Der Landesrechnungshof kommt zu dem Schluss, in Öneys Integrationsministerium stimme das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht. Die Ministerin sieht das naturgemäß anders.
Stuttgart - Neun Monate vor der Landtagswahl hat der baden-württembergische Rechnungshof die Debatte um die Zukunft des bundesweit einzigen eigenständigen Integrationsministerium befeuert. Ein Prüfbericht kommt zu dem Schluss, das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimme beim Haus von Bilkay Öney (SPD) nicht. Öney warnte am Montag in Stuttgart vor allem angesichts steigender Flüchtlingszahlen vor einer Auflösung des Ministeriums: „Ich glaube, dass das Thema an Bedeutung gewinnt und ein Einstampfen die politisch unklügste Variante ist, die man in Krisenzeiten treffen kann.“
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, an den Gründen für die Schaffung des eigenständigen Ministeriums habe sich nichts geändert: „Eine gut funktionierende Willkommenskultur ist essenziell für die Zukunftsfähigkeit eines industrie- und wirtschaftsstarken Landes wie Baden-Württemberg.“ Das Ministerium sei heute wichtiger denn je und leistet eine „unverzichtbare Arbeit“. Rückendeckung kam aus Reihen der Regierungskoalition. Die Opposition sieht sich dagegen in ihrer Fundamentalkritik an der Behörde bestätigt.
Öney: Mitarbeiter können nicht gekündigt werden
Ein Sprecher des Rechnungshofes in Karlsruhe bestätigte die Prüfung, Details sollten erst am 22. Juli mit Ergebnissen einer Kontrolle des Finanz- und Wirtschaftsministeriums veröffentlicht werden. Darüber hatten zuerst die „Stuttgarter Nachrichten“ berichtet. Demnach ist ein eigenständiges Integrationsministerium für die Finanzkontrolleure nur sinnvoll, wenn es weitere Aufgaben bekomme. Andernfalls solle die Regierung das 2011 von Grün-Rot geschaffene Haus wieder auflösen und die Aufgabe einem anderen Ministerium anvertrauen. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: „Integrationspolitik ist eine Querschnittsaufgabe.“ Sinnvoller als ein eigenes Ministerium sei ein Integrationsbeauftragter.
CDU-Integrationsexperte Bernhard Lasotta sagte: „Es wäre besser, die Integrationspolitik als Stabsstelle im Staatsministerium oder in einem größeren Ministerium anzusiedeln.“ Damit könnte man Mehrkosten von drei Millionen Euro pro Jahr einsparen. Die CDU hatte sich stets für die Abschaffung des Ministeriums starkgemacht.
Öney entgegnete mit Blick auf die Beamten: „Da die Mitarbeiter nicht gekündigt werden können, wäre der Einspareffekt sehr gering.“ Bei einer Stabsstelle Integrationspolitik in einem anderen Ministerium bestehe die Differenz letztlich in jener der Gehälter eines Ministers und eines Staatssekretärs. Ob man bei steigendem Migrationsdruck wirklich drei Millionen Euro sparen könne, bezweifelte Öney.
Kleinstes Haus der Regierung
Grüne und SPD hatten sich bei den Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl 2011 für das eigenständige Integrationsministerium entschieden. Es ist zuständig für Grundsatzfragen und Koordinierung der Ausländer-, Migrations- und Integrationspolitik über die Deutschförderung und den interreligiösen Dialog bis hin zu Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen. Das Ausländerrecht, unter das auch Fragen um Abschiebungen fallen, liegt hingegen beim Innenministerium.
Mit 60 Mitarbeitern verwaltet Öney das kleinste Haus der Regierung. Zum Vergleich: Im Finanz- und Wirtschaftsministerium arbeiten rund 800 Menschen. Öney machte darauf aufmerksam, dass sie nicht an der Entstehung des Ministeriums beteiligt war, sondern zur Zeit der Koalitionsgespräche noch Abgeordnete in Berlin: „Wenn ich es richtig interpretiere, wirft man uns als Kleinwüchsigem vor, von Zwergen gezeugt worden zu sein.“
Für die SPD-Fraktion sagte Rosa Grünstein und Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand verteidigten das eigenständige Ministerium. Hildenbrand verwies auf die „erfolgreiche Bilanz“ des Ministeriums. „Wir Grüne wollen alle Talente und Potenziale im Land entfalten. Deshalb halten wir das Integrationsministerium nicht nur angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen für wichtig und notwendig.“