Nicht nur das Häs der Behlaer Narren wird von Oscar Viergutz gemalt. Auch andere Narrenzünfte lassen ihre Kleidung vom Behlaer Künstler bemalen. Foto: Wieland

Oscar Viergutz gibt dem Narrenhäs sein Aussehen. Wetti-Butzer brauchen 20 Stunden Arbeit.

Hüfingen-Behla - Kunterbunt und vielfältig: So geht es in der Fasnachtszeit auf den Straßen zu. Oftmals erfreuen wir uns an den bunten Farben und den kreativen Gestalten, doch was oder wer steckt eigentlich hinter all der bunten Vielfalt?

Genau diese Fragen stellte sich vor Jahren der Behlaer Oscar Viergutz. Viergutz, der eigentlich aus Berlin stammt, zog es 1992 von der Hauptstadt ins Ländle. Dort sah er an der Fasnacht 1993 in VS-Schwenningen zum allerersten Mal die traditionellen Weißnarren.

Bereits damals war dem Zugereisten klar: "Eines Tages werde ich so ein Häs malen." Noch heute lächelt er über diese Anekdote und erzählt gerne: "Als ich das bemalte Häs zum ersten Mal sah, war ich ganz fasziniert. Noch heute stehe ich an Fasnachtsumzügen gerne am Straßenrand und betrachte die Narrenhäser. Für mich ist jedes Häs ein Kunstwerk. Und wenn ich Weißnarren sehe, geht mir das Herz auf."

Das künstlerische Gen und die Kreativität hat Viergutz geerbt: "Bereits mein Vater und meine Großmutter haben gerne gemalt. Von ihnen habe ich einiges lernen können. Als ich dann erwachsen war, habe ich das Malen leider etwas vernachlässigt. Nachdem ich dann gemeinsam mit meiner Familie nach Behla zog, begann ich aber wieder damit."

Von da an sei er wieder regelmäßig vor der Staffelei gestanden. Die Liebe zur Malerei sei auch die Motivation für das Häsmalen: "Warum sollte ich meine Fähigkeiten nicht dem Verein zur Verfügung stellen und somit der Gemeinschaft etwas zurückgeben?" Außerdem erreiche man mit einer Vernissage oftmals nur einzelne Besucher. "Bei einem Fasnachtsumzug sieht das breite Publikum meine Kunstwerke", so Viergutz.

Starke Verbundenheit mit traditionellem Fastnachtshäs und seinen Geschichten

Obwohl er nicht mit der fünften Jahreszeit groß wurde, verbindet er trotzdem sehr viel mit dem traditionellen Fasnachtshäs und seinen Geschichten: "Für mich ist die Häsmalerei eine tolle Tradition. Sie ist die Konstante an Fastnacht, denn traditionell bleibt das Häs gleich. Wenn sich etwas ändert, dann meist nur kleine Bestandteile: Vorhandene Motive werden erweitert, denn jede Fastnachtsfigur hat ihre Tradition."

Bei den Behlaer Wetti-Butzern sei es etwa so, dass jedes Häs auf den ersten Blick gleich aussehe. "Schaut man aber genauer hin, erkennt man, dass einzelne Motive etwas anders gestaltet sind", erklärt Viergutz.

Blickfang ist die Wasserrose, die sich auf dem Oberteil befindet. Die wird traditionell in rosa gestaltet und ist von Wasser umrandet. Auf der Rückseite ist ein Fisch zu sehen, der aus dem Wasser springt. Um den dreidimensionalen Effekt des springenden Fisches zu verstärken, wird dieser von Wassertropfen umrahmt.

Das Besondere daran ist, dass jeder einzelne aus fünf unterschiedlichen Farben besteht. "Dies unterstreicht nochmals den 3D-Effekt und lässt die einzelnen Tropfen plastischer wirken", sagt der Häsmaler. Auf den Hosenbeinen sind Frösche und Schilfgras zu sehen, sie sollen die Herkunft des Wetti-Geistes unterstreichen. Noch heute sei der Behlaer Elferrat sehr zufrieden mit dem Häs. "Wir sehen uns als kleiner Farbtupfer in der Narrenschar", so Viergutz, der bereits seit etwa zehn Jahren das Behlaer Häs gestaltet.

Die Motive und ihre korrekte Darstellung sind für Viergutz dabei sehr wichtig: "Man kann sehr viel falsch machen bei der Häsmalerei. Das Häs stellt die Geschichte und Herkunft der Narren dar, da sollte deshalb auch sehr gewissenhaft bemalt werden. Für mich persönlich ist es sehr wichtig, dass ich immer eine gute Arbeit abliefere."

