Angesichts der Corona-Pandemie steht die Grippeschutzimpfung noch stärker im Fokus als in den Jahren zuvor. Foto: dpa

Höhere Impfquoten sollen Überlastung des Gesundheitssystems verhindern. Experten rechnen nicht mit Engpass von Impfstoff.

In Zeiten von Covid-19 wird noch mehr als sonst über die Grippeschutzimpfung debattiert. Viele Mediziner sehen eine Menge Nutzen in dem Pieks - nicht nur für einen selbst.

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"Es gibt die Theorie, dass sich die Pandemie auch auf die Grippesaison auswirkt", sagt Kai Sonntag, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW). Wie die Saison verläuft lasse sich allerdings im Vorhinein nur mutmaßen. "Die Menschen könnten sich mehr darum sorgen sich zu infizieren und sich somit eher impfen lassen", erklärt Sonntag. "Oder sie vermeiden Arztbesuche und verzichten auf eine Impfung. Das können wir nicht einschätzen."

Allgemein lautet die Empfehlung, sich im Zeitraum von Ende Oktober bis Anfang November impfen zu lassen. Der Hintergrund ist, dass die optimale Schutzwirkung rund zwei Wochen nach dem Stich beginnt und nach drei Monaten langsam abnimmt. Meist beginnen die Grippewellen - also eine erhöhte Aktivität von Influenzaviren - Anfang des Jahres. Sie dauern danach aber durchaus auch mal drei bis vier Monate. Insofern könnte eine Impfung auch nach November noch sinnvoll sein, wenn bis dahin keine Gelegenheit dafür war.

Wem wird die Grippeschutzimpfung empfohlen?

Die Gruppen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Influenza-Verlauf sind laut Robert Koch-Institut (RKI) ähnlich wie die Risikogruppen der vom Coronavirus ausgelösten Erkrankung Covid-19 - also ältere Menschen über 60 und Patienten mit Vorerkrankungen wie Diabetes, HIV oder Asthma. Empfohlen wird die Impfung zudem für medizinisches Personal in Krankenhäusern, Pflege- und Senioreneinrichtungen und im Gesundheitswesen, für Schwangere, generell für Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen sowie für Pflegepersonen von Risikopatienten.

Nach Einschätzung der Ständigen Impfkommission (Stiko) des RKI könne zum Schutz der Menschen und zur Entlastung des Gesundheitssystems der größte Effekt indes dadurch erzielt werden, wenn Impfquoten vor allem bei den Risikogruppen erheblich gesteigert werden könnten. Bei Senioren etwa seien die Quoten seit Jahren niedrig.

Viele Mediziner plädieren dafür, dass sich in diesem Jahr nach Möglichkeit alle Menschen impfen lassen sollten - unter anderem, um die Zahl der Krankenhausaufenthalte wegen Grippe möglichst gering zu halten.

Droht eine Impfstoff-Knappheit?

Es gibt Stimmen, die vor einer Unterversorgung der Risikogruppen mit Grippeimpfstoff warnen, wenn man der ganzen Bevölkerung die Impfung empfiehlt. Gesundheitsexperten im Bundestag rechneten zuletzt aber nicht mit einem Engpass. Auch das Paul-Ehrlich-Institut, das die Impfstoff-Chargen prüft, rechnet zum Start der neuen Grippesaison nicht mit einem Mangel.

Laut Kai Sonntag wurde dieses Jahr bereits mehr Impfstoff hergestellt, um einen Mangel entgegenzuwirken. "Es kann sich auch herausstellen, dass zuviel produziert wurde. Das wissen wir noch nicht."

Halten sich außerdem mehr Menschen an die Hygieneregeln wie 1,5 Meter Mindestabstand, regelmäßiges und gründliches Händewaschen sowie Tragen einer Mund-Nasen-Maske, könnten diese Maßnahmen durchaus vor der Ausbreitung von Grippeviren schützen, sagt Bernd Salzberger, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie. Er betont gleichzeitig: Darauf hoffen könne man nicht. "Abgerechnet wird leider zum Schluss." Auch die KVBW könne erst Anfang nächsten Jahres ein Fazit der diesjährigen Grippeschutzimpfung ziehen, so Sonntag.