Ein verbotenes Bild auf dem Handy kann einen Gerichtsprozess zur Folge haben (Symbolbild). Foto: © Sfio Cracho - stock.adobe.com

Es sollte nur ein Witz sein, sagte der Angeklagte. Jetzt kann er froh sein, dass ihm ein Pornofoto nicht zum Verhängnis wurde.

Horb - Der Angeklagte erscheint in Bermudas und im T-Shirt vor dem Amtsgericht Horb. Die Anklage ist ernst: Sie lautet auf Verbreitung und Besitz von Kinderpornografie. Kinderpornografie gilt nicht mehr als Kavaliersdelikt: Seit der Gesetzesverschärfung vom vergangenen Jahr wird bereits der bloße Besitz solcher Bilder als Verbrechen eingestuft. Mindeststrafe: ein Jahr. Doch Richter Trick lässt diesmal Milde walten: Der aus Ungarn stammende Beschuldigte habe ganz offenbar kein Schuldbewusstsein gehabt.

Eindringliche Warnung

Trick folgt damit der Staatsanwaltschaft und spricht den Angeklagten frei. Doch den Prozess beendet er mit einer ernsten Warnung: "Ich sage Ihnen eins: Sollten Sie noch einmal ein solches Bild auf Ihrem Handy haben, dann sind Sie dran." Dann sagt er noch: "Lassen Sie die Finger von solchen Bildern."

Gleich in mehrfacher Hinsicht handelt es sich um einen ungewöhnlichen Prozess. So hatte die Polizei nur ein einziges kinderpornografisches Bild auf dem Handy des Beschuldigten gefunden – bei anderen Prozessen dieser Art sind es oftmals mehrere Dutzend Fotos und Videos.

Ungewöhnliches Bild

Ungewöhnlich auch das Foto selbst: Im Vordergrund ist ein Mann mit einer Flasche Bier zu sehen, im Hintergrund zwei kleine Kinder, die offenbar sexuell beschäftigt sind. Ungewöhnlich auch: Das Bild sei in seiner ungarischen Heimat im Internet frei zugänglich gewesen, beteuern der Angeklagte und die Verteidigung. Darunter sei der ungarische Satz zu lesen: "Das ist ein altes Foto von meinem Vater: Ich spiele da hinten."

Er habe das Ganze für einen harmlosen Witz gehalten, so der Angeklagte immer wieder. Das Foto habe er von Facebook runtergeladen und weitergeleitet. Der Gedanke, dass es sich um Kinderpornografie handeln könnte, sei ihm nie gekommen.

In Ungarn ein "Spaßbild"

"Aber hatten Sie keine Bedenken, dass da kleine Kinder so nackt darauf zu sehen sind?", will der Richter wissen. Antwort: "Wir haben uns alle darüber amüsiert, wir haben alle nur den Mann im Vordergrund angesehen und darüber gelacht, der Hintergrund hat uns nicht interessiert." Und der Verteidiger insistiert: Das Foto sei in Ungarn frei verfügbar. "Es erscheint in Google, da braucht es kein Darknet." Es sei in Ungarn als Spaßbild in Umlauf gewesen. Der Angeklagte: "Alle haben darüber gelacht."

Außerdem handele es sich nicht um ein echtes Foto, einzelne Teile seien per Computer "hineinmontiert" worden. Er sei auch völlig überrascht gewesen, als die Polizei Anfang des Jahres bei ihm zu Hause war und ermittelte. Niemand in Ungarn halte das Bild für Pornografie. Richter Trick darauf: "Aber in Deutschland gelten deutsche Gesetze."

Foto im Internet frei zugänglich

Der Angeklagte ist 49 Jahre alt und lebt seit 2015 in Deutschland. "Ich habe vier Kinder", sagt er. Vorstrafen gibt es keine. Auch die Staatsanwaltschaft betont in ihrem Plädoyer die Tatsache, dass das Foto im Internet "frei zugänglich" sei. Es werde "unter den Landsleuten des Angeklagten als legal angesehen". Der Beschuldigte habe sich "keinerlei Gedanken" gemacht. "Wir sind zwar in Deutschland, doch der Angeklagte war im ungarischen Facebook unterwegs." Sie plädiere auf Freispruch. Die Verteidigung räumt gar ein: "Handelt es sich wirklich um Pornografie? Auf dem Bild sind keine Geschlechtsteile zu erkennen."

Trotzdem: Es ist Pornografie

Richter Trick macht klar, dass es sich bei dem Foto sehr wohl um Kinderpornografie handele, schließlich seien zwei kleine Kinder zu sehen, die beischlafähnliche Handlungen vollziehen. Es mache auch keinen Unterschied, ob bei dem Bild mit dem Computer nachgeholfen worden sei. Allerdings sei auch er wie Staatsanwaltschaft und Verteidigung der Überzeugung, dass der Angeklagte "blauäugig in die Geschichte hineingestolpert" sei. Das habe auch "mit der Sozialisation des Angeklagten in Ungarn zu tun, wo das Bild gang und gäbe ist". Dem Angeklagten habe das Unrechtsbewusstsein gefehlt, er habe das Foto als "Spaßbild" angesehen. Daher: Freispruch. Die Kosten des Verfahrens trage die Staatskasse. Doch in seinem Schlusswort warnt Trick zugleich: Spätestens nach diesem Urteil sollte "auch in ungarischen Kreisen bewusst sein: Mit solchen Bildern verbrennst du dir die Finger".