Geschichte: Zu Gast im einstigen Verwaltungsmittelpunkt der vorderösterreichischen Grafschaft Hohenberg

Die Jahresexkursion des Kultur- und Museumsvereins Horb bildete den Auftakt zur Veranstaltungsreihe "Städte in der vorderösterreichischen Grafschaft Hohenberg".

Horb. Die Exkursion wurde von den beiden Vereinsvorsitzende Joachim Lipp und Heinrich Raible organisiert, die die Exkursionsteilnehmer mit der Kulturbahn nach Rottenburg geleiteten.

Der erste Besuch der Veranstaltungsreihe galt der um 1280 von Graf Albrecht II. von Hohenberg gegründeten Stadt Rottenburg, die nach 1381 zum Verwaltungsmittelpunkt der vorderösterreichischen Grafschaft Hohenberg ausgebaut wurde. Die Grafschaft zählte mit der Markgrafschaft Burgau, der Landvogtei Schwaben und der Landgrafschaft Nellenburg zu den vier großen Verwaltungseinheiten Schwäbisch-Österreichs. Diese Teilterritorien waren zunächst untereinander nicht verbunden und unterstanden einzeln direkt dem Erzherzog von Österreich-Tirol sowie der oberösterreichischen Regierung in Innsbruck, das bis 1752 Landeshauptstadt war. Eine Verwaltungsreform unter Maria Theresia trennte die Vorlande insgesamt von Innsbruck, und Freiburg im Breisgau wurde zum neuen Sitz der Regierung Vorderösterreichs, das mit dem Frieden von Pressburg im Jahr 1805 von der politischen Landkarte verschwand.

Zu Beginn der Erkundung stand eine Besichtigung des ehemaligen Chorherrenstifts St. Moriz in Rottenburg-Ehingen auf dem Programm. Hier begrüßte Martha Engstler, die in Rottenburg auch als Nachtwächterin aktiv ist, voller Freude ihre beiden Nachtwächterkollegen aus Horb. Sie führte durch den gotischen Innenraum der St.-Moriz-Kirche, die durch ihre Säulen- und Obergadenfresken eine besondere kunsthistorische Bedeutung besitzt.

Besonders beeindruckend war die Tumbadeckelplatte des Grafen Rudolf I. von Hohenberg, dem es 1319 gelang, durch Tausch mit seiner Nagolder/Wildberger Verwandtschaft die Stadt Horb in den Besitz der Rottenburger Hauptlinie einzugliedern. Das Ableben seiner zweiten Frau Irmengard von Württemberg im Jahr 1329 bildete für Rudolf I. wohl den direkten Anlass zur Gründung des Chorherrenstifts an der Morizkirche, die von ihm zuvor schon als Erbbegräbnisstätte der Rottenburger Linie auserkoren worden war.

Den Abschluss der Kirchenbesichtigung bildete der Besuch des dortigen Stiftsmuseums im Obergeschoss der zweigeschossigen Ulrichskapelle. Hier konnten an den Wänden Holzskulpturen und in den Vitrinen Sakralgeräte bestaunt werden, die in Horb leider nur in einem Tresor verwahrt werden können und deshalb für die Öffentlichkeit so gut wie unzugänglich sind.

Nach dem Mittagessen traf man sich vor dem Rottenburger Dom, und Rosemarie Sieß-Vogt führte in Gestalt der Getrud von Hohenberg durch die Neckarstadt. Die Stadtführerin outete sich als Nichte des Pfarrers Wendelin Sieß, der bis zu seinem Tod als Hausgeistlicher im Horber Altenpflegeheim Ita von Toggenburg tätig war und sich ob seiner vielen Nichten als "vernichteter Priester" bezeichnete.

Gertrud von Hohenberg war die Schwester des Rottenburger Stadtgründers, der 1298 sein Leben im Kampf für die habsburgische Thronfolge auf den Leinstetter Kreuzwiesen gelassen hatte und im Hauskloster Kirchberg begraben ist. Als Gemahlin des Königs Rudolf von Habsburg wurde sie zur Stammmutter aller habsburgischen Könige und Kaiser.

In lebendiger Weise verstand es die kostümierte Stadtführerin über die einstig vorderösterreichische Geschichte zu berichten und führte die Exkursionsteilnehmer auf den Gaisholzturm, von dem man einen herrlichen Blick über die Dächer von Rottenburg hatte. In der Turmstube lud die zur Königin Anna gekrönte Hohenbergerin zu einem Gläschen Marillenlikör. Die Marille, sprich Aprikose, zählt zu den Rosengewächsen und ist bis auf den heutigen Tag ein wichtiger Brennereirohstoff in Österreich.

Zum Schluss führte der in Rottenburg wohnhafte Peter Wagner, den man in Horb als Fachmann für hohenbergische Geschichte kennt, die Teilnehmer noch in seine Scheuer, in der er nochmals die Geschichte der Grafen von Hohenberg in Bildern lebendig werden ließ. Nach einem äußerst erlebnisreichen Tag kehrten die Exkursionsteilnehmer mit der Kulturbahn wieder zurück nach Horb.