Feldhäcksler und Seidendungstreuer Foto: Lenski

Der Biolandlandwirt Oliver Schmid vom Weiherhof in Owingen berichtet über sein Ackerbaukonzept. Gefördert wird dieses Projekt, das unter dem Titel „wandernde Wiese“ steht vom Land Baden-Württemberg. Wie funktioniert sein Konzept?

Auf dem seit 2018 biozertifizierten Hof der Familie Schmid in Owingen mit insgesamt 160 Hektar Landwirtschaftsfläche sucht man nach neuen Wegen für eine zukunftsweisende und umweltfreundliche Bewirtschaftung der Landwirtschaftsflächen. Ein solches Projekt unter dem Aspekt von Natur- und Klimaschutz, das sich künftig vielleicht auch für andere Landwirte rechnet, hat Oliver Schmid erarbeitet: die „wandernde Wiese“.

Start im Jahr 2012 Der 36-Jährige, der auf dem elterlichen Hof von Heike und Wilfried Schmid aufgewachsen ist, hat Chemie mit den Schwerpunkten Polymerchemie und Biochemie studiert. Sein Fachwissen möchte er mit der elterlichen Landwirtschaft in Einklang bringen. Im Jahr 2012 startete er mit der Arbeit an seinem Projekt „Wandernde Wiese“. Erste erfolgversprechende Testversuche zum Signalprojekt folgten mit einem Feldhäcksler.

Projekt wird gefördert Allerdings fehlte es damals noch an entsprechender Technik. Das baden-württembergische Landwirtschaftsministerium fand Schmids Projekt hochinteressant und so wurde es im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ als förderwürdig eingestuft. Der offizielle Startschuss seitens des Ministeriums fiel im Frühjahr 2023. Leider machte da dann dem Bioland-Landwirt das Wetter zu schaffen. Zuerst war es lange zu kalt und zu nass, daraufhin folgte eine Blitzdürre. So mussten auch Probeläufe des von der Uni Hohenheim wissenschaftlich begleiteten Projekts immer wieder verschoben werden.

Oliver Schmid und Urs Mauk erklären das System der „wandernden Wiese“. Foto: Lenski

Demonstration vor Ort Am vergangenen Sonntag war es dann so weit. Beim „Bioland-Feldtag“ auf dem Weiherhof stand ein erneuter Feldversuch mit dem Ziel die Praxistauglichkeit und Wirksamkeit des Projektes zu demonstrieren, auf dem Plan. Dieses Mal wieder mit Feldhäcksler, aber zusätzlich mit einem parallel dazu fahrenden Seitendungstreuer. Eine Premiere. Um das Prozedere aber besser verstehen zu können, wurde das neue Ackeranbausystem von Bioland-Landwirt Oliver Schmid und Urs Mauk von ReLaVisio (Beratung für regenerative Landwirtschaft) auf dem Hof dem interessierten Publikum detailliert erklärt.

Intensiv oder extensiv? Das eine oder andere gab dabei Anlass zu Diskussionen, auch im Hinblick auf die aktuelle Lebensmittelverknappung. Die Frage, ob grundsätzlich eine hochintensive oder eine extensive Landbewirtschaftung erfolgen solle, wurde gestellt. Ein Wiesenstreifen auf dem Acker schmälere ja schließlich die Ertragsfläche und damit den Ertrag. Hier müsse man Kompromisse eingehen, man wolle ja auch von etwas leben, merkte Urs Mauk dazu an. Im Hinblick auf Natur- und Klimaschutz solle man aber auch über den Tellerrand hinausschauen, gab Bioland-Landwirt Schmid zu bedenken. Im Anschluss an die Diskussionen konnten sich die Hofbesucher draußen auf den Landwirtschaftsflächen des Weiherhofs ein Bild von der „Wandernden Wiese“ machen. Danach servierte man auf dem Hof ein Mittagessen.

Regen erschwert Verteilung Gegen 14.30 Uhr startete der Höhepunkt des Tages, eine Vorführung mit Feldhäcksler und Seitendungstreuer. Hierbei wurde eine praktische Vorführung von Mulchtransfer mittels zweier Landmaschinen unter dem Schwerpunktthema „Innovationen für ein Mehr an Nachhaltigkeit“ präsentiert.

