Armin Pohl ist mit seiner Investmentfirma Wunderkind an E-Works Mobility beteiligt. Der Neckartailfinger ist ein Oldtimerfan. Foto: Ines Rudel

Das Start-up E-Works Mobility will den Transporter-Fuhrpark von Firmen und Kommunen elektrifizieren: Dieselmotor raus und E-Antrieb hinein. Wie das funktioniert, und welche Rolle Mercedes bei den ehrgeizigen Plänen spielt.

Der passionierte Neckartailfinger Oldtimersammler und Unternehmer Armin Pohl ist Großinvestor bei einem Start-up, dass im großen Stil Transporter umbauen und Verbrennungsmotoren gegen einen von dem Unternehmen selbst entwickelten elektrischen Antrieb austauschen will. Die ersten Kunden hat E-Works Mobility mit Sitz in Ismaning im Norden von München bereits, darunter den unter anderem von Musikfestivals und Baustellen bestens bekannten Sanitärdienstleister Toi Toi&Dixi.

Investor Pohl hält 27 Prozent der Anteile

Pohl ist mit 27 Prozent Großaktionär bei E-Works Mobility, er hat zusammen mit Gründer und Firmenchef Dominik Ashkar ambitionierte Pläne für die kommenden Jahre. Pohl weiß, wie man Unternehmen groß macht und gewinnbringend weiterverkauft. Der 56-Jährige war Eigentümer und Chef des Unternehmens Mackevision. Die Stuttgarter Firma ist weltweit bekannt geworden durch die Mitarbeit an Hollywood-Blockbustern und an der Fantasy-Streamingserie „Game of Thrones“. Mackevision gehört zu den Weltmarktführern bei computergenerierten Animationen.

Mit seiner Investmentfirma ist Pohl seit einigen Jahren an diversen jungen Unternehmen beteiligt. Die Wunderkind GmbH mit Sitz in Neckartailfingen investiert bis zu drei Millionen Euro pro Start-up, um diese in der Anfangsphase voranzubringen. Pohl will nah dran sein an seinen Beteiligungen, sich aber trotzdem nicht rund um die Uhr um sie kümmern müssen. „Dann hätte ich ja auch gleich Mackevision behalten können“, sagt er. In seiner Freizeit ist Pohl gerne mit einem seiner Oldtimer unterwegs, der Manager hat eine Vorliebe für italienische Sportwagen und amerikanische Straßenkreuzer.

Ex-Mercedes-Manager an Bord

Die Tagesarbeit liegt in den Händen von Jan Schreiter, der von Mercedes-Benz zu Wunderkind gewechselt ist. Der 33-jährige Venture-Capital-Experte ist derzeit mehrere Tage pro Woche in Ismaning und berät E-Works Mobility aus Investorensicht. Bei Mercedes war Schreiter unter anderem Produktmanager für die vollelektrischen Modelle EQA und EQB, wie er erzählt.

E-Works Mobility ist als „Scheunenunternehmen“ gestartet. Gut gebrauchte Transporter, hauptsächlich sind es „Sprinter“-Modelle von Mercedes-Benz, werden derzeit von einem kleinen Team in einer Halle umgerüstet, die Ashkar von einem Bauern gemietet hat. 33 Stück baut das Unternehmen in diesem Jahr um, der E-Heero, wie das Fahrzeug heißt, geht zu Praxistests deutschlandweit an Firmen und Kommunen. Diese wollen den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeugflotten kontinuierlich reduzieren, müssen aber gleichzeitig die Kosten im Blick behalten. „Nachhaltigkeit muss sich für die Kunden rechnen“, sagt Schreiter.

Die Kreislaufwirtschaft, die Teil der Strategie von E-Works-Mobility sei, eröffne Firmen und Kommunen die Möglichkeit, ihren Fuhrpark nachhaltig vollelektrisch umzustellen, erläutert Schreiter; entweder indem E-Works-Mobility Komplettfahrzeuge liefere oder vorhandene Fahrzeuge umrüste. „E-Works Mobility hat sich zum Ziel gesetzt, dauerhaft um bis zu 30 Prozent günstiger zu sein als die etablierten Hersteller“, ergänzt Ashkar. Die Preise für „einen generell gut ausgestatteten kompletten E-Heero“ starten demnach bei etwa 70 000 Euro.

Das Grundprinzip des E-Heero klingt einfach: Alle Teile, die zu einem Verbrennerantrieb gehören, werden aus-, die standardisierte elektrische Einheit wird eingebaut. Und: Vom Ur-Fahrzeug bleibt so viel wie möglich erhalten. Zentral dabei ist, dass die weltweit patentierte, u-förmige Batterie um die Kardanwelle herum geführt wird; Nutzfahrzeuge haben meist Heckantrieb.

Drei Hauptvorteile bietet der E-Heero laut Unternehmen gegenüber Wettbewerbern; diese Merkmale seien gerade für Kommunen und Firmen – etwa in der Baubranche – entscheidend: Eine Doppelkabine, eine „hohe realistische Reichweite“ und eine Anhängerzuglast von 3,5 Tonnen – Letzteres böte kaum ein Wettbewerber, erläutert Ashkar. „Das macht den E-Heero zum leistungsstärksten E-Transporter der Welt“ , sagt Pohl voller Überzeugung.

