Näschen für Lebensmittel: Eine Lebensmittelskontrolleurin bei der Arbeit Foto: dpa

Fast 1600 Betriebe sind 2010 im Land wegen hygienischen Mängeln geschlossen worden.

Stuttgart - Fast 1600 Lebensmittelbetriebe im Land mussten im vergangenen Jahr wegen hygienischen Mängeln geschlossen werden. Aber auch Waren aus dem Internet wollen die Behörden künftig stärker kontrollieren. Außerdem sollen 34 zusätzliche Kontrolleure eingestellt werden.

Kaffee, der schlank macht. Allerlei Produkte, die das Haar glätten - das alles findet man im Internet. Doch die Menge sagt noch nichts über die Qualität der einzelnen Waren aus. Die amtlichen Kontrolleure der Lebensmittelüberwachung fanden bei ihrer jährlichen Überwachung von Lebensmitteln, Kosmetika und Trinkwasser bei Angeboten aus dem weltweiten Netz zahlreiche Mängel. "Auch bei diesem neuen Vermarktungsweg müssen die Verbraucher vor gesundheitlichen Schäden und Täuschungen geschützt werden", sagte Ministerialdirigent Jürgen Maier vom Verbraucherschutzministerium am Mittwoch. Gemeinsam mit Verbraucherschutzminister Alexander Bonde (Grüne) stellte er den Jahresbericht der Lebensmittelüberwachung vor. Vor allem Produkte, die dem Konsumenten eine schlankere Figur versprechen, werden in dem Bericht angeprangert. So kam es laut Bonde bei einer Verbraucherin zu Herzrasen und starkem Schwitzen, nachdem sie einen aus dem Internet bestellten Kaffee getrunken hatte. Dieser warb mit seiner gewichtsreduzierenden Wirkung. Im Nachhinein fanden die Kontrolleure im Kaffeepulver den Appetitzügler Sibutramin. Die Ware wurde daraufhin aus dem Verkehr gezogen.

Viele Verstöße

Fünf Proben von Haarglättungsmitteln, die im Rahmen der Überwachung untersucht wurden, enthielten zu viel an freiem Formaldehyd. Dieser Stoff kann zu Allergien führen und soll krebserregend sein. In Deutschland sind die Haarglättungsmittel nun nicht mehr erhältlich. Bei der Stabsstelle Ernährungssicherheit in Tübingen ist ein Pilotprojekt zum Thema Internethandel geplant, so Bonde. Dabei soll geklärt werden, wie Proben im Internet bestellt werden können, ohne sich dabei als Kontrollbehörde ausgeben zu müssen. "Das Internet gewinnt in allen Bereichen an Bedeutung. Wir müssen auf diesem Gebiet mehr tun", kündigte Maier an. "Für die Kontrolle von Produkten aus dem Internet benötigt man ein spezielles Know-how", räumte er gleichzeitig ein. Das könne man zum Beispiel nicht mit einer Überprüfung eines üblichen Bäckereibetriebes vergleichen.

Nicht nur Waren im Internet kontrollierte die Behörde. Von den rund 62 000 Betrieben, die im Land untersucht wurden, mussten fast 1600 sofort geschlossen werden. Die hygienischen Zustände waren nicht ausreichend, so Minister Bonde. Insgesamt gab es rund 26 200 Verstöße. Die vier chemischen und Veterinäruntersuchungsämter im Land nahmen gut 48 300 Proben. Bei 17 Prozent von ihnen entdeckten sie Mängel. Bei der Hälfte lag die Ursache an der Kennzeichnung. 16 Prozent der rund 7800 Trink- und Rohwasserproben waren auffällig. Als Rohwasser gilt Wasser, das noch nicht vollständig aufbereitet wurde. Insgesamt gilt für Bonde: "Die Verbraucher im Land können sich auf die Trinkwasserqualität verlassen." Die Erwartungen der Öffentlichkeit an eine leistungsfähige Kontrolle von Lebensmitteln steigen Bonde zufolge ständig. "Die Landesregierung wird daher die Lebensmittelüberwachung personell verstärken", kündigte Bonde an. Bis zum Jahresende sollen 34 neue Stellen eingerichtet werden. Zu den dann 288 Kontrolleuren sollen im Anschluss noch weitere 66 hinzukommen. "Die Arbeitsbelastung ist momentan sehr intensiv. Ich möchte daher die Prüfer entlasten", so Bonde. Baden-Württemberg liege momentan bei der Ausstattung der Kontrollen laut Maier bis zu 40 Prozent unter den Werten anderer Bundesländer.