Der Feldhäcksler wurde von Lohnunternehmer Johannes Härter aus Kusterdingen gefahren, parallel dazu fuhr der neue Seitendungstreuer, gesteuert von Bioland-Landwirt Oliver Schmid. Dabei sollte bereits gemähtes Mahdgut vom Feldhäcksler aufgenommen, zum parallel fahrenden Seitendungstreuer befördert und von dort aus auf den daneben liegenden Ackerstreifen gestreut werden. Beobachtet wurde die Vorgehensweise trotz einsetzendem Starkregens von zahlreichen Zuschauern.

Mehr Drehzahl nötig Dabei erschwerte der Regen eine optimale Mahdverteilung, aufgrund des nun nassen, schweren Mahdguts. Zudem musste sich Bioland-Landwirt Oliver Schmid erst einmal in die Funktion des Auswurfes des neuen Seitendungstreuers einfinden, den er zum ersten Mal fuhr. Hundertprozentig mit dem Testergebnis zufrieden war er noch nicht. Es sei noch Luft nach oben, schlussfolgerte er. „Mehr Drehzahlen sind der Schlüssel zu einem besseren Ergebnis“, so Schmid.

Vom Hersteller des Seitendungstreuers hat er bereits ein neues Getriebe geordert, welches künftig die Wurfweite der Seitenstreuung erhöhen soll und damit das Mahdgut weiter hinaus auf die Ackerstreifen befördern kann.

Noch ganz am Anfang Grundsätzlich zog Schmid ein positives Resümee zum „Bio-Feldtag“. Zum Projekt selbst meinte er: „Genau genommen stehen wir noch ganz am Anfang damit. Zahlen können wir noch keine präsentieren, nur die Idee. Wir müssen am Projekt weiterarbeiten um aussagen zu können, welchen Mehrwert das Projekt hat. Erste Erfolge sind zwar sichtbar, aber es gibt auch Punkte, in denen wir uns noch verbessern können.“

Die Moderation des Bioland-Feldtages hatte Jonathan Kern von der Bioland-Beratung übernommen.

So funktioniert das Konzept der „wandernden Wiese“

Vier Jahre
 Diese Wiese, die nach einem Drei-Drittel-Prinzip angelegt wird – auf einen Streifen Wiese kommen zwei Streifen Acker – bleibt für vier Jahre bestehen. Derweil können die Ackerstreifen intensiv bewirtschaftet werden. Danach wandert sie weiter. Sie wird dann von einer Seite aus umgebrochen und von der anderen wieder neu eingesät. Ein weiterer Schritt ist der Transfer von Mahdgut. Hierbei wird der Aufwuchs einer nahe gelegenen und artenreichen Fauna-Flora-Habitat, eine FFH-Dauergrünlandfläche im Sommer abgemäht, gehäckselt und auf die Wiesenstreifen im Acker ausgebracht, was den Boden mit Nährstoffen und organischer Masse versorgt. Stallmist muss nicht aufwendig kompostiert und zwischengelagert werden. Transportarbeiten werden gespart, Maschinenkosten und Arbeitszeit gesenkt, die Artenvielfalt im Boden kommt zurück. Dies sind aber nur einige Vorteile des Verfahrens, an dem Oliver Schmid arbeitet.

Begleitforschung
 Die Begleitforschung zum Ackerbausystem Wandernde Wiese® wird gefördert im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-Agri). Die Arbeitspakete werden von einer Gruppe aus Landwirten und -wirtinnen bearbeitet, bestehend aus Wilfried Schmid, Beate Leidig, Johannes Härter und Christoph Stober. Begleitet werden sie von einem wissenschaftlichen Beirat, vertreten durch Sabine Zikeli und Martin Dietrich (Universität Hohenheim), Maria Müller-Lindenlauf (Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen), Julia Walter (Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg) sowie Jörg Messner (Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg). Die Fördermaßnahme ist Teil des Maßnahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014-2020 (MEPL III). Das Projekt wird durch das Land Baden-Württemberg und über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) finanziert.