Der neue Solarpark bei Nordstetten wird »angebaggert«: Spatenstich war vergangenen Woche, und die ersten Gerüste für die Module stehen bereits. Foto: Hopp

Beim Solarpark Reute nicht zum Zuge gekommen und jetzt stocksauer: Chef von DEGERenergie.

Horb - Ist der Solarpark Reute eine planerische und politische Mogelpackung mit Billigmodulen? Argumente dieser Art führt Artur Deger ins Feld, Geschäftsführer des gleichnamigen Horber Solarsysteme-Herstellers. Er hat einen kritischen offenen Brief geschrieben. OB Rosenberger weist die Vorwürfe zurück.

"Natürlich bin ich als Geschäftsführer von DEGERenergie in dieser Sache nicht unbefangen", räumt Deger ein. Das Unternehmen mit Firmensitz im Heiligenfeld hatte sich erfolglos um die Realisierung des Solarparks beworben. Die Bauarbeiten an der Anlage auf dem Gelände der Erddeponie Reute haben vergangene Woche begonnen. Auf der 61 000 Quadratmeter großen Fläche sollen 111 Solarmodule aufgestellt werden, es wird die größte Anlage ihrer Art im Landkreis, Betreiberin ist die Energie Horb a. N.ckar GmbH.

Diese will die Bürger an dem Projekt beteiligen. "In diesem Zusammenhang ist die Rede von ›etwas über 6 Prozent‹ Rendite. DEGERenergie hatte ein Angebot abgegeben, in dem wir 9,2 Prozent Rendite angeboten hatten", argumentiert Deger. Er fragt: Realisieren Horb und Tübingen nun ein weniger rentables Projekt oder wird die Rendite nicht komplett an die investierenden Bürger weitergegeben?

Degers zweite kritische Frage bezieht sich auf die Qualität der Anlage. Bei der Ausschreibung sei Wert auf Qualität gelegt worden. Deshalb habe sein Unternehmen nur "sehr leistungsfähige deutsche und europäische Komponenten" einkalkuliert. Die Module machen den Löwenanteil der Kosten aus.

Billigmodule aus China?

Degers dritte Frage, gerichtet an Oberbürgermeister Rosenberger und die Geschäftsführer von Energie Horb am Neckar, lautet: "Warum haben Sie sich vor diesem Hintergrund dennoch für Billigmodule aus China und Wechselrichter aus den USA entschieden, wo doch exzellente und leistungsfähigere Qualität im Lande produziert wird?"

Finanzieren die deutschen Stromverbraucher chinesische Billiganbieter? Laut Deger ja, wenn auch nicht direkt. "Die deutschen Stromverbraucher finanzieren über den ständig steigenden Strompreis die Einspeisevergütung. Diese Vergütung fließt in die Finanzierung dieses Projekts ein. Konkret finanziert damit der deutsche Stromkunde über die nächsten 20 Jahre Hersteller in den USA und in China, während Wettbewerber hierzulande, die hervorragende Produkte liefern, Konkurs anmelden müssen." Daraus leitet er seine nächste Frage ab: "Sollten solche Überlegungen gerade bei kommunalen Projekten und angesichts geplanter Bürgerbeteiligung nicht auch eine Rolle spielen?"

Deger ist stocksauer auf die Stadt und macht keinen Hehl daraus: "Um es klar zu sagen: Ich bin enttäuscht, dass die Stadt Horb ein solches Projekt realisiert und dabei das Knowhow und die nachweislich hoch effizienten Lösungen des ortsansässigen Weltmarktführers für solare Nachführung nicht nutzt. Die Wertschöpfung unseres Unternehmens kommt über Gewerbesteuerbeiträge in erheblicher Höhe der Stadt Horb und ihren Bürgern zugute. Es sieht ganz danach aus, als müssten wir diese Wertschöpfung weiterhin im Ausland betreiben."

Oberbürgermeister Peter Rosenberger weist die Vorwürfe Degers zurück. Genaue Zahlen zur Kalkulation des Solarparks und weitere Einzelheiten will er heute bekannt geben. Im Vorfeld sagte der OB gestern auf Anfrage des Schwarzwälder Boten, die Energie Horb sei verpflichtet, das Projekt wirtschaftlich erfolgreich zu führen. "Das wäre mit dem von Deger vorgelegten Angebot nicht möglich gewesen."

Zum Vorwurf des Einbaus ausländischer Module sagte Rosenberger: "Deger hatte selbst auch keine deutschen Module, sondern norwegische angeboten." Die Wertschöpfung für die Energie Horb (und damit auch für die Region) liege nicht im Investitionsgut, sondern in der Stromproduktion über 20 bis 25 Jahre, so Rosenberger, der auch dem Vorwurf der Billigmodule entgegentritt: "Die verwendeten Solarmodule sind hochwertig und werden von anderen Projektentwicklern auch für Anlagen von Bürgerenergiegenossenschaften in Deutschland eingesetzt; sie werden zusätzlich während des Baus auf ihre Qualität getestet. Der Solarmodulhersteller ist Kooperationspartner von Daimler."

Das Vergabeverfahren, so Rosenberger weiter, war transparent. "Der Firma Deger waren zu jeder Zeit die Bedingungen der Ausschreibung und die Kriterien, die zur Vergabe führten, bekannt."

Als Unternehmen in 100-prozentiger kommunaler Trägerschaft sei die Energie Horb am Neckar ans Vergaberecht gebunden, so Rosenberger. Dieses setze enge Regeln: kein Wettbewerber dürfe diskriminiert werden. "Das Vergaberecht schützt die Bieter vor Willkür der Auftraggeber, andererseits schützt es durch den Wettbewerb den Auftraggeber vor überhöhten Preisen. Eine Vergabe an DEGERenergie hätte bei Widerspruch anderer Bieter zu Schadensersatzforderungen geführt. Ein Vertrag mit Deger-Energie wäre nach Vergaberecht ungültig gewesen."

Und: "Der regionale Aspekt ist im Rahmen des Vergabeverfahrens bis an die Grenze des Zulässigen ausgeschöpft worden."