Die 39-Jährige wurde von ihrem Stalker auf Schritt und Tritt verfolgt. Einmal lauerte er ihr sogar mit einer Axt auf. Foto: Paul Maguire/ Shutterstock

38-Jährige gab aus Angst vor 39-jährigem Verfolger den Arbeitsplatz auf. Gefährliche Attacke mit Auto in Eutingen.

Horb - Er verfolgte sie auf Schritt und Tritt, zeigte sich ihr mit Baseballschläger und Axt – und dann kam es noch schlimmer. Ein 52-Jähriger Arbeiter aus einem Horber Teilort, der heute im Kreis Böblingen wohnt, muss sich wegen einer Reihe von Vorwürfen vor dem Amtsgericht verantworten: gefährliche Körperverletzung, vorsätzlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Nötigung und Beleidigung.

Opfer war eine 39-jährige Industriekauffrau aus Eutingen. Im Lauf des Verfahrens stellte sich heraus, dass es bei dem Vorwurf um Stalking im höchsten Stadium ging. Stalking heißt absichtliches, hartnäckiges Verfolgen oder Belästigung einer Person, die dadurch körperliche und seelische Schäden erleiden kann.

Psychoterror, in diesem Fall begangen von einer Person, die an einer paranoiden Störung leidet. So lautet das Ergebnis eines Gutachters. Der Sachverständige schlug außerdem eine stationäre Begutachtung des Angeklagten in einer Psychiatrie vor, um ihn diagnostisch einzuschätzen.

Auf Schritt und Tritt verfolgt

Seit 2009 terrorisierte der 52-Jährige sein Opfer. So verfolgte er die Frau auf Schritt und Tritt mit dem Auto, beleidigte sie mit schlimmsten Worten, schwärzte sie beim Jugendamt mit der Behauptung an, sie schlage die Kinder, und verbreitete, dass sie der Prostitution nachgehe. Mit einem Baseballschläger bewaffnet, kam er an ihre Arbeitsstelle, zeigte sich ihr mit einer Axt, behauptete, ein sexuelles Verhältnis mit ihr zu haben, sagte, sie habe sein Konto geplündert und bedrohte auch ihren Lebensgefährten. Dazu kam dann noch Telefonterror.

Das Opfer musste die Arbeitsstelle aufgeben und die Telefonnummer wechseln. Der Terror ging bis 2011, als es der Frau und ihrem Lebensgefährten gelang, eine einstweilige Verfügung gegen den Angeklagten (Gewaltschutzgesetz) zu erwirken.

In der Reihe von Vorfällen, die dem Angeklagten zur Last gelegt werden, gab es einen Höhepunkt, der für die Entscheidung des Gerichts jetzt wesentlich ist.

Es war am Dienstag, 20. November 2012, gegen 17.30 Uhr. Die 39-Jährige, ihr Lebensgefährte und zwei Kinder gingen von Göttelfingen in Richtung Eutingen spazieren. Mit dabei war ein befreundetes Ehepaar mit zwei kleinen Kindern und einem Kinderwagen. In der Erinnerung der Beteiligten war es ein schöner Tag mit schönem Sonnenuntergang – bis der Angeklagte mit seiner auffallenden, großen Luxusklassen-Limousine auftauchte.

Opfer bricht vor Gericht in Tränen aus

Er fuhr an der Personengruppe, die hintereinander am Fahrbahnrand ging, vorbei, wendete dann und fuhr mit hoher Geschwindigkeit und aufgeblendeten Scheinwerfern auf die Gruppe zu. Das Stalkingopfer hatte schon beim Vorbeifahren des Autos erkannt, dass ihr jahrelanger Peiniger hinterm Steuer saß.

Die Gruppe suchte ihr Heil in der Flucht auf einen Grünstreifen und eine Wiese. Der Lebensgefährte des Opfers wurde vom Fahrzeug gestreift, als er sich schützend vor die Personengruppe stellte. Ein Zeuge sagte: "Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn eines der kleinen Kinder falsch reagiert hätte und in die falsche Richtung geflüchtet wäre." Der Lebensgefährte wurde erheblich am rechten Arm verletzt, erlitt ein Schleudertrauma und war vier Wochen krank. Die Kinder haben geschrien und waren auch zu Hause nicht zu beruhigen.

Der Angeklagte und sein Verteidiger machten keine Angaben. Den Vorschlag des Verteidigers, sich freiwillig einer Begutachtung zu unterziehen, quittierte der Angeklagte mit Kopfschütteln. Vorladungen des Sachverständigen hatte er zuvor ignoriert.

Das Opfer schilderte unter Tränen die Tat, beruhigte sich und brach wieder in Tränen aus, als der Verteidiger Details erfragte und in Zweifel stellte. Die Zeugen konnten nur immer wieder sagen, dass es ein Geschrei war, dass die Kinder heulten und sie schnell nach Hause wollten.

Der Angeklagte reagierte auf die Aussagen vor Gericht mit Kopfschütteln und Grinsen, insbesondere bei der Aussage einer Zeugin, dass "die Kinder nur noch geheult" haben. Der Angeklagte sagte zum Schluss: "Jetzt reicht’s. Es hängt mir zum Hals raus." Sein Verteidiger: "Er fühlt sich über den Tisch gezogen."

Der Verteidiger stellte den Tatablauf immer wieder in Frage und bezweifelte die Verletzungen des Lebensgefährten. Er stellte drei Beweisanträge: ein verkehrssachverständiges Gutachten, die Inaugenscheinnahme des Tatorts und ein medizinisches Sachverständigengutachten über die Verletzungen des Lebensgefährten.

Der Prozess mit Richter Christian Ketterer und seinen Schöffen wird am kommenden Dienstag fortgesetzt. Dann wird es um das rechtsmedizinische Gutachten eines Sachverständigen gehen, der den Angeklagte beurteilt hat.