Am Computer bereitet Gabriela Garcia Marmolejo einen Vortrag zum Thema Plastik vor, den sie im November in Hüfingen hält. Foto: Singler

Biologin spricht über Problemthema Plastikmüll. Reduzierter Konsum geraten.

Hüfingen - Der 42 Jahre alten Gabriela Garcia Marmolejo liegt etwas auf dem Herzen: Im Interview spricht die Biologin über das globale Problem mit Plastikmüll und dessen Folgen. Am Donnerstag, 12. November, hält sie für die VHS von 19.30 bis 21 Uhr im Bahnhof Hüfingen einen Vortrag zum Thema. Die studierte Biologin wurde in Mexiko geboren, wohnt in Mundelfingen und ist dreifache Mutter.

Frau Garcia Marmolejo, aus welchem Grund liegen Ihnen die Themen Plastik und Müllvermeidung so am Herzen?

Meine größte Sorge beim Plastikmüll ist die lange Haltbarkeit. Wir hinterlassen unseren Nachfahren etwas mit nicht kalkulierbarem Risiko. Viele Plastikprodukte nutzen wir aus Bequemlichkeit, meistens nur einmal – sie sind günstig –, aber über die Konsequenzen machen wir uns wenig Gedanken. Damit wir beruhigt schlafen können, recyceln wir viel Müll, doch das löst keine Probleme. Die Wissenschaft kann noch nicht exakt sagen, wie sich Mikroplastik auf unser Hormonsystem auswirkt. Schon bewiesen ist allerdings, dass Plastik hormonregulierend auf unseren Körper wirkt.

Was ist Ihr Antrieb, in der Gesellschaft auf das Thema aufmerksam zu machen?

Ich kann nicht die Welt ändern. Aber zumindest kann ich versuchen, unter den Menschen aus meinem Umfeld, auf die ich Einfluss habe, ein Bewusstsein zur Vermeidung von Plastikmüll zu schaffen. Wenn ich nur ein paar Menschen mit dieser Botschaft erreiche und sich ihr Verhalten dadurch ändert, hat es sich für mich schon gelohnt.

Meinen Sie, dass die Allgemeinheit zu wenig über die negativen Auswirkungen von Plastik weiß? Oder wird das Ganze doch eher unter den Tisch gekehrt?

Beides ist richtig. Zum einen gibt es ein deutliches Wissensdefizit. Ein Beispiel: Über 7000 Substanzen werden für die Plastikherstellung verwendet. Und die meisten davon sind natürlich nicht darauf getestet, ob sie Negativfolgen für Menschen, Tiere oder die Umwelt haben. Andererseits ist die Plastikherstellung ein profitables Geschäft. So produziert allein Europa ein Fünftel des Plastiks, der auf der ganzen Welt konsumiert wird. Innerhalb Europas steht Deutschland auf Platz eins der Produzenten. Schon unsere Kinder erziehen wir mit dieser Wegwerf-Mentalität.

Was sind konkrete Gefahren von zu viel Plastikmüll, sei es gesundheitlich für Mensch und Tier oder ökologisch?

Derzeit wird geschätzt, dass mehr als 914 Wildtierarten von plastischer Verschmutzung betroffen sind – dazu gehören wirbellose Tiere, aber auch Schildkröten, Fische, Vögel und Säugetiere. Wasservögel und Eissturmvögel etwa nehmen kleine Plastikpartikel ein, die im Magen bleiben und Schnittwunden sowie Geschwüre verursachen. Das wiederum beeinträchtigt den Fortpflanzungserfolg und wirkt sich mittelfristig auf die Population aus. Noch kritischer sehe ich die Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren in Bezug auf Toxine – also Giftstoffe – die wir über die Nahrungskette aufnehmen. Wenn diese in den Körper von Menschen oder Tieren gelangen, bewirken sie schon in geringen Mengen Veränderungen im Hormonsystem. Und zwar mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit, beispielsweise die Schild- oder Bauchspeicheldrüse.

Was muss die Politik besser machen?

Sie sollte das Bewusstsein der Konsumenten fördern. Das Problem muss in den Medien und der Forschung präsenter sein. Zudem sollte die Plastik- und Chemieindustrie reguliert werden, also nur harmlose sowie getestete Substanzen erlaubt werden.

Was würde die Zukunft bei einem "Weiter so" bringen?

Eine Zunahme von Krankheiten für Haut, Augen und andere Sinnesorgane. Außerdem eine Beeinflussung des Atmungs-, Nerven- und Magen-Darm-Systems sowie für Leber und Gehirn. Und mit Sicherheit eine Abnahme der Fortpflanzungsfähigkeit. Darüber hinaus verändert sich die Bodenstruktur, die an Stabilität verliert, weil sich die Aggregatform verändert. Die Situation mit dem Plastikmüll ist wie mit dem Klimawandel: Den ganzen Prozess können wir nicht mehr stoppen, dafür ist es sicherlich zu spät.

Wie kann jeder Einzelne zu einer Lösung beitragen?

Es wäre so einfach, wenn jeder weniger konsumiert – also das Gegenteil unseres aktuellen Lebensstils. Beim Einkaufen sollte überlegt werden, ob es eine Alternative zum Plastikprodukt gibt. Und damit meine ich nicht nur Lebensmittel, sondern auch Kleidung. Die Konsumenten können die Trends von Produkten ändern.

  Die Fragen stellte Julian Singler.