Barbara Rauschenberger (links) und Andrea Kipp-Steidinger von der Lebenshilfe Horb-Sulz freuen sich auf "Neuzugänge" im Netzwerk für Eltern mit besonderen Kindern. Foto: Ganswind Quelle: Unbekannt

Horb - Der Schock ist groß, wenn man erfährt, dass das eigene Kind sich nicht wie andere entwickeln wird. Das Netzwerk für Eltern mit besondere Kindern soll unterstützen und Kraft geben

Horb - "Plötzlich ist das Leben ganz anders", sagt Barbara Rauschenberger. Der Schock ist groß, wenn man erfährt, dass das eigene Kind sich nicht wie andere entwickeln wird. Das Netzwerk für Eltern mit besondere Kindern soll unterstützen und Kraft geben.

Barbara Rauschenberger, Vorsitzende der Lebenshilfe Horb-Sulz, hat selbst diese Erfahrung gemacht, wie es ist, wenn das Leben von einen auf den anderen Tag auf den Kopf gestellt wird. Als bei ihrem Sohn das Down-Syndrom diagnostiziert wurde, war ihr bewusst, dass sich vieles ändern wird. Vorbereitet ist man auf diesen neuen Lebensabschnitt nicht. Wenn heutzutage komische Bemerkungen fallen, erzählt sie, dann trifft sie das immer noch, obwohl sie sehr gefestigt und gelassen wirkt, wenn es um die Behinderung ihres Sohnes geht. Denn er wächst so normal wie möglich auf, hat eine enorme Entwicklung hinter sich und will selbst als ganz normaler Junge wahrgenommen werden, wie Rauschenberger erzählt.

Manchmal wissen die Eltern am Anfang gar nicht, dass sie ein besonderes Kind haben. "Einige werden gesund entlassen und erst vier Wochen später wird es offensichtlich, dass etwas nicht stimmt", erzählt Rauschenberger. Und am Anfang, wenn es sich nicht gleich um eine spezifische Diagnose handelt, dann, so berichtet Andrea Kipp-Steidinger aus Vöhringen, Vorstandsmitglied in der Lebenshilfe Horb-Sulz, denke man: "Das holt er sicher alles auf."

Niemand können sich tatsächlich in die Situation hineindenken

Das eigene Umfeld, so sehr es sich bemüht, könne nur schwer verstehen, was dieser neue Lebensabschnitt wirklich bedeute, berichtet Barbara Rauschenberger. "Es bringt zum Beispiel nichts, etwas schön zu reden." Auch könne sich niemand tatsächlich in die Situation hineindenken, der nicht selbst betroffen ist.

Wirklich verstehen können wohl nur diejenigen, die selbst betroffen sind. Deshalb wurde im September 2003 eine Selbsthilfegruppe für Eltern mit besonderen Kindern ins Leben gerufen. Eine Gruppe, in der ein gegenseitiger Austausch über Erfahrungen, Sorgen und Ängste, aber auch praktische Tipps für den Alltag, zum Beispiel Therapieformen, Frühförderungen oder die Suche nach der geeigneten Schule, möglich ist. "Wenn ich versunken bin im Selbstmitleid, werde ich nicht verurteilt, weil alle anderen in dieser Gruppe auch solche Tage haben", ist eine der Erfahrungen, die Rauschenberger und Kipp-Steidinger im Netzwerk gemacht haben. Das Gefühl, nicht allein zu sein, dass jemand zuhört oder einfach nur selbst anderen zuhören – all das kann Kraft und neue Perspektiven geben.

"Das fängt schon mit der Frage an, welcher Arzt mein Kind am besten behandeln kann", berichtet die Vorsitzende. Denn manche Krankheiten sind selten, sodass nur Spezialisten die besten und neuesten Therapiermöglichkeiten wissen. Oder die Kindergarten- und Schulfrage. "Integration ist wichtig, aber es muss zu dem Kind passen." Manche Kindergartenstrukturen können zum Beispiel stimmen, aber wenn es sich beim Integrationshelfer um einen Ein-Euro-Jobber handle, dann könne dieser gar nicht die nötigen Qualifikationen mitbringen.

Viele Fragen gibt es also, die im Netzwerk behandelt werden können. Doch die Kinder der ersten "Netzwerk-Generation" sind größer geworden. Sie gehen in den Kindergarten oder in die Schule. Für Barbara Rauschenberger und Andrea Kipp-Steidinger ist das der Anlass, wieder verstärkt auf die Möglichkeit des Austauschens in kleiner Runde aufmerksam zu machen und Eltern, die erst kürzlich ein besonderes Kind bekommen haben, für das Netzwerk zu gewinnen.

Aber auch Eltern mit älteren oder erwachsenen Kindern seien eingeladen, sich auszutauschen und andere Eltern kennenzulernen. Einmal im Monat findet ein Treffen in den Räumen der evangelischen Kirchengemeinde in Dettingen statt, abwechselnd an einem Mittwoch oder an einem Freitag. "Wir versuchen, im Rahmen unserer Möglichkeiten zu helfen. Wir sind zwar keine Fachleute, haben aber im Leben schon einiges dazugelernt", erklären die beiden Initiatorinnen. Und diese Lebenserfahrung kann manchmal viel hilfreicher sein.

Weitere Informationen:

Kontakt zum Netzwerk: Barbara Rauschenberger, Telefon 07486/7004, E-Mail abf.rauschenberger@t-online.de; Andrea Kipp-Steidinger, Telefon 07454/40429, andrea.kipp-steidinger@t-online.de

Von Florian Ganswind