische Hilfe in Aussicht.

Der Irak droht unter dem Druck der islamistischen Isis zu zerbrechen. Der Regierung entgleitet immer mehr die Kontrolle. Nun stellt US-Präsident Barack Obama militärische Hilfe in Aussicht.

Washington/Bagdad - Angesichts des Vormarschs der islamistischen Terrorgruppe Isis schließen die USA eine militärische Reaktion im Irak nicht aus. Das Land brauche zusätzliche Hilfe von den USA und er schließe bei Überlegungen über eine Reaktion keine Option aus, sagte US-Präsident Barack Obama.

Er wolle sicherstellen, dass die Extremisten gestoppt werden könnten, sagte der Präsident im Weißen Haus. Obama traf sich auch mit seinen Team für nationale Sicherheit, um über die Situation zu beraten. Das teilte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Caitlin Hayden, mit.

Obama: Irak muss politische Lösung finden

Zuvor hatte es geheißen, die USA wollten sich nicht an Luftangriffen auf die Aufständischen beteiligen. Obama forderte die irakische Führung auf, an einer politischen Lösung zu arbeiten. "Dies sollte ein Weckruf für die irakische Regierung sein", sagte er.

Die USA ziehen mehrere hundert Amerikaner aus einem irakischen Luftwaffenstützpunkt nördlich von Bagdad vorübergehend ab. Das berichtete der Sender "Fox News" am Donnerstag unter Berufung auf namentlich nicht genannte Regierungsbeamte. Sie hatten in dem sunnitischen Gebiet irakische Sicherheitskräfte im Einsatz von Kampfjets und Überwachungsdrohnen trainiert.

Der Iran schickte unterdessen nach einem US-Medienbericht Revolutionsgarden in den benachbarten Irak, um die Dschihad-Verbände der Isis zurückzudrängen, die große Teile im Norden und Westen des Iraks erobert haben. Mindestens drei Bataillone der Al-Quds-Brigaden, die Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden, wurden zur Unterstützung geschickt, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf iranische Sicherheitskreise.

Unter dem Druck der islamistischen Isis-Kämpfer droht der Irak zu zerbrechen. Die Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki bekam im Parlament keine Unterstützung für Notstandsmaßnahmen und im Kurdengebiet übernahmen Kurdenkämpfer regional die Kontrolle.

Offiziere machten Al-Maliki sogar für die Schwäche des Widerstands gegen die Extremisten verantwortlich. Der Armeekommandant der Provinz Anbar, die sich seit Mittwoch in der Hand von Isis befindet, sieht laut "Al-Sumaria News" "das Fehlen eines moralischen Führers" als einen der Gründe, weshalb viele irakische Soldaten vor den Isis-Kämpfern geflohen sind.

Kämpfer der Isis ("Islamischer Staat im Irak und in Syrien") rückten am Donnerstag bis auf 60 Kilometer an Bagdad heran, bevor ihr Vormarsch gestoppt werden konnte. Nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen sind mittlerweile rund eine Million Iraker auf der Flucht. Viele versuchten das als stabil geltende kurdische Autonomiegebiet im Nordirak zu erreichen. Allein in Mossul waren binnen weniger Stunden 500 000 Menschen vor den Extremisten geflohen.

Bislang drangen Isis-Kämpfer bis zur Provinz Dijala knapp 60 Kilometer nördlich von Bagdad vor. Rund 50 Kämpfer sollen dort laut Medienberichten bei Gefechten mit der irakischen Armee getötet worden sein. Die Isis habe sich daraufhin zurückgezogen, hieß es. Irakische Truppen bildeten in Bakuba, der Provinzhauptstadt Dijalas, eine gemeinsame Front mit Polizeikräften und freiwilligen Stammeskämpfern.

Auch in Kirkuk wurden die Isis-Kämpfer nach kurzen Gefechten zurückgedrängt. Kurdische Medien meldeten, die ölreiche Stadt im Norden des Iraks sei nun in der Hand der unabhängigen Peschmerga, der Streitkräfte der kurdischen Autonomieregion. Deren Offiziere sagten, sie wollten Kirkuk nicht mehr an irakische Truppen zurückgeben. Seit der US-Invasion 2003 war die nordirakische Stadt ein ständiger Streitpunkt zwischen irakischen und kurdischen Kräften.

Nach dpa-Informationen erbeuteten Isis-Kämpfer in Mossul 500 Milliarden irakische Dinar (318 Millionen Euro) in der Zentralbank. Damit wird Isis zur reichsten Terrororganisation vor Al-Kaida. Experten schätzen das Vermögen der Al-Kaida auf 50 Millionen bis 280 Millionen Euro.

Auch schweres Kriegsgerät soll Isis erbeutet haben. Im Netz kursierende Videos zeigen irakische Panzer und Helikopter mit der schwarzen Flagge der Isis bei einer Militärparade in Mossul.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf Isis Bombenanschläge in Wohngebieten, Massenexekutionen, Folter, Diskriminierung von Frauen und die Zerstörung kirchlichen Eigentums vor. Einige Taten kämen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleich.

Russland bezeichnete die Offensive von Isis als "zutiefst beunruhigend". Es sei "zynisch", den Terror im Irak als Folge der Syrienkrise zu bezeichnen, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag in Moskau. Lawrow sieht eine Mitschuld von Washington und London: "Wir können uns nicht darüber freuen, dass das Irak-Abenteuer der Amerikaner und Engländer nicht gut endet."