Mit seinen Auftritten in Stuttgart erfüllte Vielseitigkeits-Weltmeister Michael Jung alle Erwartungen und holte standesgemäß auch den vierten Sieg in Folge im Indoor-Derby. Foto: Wagner

Weltmeister Michael Jung siegt erneut beim Indoor-Derby in Hanns-Martin-Schleyerhalle.

Horb/Stuttgart - Eine Überraschung wäre es gewesen, wenn er nicht wieder eine seiner verblüffend überraschenden Linien gewählt hätte. Doch Michael Jung enttäuschte die 8000 Zuschauer in der Stuttgarter Hanns-Martin-Schleyerhalle nicht. Der Weltmeister aus Altheim gewann zum vierten Mal in Folge das Indoor-Derby der Stuttgart German Masters.

Auf dem diesjährigen Parcours allerdings reichte ein einziger Trick nicht aus. Insgesamt dreimal wählte der 28-Jährige mit dem erst achtjährigen Trakehner-Wallach Vincent TSF eine unkonventionellere Linie als die meisten Konkurrenten. Allein Frank Ostholt hatte noch Gelegenheit, die entscheidenden Tricks abzuschauen – was ihm auch fast den Sieg gebracht hätte. Allein eine fallende Stange und die damit verbundenen vier Strafsekunden warfen den Vornholzer und seinen Hannoveraner Air Jordan auf Rang zwei zurück.

Und so feierte die jubelnde Menge in der ausverkauften Halle den omnipräsenten Publikumsliebling Michael Jung, dessen Konterfei an fast jedem Aussteller-Stand in der Halle prangt, zum insgesamt fünften Mal als Sieger. Allein beim Tiefsprung hinab von der Bogenmauer, eine Art Plattform mit Sprunghindernis, zögerte Vincent, der vier Jahre jünger war als der Durchschnitt aller startenden Pferde, ein wenig. Ansonsten funktionierte alles wie am Schnürchen, und es war ein weiterer dieser eleganten, flüssigen Ritte, wie man sie von Michael Jung inzwischen schon gewohnt ist.

Ausgiebige Besichtigung des Parcours

Ausgetüftelt hatte der Altheimer seine Linienwahl über die 17 Hindernisse bei seiner ausgiebigen Besichtigung des Parcours, auf der er zunächst lange von Sonja Buck aus Pfalzgrafenweiler begleitet wurde. "Ich hab’ schon gehofft, dass ich ein paar entscheidende Tipps von ihm bekomme", räumte die EM-Mannschaftsmeisterin der Jungen Reiter, startend für die RA Altensteig, ein. Tatsächlich gelang auch der Nummer 14 in der Startfolge aller 25 Paare auf ihrem Routinier Ohio ein feiner Ritt mit ein paar guten Abkürzungen, die die beiden zunächst auf Rang zwei brachten. Da der 17-jährige Brandenburger aber in der Folge einer leichten Sehnenverletzung erst seit kurzem wieder Springtraining absolvieren kann, war Sonja Buck völlig zufrieden – und sogar begeistert von ihrem bereits mehrfach German-Masters-geprüften Pferd: "Der weiß ganz genau, was er hier tun muss" Am Ende landeten Buck und Ohio auf Rang sieben.

Ebenfalls noch in die Platzierungen schaffte es Vereinskollege Michael Terigi auf Limor L, der Elfter war. Einen Siegerscheck knapp verpasst hat dagegen Sarah Schuler (Egenhausen, RA Altensteig) auf Uso, die 16. wurde. Vereinskollegin Kerstin Annika Elsässer landete mit Peter Pan auf Rang 21.

Seine reiterliche Klasse demonstrierte Michael Jung aber nicht nur bei der spektakulärsten Prüfung des Tages. Schon im ersten Wettbewerb, nachmittags gegen 14 Uhr, stand er ganz oben auf dem Siegerpodest. Diesmal in der Dressur. Auf dem zehnjährigen Wallach Roche zeigte er kaum Schwächen. Im Preis der Firma iWest fielen auch Vater Joachim Jung "nur Kleinigkeiten" auf, die da noch zu verbessern gewesen wären. Der Lohn: Ein deutlicher Erfolg mit 1340 Punkten oder umgerechnet 70,526 Prozent. Deutlich auf Platz zwei verwiesen war damit der Zweitplatzierte Falk Stankus, der auf Birkhof’s Meraldik 1273 Punkte oder 67,000 Prozent bekam.

Kür mit 73,800 Prozent bewertet

Im gestrigen Finale um den iWest-Cup setzte sich die Souveränität Michael Jungs in dieser Dressur-Serie fort. Seine Kür auf Roche wurde mit 73,800 Prozent bewertet. Damit hatte der siegreiche Altheimer erneut einen komfortablen Vorsprung von mehr als zwei Prozentpunkten auf den zweitplatzierten Falk Stankus aus Donzdorf, der auf Birkhof’s Meraldik 71,400 Prozent einstrich.

Trotz der schnellsten Zeit im Reit-Abschnitt kam Jung beim unterhaltsamen "Jump and Drive"-Wettbewerb, einer Kombination aus Springreiten und Hindernisfahren mit dem Auto, am Mittwoch nicht in den Genuss, den als Preis ausgesetzten Wagen mit nach Hause nehmen zu dürfen. Der Vielseitigkeits-Spezialist fuhr nicht schnell genug, wurde aber immerhin Dritter. Zur Ehrenrettung muss man sagen, dass der französische Sieger Julien Epaillard auch Motorsport-Erfahrung mitbrachte. Bei der obligatorischen Sektdusche der drei Erstplatzierten bekam Michael Jung die heftigste Ladung ab.

Pech hatte er gestern beim Spezialspringen um den Preis der Firma Bardusch. Im Kreise der deutsche Elite des Springreitens gelang Jung die drittschnellste Zeit aller Starter, hatte an Sprung acht, einer Kombination, aber einen ärgerlichen Abwurf, ohne den er in der Endabrechnung Rang zwei geholt hätte. So aber musste er mit Rang 13 vorlieb nehmen.