Spezialfahrzeug für Toi Toi&Dixi

Es gebe „keine größere Stadt in Deutschland, mit der wir nicht sprechen“, sagt Ashkar. Die intensive Vertriebsaktivität seit Jahresbeginn habe sich ausgezahlt: „Eine mittlere zweistellige Zahl an Aufträgen wurde per Ausschreibung oder direkt bestätigt, bei Kommunen meist über Ausschreibungen“, berichtet Ashkar. Nach Aussage von Kunden „gibt es keinen Wettbewerber, der die Anforderungen erfüllen kann“. Und mit Toi Toi&Dixi arbeitet E-Works Mobility mit einem potenziellen Großkunden zusammen, als Gemeinschaftsprojekt mit dem Sanitärdienstleister ist zunächst ein Spezialfahrzeug entstanden. Schneller, günstiger und effizienter als ein Dieselfahrzeug – so habe das Ergebnis eines Dauerlaufs quer durch Europa gelautet. „Hintergrund der Kooperation ist, dass die Gruppe ihre aus 2046 Fahrzeugen bestehende Serviceflotte komplett auf E-Fahrzeuge umstellen will“, sagt Ashkar.

Produktion soll massiv hochgefahren werden

E-Works Mobility will an seinem neuen Produktionsstandort im Großraum München die momentan noch bescheidene Produktion des E-Heero ab 2024 massiv hochfahren. Die Mitarbeiterzahl soll dementsprechend wachsen. Das Unternehmen hat 40 Beschäftigte, die Hälfte davon in der Softwareentwicklung. 2024 will das Unternehmen mehr als 100 Mitarbeiter beschäftigen und 200 Fahrzeuge bauen. Und 2025 sollen es zehn Mal so viele E-Heero-Modelle sein, die Zahl der Beschäftigten soll sich gegenüber 2024 mehr als verdoppeln. Die Expansion soll sich entsprechend in den Umsatzzahlen niederschlagen, wie Pohl sagt: mehr als zwei Millionen Euro in diesem Jahr, 17 Millionen im nächsten, 2025 will das Unternehmen die Marke von 100 Millionen Euro überschreiten. Marktpotenzial sehen die Verantwortlichen genug, „alleine in Deutschland sind im E-Heero-Segment mehrere Millionen Transporter unterwegs“, sagt Schreiter.

Begonnen hat Firmengründer Ashkar, der die Mehrheit an E-Works Mobility hält, indem er Oldtimer elektrifiziert hat. Das hat sich auch bis zu Pohl herumgesprochen, der zusammen mit ihm einen DeLorean umgebaut hat; ein solches Modell ist der Auto-Star in der Film-Trilogie „Zurück in die Zukunft“. Wunderkind ist vor etwa viereinhalb Jahren bei E-Works Mobility eingestiegen – und von Ashkars Fähigkeiten voll überzeugt. „Es ist ungewöhnlich für uns, dass wir uns an einer Firma beteiligen, die nur einen Gründer hat“, sagt Pohl.

Bevor er sich selbstständig gemacht hat, war Ashkar einige Jahre Betriebsleiter von Werkstätten, bis er die „Lust am Ölwechsel verloren“ hat. Der Manager hat Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Finanzmathematik studiert und ist zudem Kfz-Technikermeister mit Schwerpunkt System- und Hochvolttechnik. Dass E-Works-Mobility zu schnell wachsen und angesichts der ambitionierten Ziele Probleme bekommen könnte, befürchtet der 36-Jährige auch wegen des neuen Investors Roeren nicht.

Industrielle Produktion statt Werkstatt

Die Roeren GmbH aus Landshut ist nach Angaben von Vinzenz Jeglinsky, Mitglied der Geschäftsleitung, „der neue strategische Partner und zweitgrößter Investor“ nach Wunderkind. Roeren ist auf produzierende Unternehmen, insbesondere in der Automobilindustrie, spezialisiert; im Fall von E-Works Mobility heißt das: die Werkstatt-Aktivitäten in eine industrielle Produktion zu überführen und die Lieferketten für den Stückzahlenhochlauf stabil und effizient zu gestalten. So haben jüngst Roeren-Mitarbeiter den Umbau von Transportern über mehrere Tage beobachtet und festgestellt, dass die Demontage der Verbrennerteile und die Montage der E-Einheit einfacher und schneller vonstattengehen könne; beispielsweise durch den Komplettausbau der Vorderachse und die Vormontage der elektrischen Antriebseinheit. „Wenn wir etwas sehen, greifen wir sofort ein, um die Abläufe zu verbessern. Sämtliche Erkenntnisse aus der Werkstattfertigung fließen unmittelbar in das neue Produktionskonzept mit ein“, erläutert Jeglinsky. E-Works Mobility habe „industrielle Fertigungskompetenz nötig“, und deshalb sei die Roeren GmbH, die auch BMW berät, „ein Traumpartner“, meint Pohl.

Mercedes-Händler fertigen Tausende von E-Heeros

Um die Produktionsziele zu erreichen, hat das Start-up auch freie Mercedes-Händler ins Boot geholt. Diese sind an dem Umbau zu E-Heero interessiert, auch weil ihnen angesichts steigender E-Auto-Zahlen traditionelles Verbrenner-Geschäft wegbricht. Elektroautos benötigen deutlich weniger Service und Ersatzteile als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. „E-Works Mobility hat mit mehreren Mercedes-Vertretungen entsprechende Vereinbarungen getroffen“, sagt Schreiter. Zusätzlich zu den 2000 E-Heeros aus eigener Produktion, sollen die freien Händler 2025 „ein Vielfaches“ der E-Works-Stückzahlen fertigstellen, wie Ashkar ergänzt.

Sprinter als Basis für den E-Heero, ein Ex-Mercedes-Manager beim Großinvestor Wunderkind und Mercedes-Händler, die Tausende von Fahrzeugen zusammenbauen – der Weltkonzern aus Stuttgart spielt beim ehrgeizigen Start-up aus Ismaning indirekt eine wichtige Rolle.