Die Horberin Rameza Bhatti öffnet eine Tür zum Dialog der Religionen. Foto: Müssigmann

Rameza Bhatti organisiert interreligiösen Dialog. 20-Jährige regt Austausch unter Frauen an.

Horb - Nach den Anschlägen in Paris und Brüssel, wo Terror im Namen des Islam verbreitet wird, will die Horberin Rameza Bhatti von Frieden berichten. Die 20-jährige organisiert ein Treffen, bei dem Christen, Muslime und andere Gläubige sich gegenseitig Fragen stellen können.

"Die wahren Lehren des Islam gehen verloren", sagt Rameza Bhatti. Die junge Frau trägt Kopftuch und eine Henna-Malerei auf dem Handrücken. Sie studiert in Tübingen Soziologie und Politikwissenschaften und verteidigt ihren Glauben, der eine Friedensbotschaft in sich trage, mit Leidenschaft.

Sie will an festgefügten Bildern in den Köpfen von Christen und Muslimen über die jeweils andere Religion rütteln. "Vieles erfährt man über die Medien, hat aber keine Möglichkeit, Fragen zu stellen. So entsteht eine Mauer zwischen den Leuten", sagt sie.

Sie schreibt einen Blog für die Internetzeitung Huffington Post. Ihre Beiträge tragen Überschriften wie: "Ich bin ein Muslim und bin kein Terrorist!" Ihre Texte werden in bis zu 100 Kommentaren diskutiert. "Ich erlebe da auch Kritik, nicht niveauvoll, sondern hasserfüllt. Das besorgt mich." Weil sie immer das Gespräch gesucht hat, vor allem mit ihrer Freundin, die katholisch ist, will sie andere in diesen Dialog einbinden, den sie als bereichernd empfindet. "Wir haben uns gedacht: Wenn wir das können, warum können das andere nicht?" Sie hat christliche Kirchengemeinden in Horb angeschrieben und die muslimischen Vereine und Gemeinden in der Stadt – ihre Idee: ein Gesprächstreffen. Nach einiger Zeit hat sich die katholische Gemeinde in Bildechingen zurückgemeldet und interessiert gezeigt.

Anne Zimmermann hat damals die Antwortmail auf Rameza Bhattis Anfrage geschrieben und sagt: "Ich fand es schön, da können wir unsere Sicht erzählen und was von anderen mitbekommen." Gerade jetzt, wo Deutschland viel Zuwachs von Muslimen bekomme, gebe es Anlass, sich dafür zu interessieren: "Was glauben die eigentlich?"

"Interreligiöse Projekte finde ich sehr wichtig und in der aktuellen politischen Situation immer wichtiger. Sie sind übrigens auch in der Satzung des Synagogenvereins festgeschrieben", sagt Barbara Staudacher vom Förderverein Ehemalige Synagoge Rexingen. "Mich hat es deshalb sehr gefreut, dass es von muslimischer Seite eine Initiative dafür gibt, zumal es nicht leicht ist, muslimische Frauen dafür zu gewinnen." Sie habe deshalb sofort zugesagt, dass ein solches Treffen im Betsaal stattfinden kann.

Rameza Bhatti hat pakistanische Wurzeln und gehört zur Ahmadiyya Muslim Gemeinde, einer Reformgemeinde im Islam. Die nächste Gemeinde liegt in Calw, die Moschee steht in Weil der Stadt. Bhatti wurde nicht besonders streng muslimisch erzogen, wie sie erzählt. Stattdessen hat sie sich selber mit ihrem Glauben auseinandergestzt und sich bewusst für ein gläubiges Leben entschieden. Vor eineinhalb Jahren hat sie angefangen, Kopftuch zu tragen. "Ich will durch mein Kopftuch symbolisieren, dass ich eine gläubige Frau bin", sagt sie.

Sie richtet die Einladung zum Gesprächsabend nur an Frauen – warum? Weil sie die Frauen ihrer Ahmadiyya-Gemeinde dazu aktivieren wollte, mal auf eigene Faust eine Veranstaltung organisieren. Oft stünden die Männer in der ersten Reihe. Auch bei der Kontaktaufnahme mit dem türkischen Kulturzentrum Altheimer Straße in Horb sei es schwer gewesen, die Frauen zu erreichen. Aber Rameza Bhatti hat es geschafft und ein buntes Organisationsteam aus Frauen zusammengeführt. Außerdem findet sie: "Man kann unter Frauen eher reden als unter Männern."

Was erwartet sich die 20-Jährige vom Gesprächsabend? Sie fände es schön, wenn viele Fragen gestellt werden, wenn man sich besser kennenlernt und Kontakte knüpft – über die Grenzen der Religion hinweg. Der Abend soll ein Anfang sein. "Die Gespräche sollen weitergehen, ich möchte noch größere Veranstaltungen planen."

Iris Müller-Nowack, Leiterin der katholischen Erwachsenenbildung im Kreis, hatte für die Bildechinger Kirchengemeinde bei der Diözese um Informationen zur Ahmadiyya Gemeinde angefragt. "Da hat man uns bestärkt, die Gemeinde sei um Frieden und Barmherzigkeit bemüht", berichtet sie. Sie begrüßt den Austausch. Für die christlichen Teilnehmer sei es eine Herausforderung, die eigenen Werte zu benennen und zu erklären, was und wie sie glauben, weil Glaube hierzulande öffentlich kaum diskutiert werde.

Info

Der interreligiöse Gesprächsabend "Wie glaube ich? Wie lebe ich?" findet am Freitag, 22. April, ab 19 Uhr im Museum Jüdischer Betsaal, Fürstabt-Gerbert-Straße 2 in Horb, statt. Der Eintritt ist frei. Der Abend wird von der katholischen Kirchengemeinde Bildechingen, dem Türkischen Kulturzentrum Altheimerstraße Horb, der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde Calw und dem Museum jüdischer Betsaal organisiert. In der Einladung, die sich an Frauen jeden Glaubens richtet, heißt es: "Durch aufschlussreiche und ungezwungene Gespräche möchten wir den Dialog anregen, eventuell bestehende Vorurteile abbauen und Raum geben, interreligiöse Kontakte zu knüpfen."