Einer der beiden Angeklagten (verdeckt) spricht mit seinem Anwalt Hannes Linke vor Prozessbeginn im Gerichtssaal des Strafjustizgebäudes. Foto: Christian Charisius/dpa-Pool/dpa

Einige ihrer schlimmsten Anschläge verübte die libanesische Hisbollah vor über 40 Jahren. Jetzt stehen in Deutschland erstmals zwei Männer wegen Mitgliedschaft in einer Terror-Vereinigung vor Gericht.

Hamburg - Erstmals in Deutschland hat ein Prozess gegen zwei mutmaßliche Mitglieder der libanesischen Hisbollah begonnen. Vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg warf ein Vertreter der Bundesanwaltschaft den in Niedersachsen festgenommenen Angeklagten Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vor. Als Funktionäre der Hisbollah ("Partei Gottes") sollen sie Bindeglied zwischen der Vereinigung und libanesischen Gemeinden in Deutschland gewesen sein.

Bundesregierung betrachtet Hisbollah als Terrororganisation

Laut Bundesinnenministerium gilt für die Terrororganisation seit Ende April 2020 ein Betätigungsverbot in Deutschland. Die schiitisch-islamistische Organisation richte sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung, erklärte die Bundesanwaltschaft. Sie bestreite das Existenzrecht Israels und strebe dessen Vernichtung an. Neben Anschlägen auf militärische Ziele sehe die Hisbollah auch Angriffe auf Zivilisten als legitimes Mittel des Kampfes an.

Die 1982 gegründete Organisation werde vom Iran unterstützt. Sie sei als Partei im libanesischen Parlament vertreten und mehrfach an der Regierung in Beirut beteiligt gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Helmut Grauer. Die verschiedenen Flügel der Hisbollah seien aber nicht unabhängig, sondern würden von einem religiösen Rat und Generalsekretär Hassan Nasrallah geleitet.

Verheerende Selbstmordanschläge in Beirut

Grauer nannte mehrere große Anschläge der Hisbollah, darunter die verheerenden Selbstmordattentate 1983 auf die US-Botschaft und das Hauptquartier der US-Marines in Beirut sowie auf den Standort des französischen Kontingents einer multinationalen Friedenstruppe. Dabei waren insgesamt rund 360 Menschen getötet worden.

Am 14. Februar 2005 habe ein Kommando der Hisbollah einen Sprengstoffanschlag in Beirut verübt, bei dem der frühere libanesische Premierminister Rafik Hariri und 21 weitere Personen ums Leben kamen sowie mindestens 226 Personen verletzt worden seien. Seit dem Terrorangriff der palästinensischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 habe die Hisbollah mehrfach israelischen Militäreinheiten angegriffen.

Angeklagte angeblich bei verbotenem Bremer Verein aktiv

Die beiden Angeklagten - ein 49-jähriger Libanese und ein 55 Jahre alter Deutsch-Libanese - waren am 10. Mai vergangenen Jahres in den niedersächsischen Landkreisen Aurich und Cuxhaven festgenommen worden. Der 49-Jährige betreute nach Angaben der Bundesanwaltschaft vor allem in Norddeutschland libanesische Vereine. Über mehrere Jahre sei er regelmäßig als Prediger aufgetreten, so bei der 2022 verbotenen Al-Mustafa-Gemeinschaft in Bremen. Der 55-Jährige soll als Auslandsfunktionär und Angehöriger einer militärischen Eliteeinheit tätig gewesen. Ab 2009 war er den Angaben zufolge als Mitglied und später Vorsitzender in der Al-Mustafa-Gemeinschaft aktiv.

Angeklagter räumt Sympathie für Hisbollah ein

Nach der Anklageverlesung schilderte der 49-Jährige detailreich seine Lebensgeschichte. Zunächst entschuldigte er sich für die Unannehmlichkeiten, die er dem Gericht und dem deutschen Staat bereitet habe. Er bat den Dolmetscher, treu zu übersetzen, und erklärte, er gebe seine Sache in Gottes Hand. Dann ging er auf seine Kindheit und Jugend im libanesischen Bürgerkrieg (1975-1990) ein.

Er sei Pfadfinder bei der schiitischen Amal-Bewegung gewesen und habe später Pfadfinder-Gruppen geleitet. Auch die Vereine, zu denen er Kontakt gehabt habe, stünden eher der Amal nahe. Er räumte aber ein, mit der "schiitischen Partei" - wie er die Hisbollah nannte - zu sympathisieren. Allerdings habe er sich keiner Organisation angeschlossen.

Richterin sieht Klärungsbedarf

Aus Zeitgründen konnten die Prozessbeteiligten den Angeklagten nicht mehr befragen. Die Vorsitzende des Staatsschutzsenats, Petra Wende-Spors, deute an, dass es Klärungsbedarf gebe: "Wir haben Beweismittel, die möglicherweise nicht ganz so kompatibel sind mit dem, was Sie uns hier vorgetragen haben", sagte die Richterin. Beim nächsten Verhandlungstermin will sich auch der zweite Angeklagte äußern.