Für ihn beginnt die Arbeit, wenn Neumitglieder beim Häsbeauftragten des Vereins waren. Dort wird Maß genommen und das Leinengewand geschneidert. Hier stelle sich dem Künstler bereits die erste Herausforderung: "Die Qualität des Leinen schwankt oftmals. Ist die Oberfläche zu glatt, nimmt sie die Farbe nicht so gut an. Hier muss man die Beschaffenheit erkennen und richtig reagieren, denn wer möchte schon, dass sich die Farbe bereits nach kurzer Zeit auswäscht?", fragt Viergutz. Außerdem sei es auch für den Häsmaler sehr schade, wenn die Arbeit nach kurzer Zeit bereits wiederholt werden muss: "Für ein neues Wetti-Butzer-Häs benötige ich gut 20 Stunden."

Begonnen wird mit dem Aufmalen der Motive mit Bleistift. Im Anschluss werden die Motive dann mit Stofffarbe nach- oder besser: übermalt. Wer jetzt bei Stofffarbe an Malstifte denkt, hat sich getäuscht: Die Stofffarbe wird mit Pinsel auf Leinen aufgetragen. Dazu muss sie allerdings erst richtig gemischt werden Die besondere Herausforderung ist, die Farbzusammensetzung zu finden. Das heißt: Jeder Verein hat seine eigenen Farben, die genutzt werden. Diese setzen sich aus unterschiedlichen Grundfarben zusammen.

Diesen Code herauszufinden sei oftmals eine große Aufgabe. "Für mich ist es sehr wichtig, die richtige Farbkombination zu haben, denn genau daran kann man die einzelnen Vereine erkennen", erklärt Viergutz. Im Anschluss wird die Farbe dann mit einem Bügeleisen in die Leine gebrannt. "Diesen Job übernimmt meine Frau Kerstin. Ohne ihre Unterstützung könnte ich dieser Leidenschaft gar nicht so intensiv nachgehen."

Klar ist dem Maler auch: Es gibt immer nur einen Versuch. "Es muss also zu 100 Prozent funktionieren. Ist nur ein Pinselstrich falsch, ist die Farbe auf dem Stoff und kann nicht mehr ausgewaschen werden", so Viergutz.

Das Häs der Narrenzunft Wetti-Butzer Behla entstand Anfang der 1970er-Jahre in Behla. Erna Danacher und Georg Baumann waren damals maßgeblich daran beteiligt.

Die Figur des Wetti-Butzers entstand aus einer Erzählung. Danach hatten sich ein paar Buben aus Behla zusammengetan, um einen eigenbrötlerischen Bauern zu erschrecken. Der tränkte seine Pferde immer erst spät am Abend am Weiher, der auch Wetti genannt wurde.

Als der Landwirt an der Wetti ankam, tauchte einer der Buben mit lautem "Hui-Hui" aus dem Wasser auf. Der Bauer erschrak und rannte zurück in das Dorf und erzählte allen vom Geist, der ihm erschienen war. Noch heute veranstalten die Wetti-Butzer traditionell am Abend des Schmutzigen Dunnschtig die Auferstehung des Wettigeistes am Brunnen im Dorf.

Passend zu dieser Geschichte besteht das Häs der Wetti-Butzer aus einem Leinenhemd, auf dem auf der Vorderseite eine Wasserrose abgebildet ist. Umrahmt ist diese von Wasser. Auf den Ärmeln ist ebenfalls eine gelbe Wasserblume zu sehen. Den Rücken des Kleidungsstücks schmückt ein Fisch, welcher gerade aus dem Wasser springt. Das Hosenbein ist mit zwei Fröschen und Schilfpflanzen geschmückt. Das gesamte Häs symbolisiert eine aus dem Wasser steigende Figur.

In der Hand hält der Wetti-Butzer ein sogenanntes "Bissili". Das besteht aus mehreren Rohrkolben. Auch daran angebracht ist eine Seerose, die mit drei Glocken verziert ist. Das sorgt bei den närrischen Umzügen für die entsprechenden Nebengeräusche.

Die Scheme des Wetti-Butzers wird aus Lindenholz geschnitzt. Sie stellt einen gutmütigen Gesellen dar. Die Kopfbedeckung der historischen Narrenfigur besteht aus türkisfarbenen und grauen Schuppen, welche auch "Blätzle" genannt werden. Sie werden in mühevoller Kleinstarbeit einzeln ausgestanzt und aufgenäht.