Rund 70 Personen hatten sich am Samstagabend bei Eiseskälte zum einstündigen Adventsumgang der Horber Nachtwächter vor dem Rat- und Wachthaus eingefunden und waren nicht nur vom weihnachtlichen Glanz des Horber Marktplatzes tief beeindruckt. Foto: Kultur- und Museumsverein Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Die Nachtwächter sorgen beim Umgang für eine kurze Belebung des Marktplatzes

Hor b. Wenigstens für kurze Zeit war während des Horber Advents am Samstagabend auch der heimelige Horber Marktplatz belebt. Rund 70 Personen hatten sich hier vor dem Rat- und Wachthaus zu einer Stadtführung der besonderen Art eingefunden, denn die Nachtwächter vom Kultur- und Museumsverein hatten mal wieder beim Horber Advent zu einem Umgang durch die weihnachtlich beleuchtete Altstadt geladen.

Bei der Nachtwächterführung durch die von vielen Lichtern bestrahlte Altstadt präsentierten Heinrich Raible, Bruno Springmann und Joachim Lipp vor den vier ehemaligen Horber Klöstern schwäbische Weihnachtsgedichte von Helmut Engisch. Mit den Spenden der Umgangsteilnehmer wollen die drei Herren dieses Mal zur Unterhaltung des Jakobuswegs Horb-Loßburg und der Pilgerherbergen in Ihlingen und Leinstetten beitragen.

Noch vor der Begrüßung der Gäste stattete Vereinskassierer Stefan Reichel die anwesenden Kinder mit Teelichtlaternen aus, und die Nachtwächter machten ihre erste Station auf dem Buß vor dem ehemaligen Franziskanerinnenkloster. Dort wurde bis zur Säkularisation im Jahr 1780 besonders der heilige Josef verehrt, der als "Mann am Rande" trotzdem in den österreichischen Landen zum Hausheiligen der Habsburger erkoren worden war. Die Josefsverehrung kam im Klostersiegel der Horber Franziskanerinnen zum Ausdruck, deren Siegelbild Marias Ehegespons mit dem Jesuskind zeigte.

Auch in dem vorgetragenen Gedicht "Z’ Bethlehem em Kreiz" spielt der Ziehvater Jesu nur eine Nebenrolle, und nach den schwäbischen Versen von Helmut Engisch hatte es die heilige Familie eigentlich den Stammtischbrüdern des Gasthauses Kreuz zu verdanken, dass sie wenigstens im Stall des Kreuzwirts untergekommen ist. Über das daraus folgende Wunder von Bethlehem "hot mr’s lang no ghett. On d’ Stammdischbrüeder send bloß no mit a’ ma Heil’geschei’ ens Bett."

Im Burggarten, der von 1758 bis zur Klosterauflösung im Jahre 1806 im Besitz der Horber Dominikanerinnen war, berichteten die Nachtwächter, dass sich neben der Verehrung der Maria vom Guten Rat in der so genannten Weißen Sammlung auch die Verherrlichung des himmlischen Trösterleins fand, an die in Horb noch ein prunkvoll gewandetes, stehendes Jesuskind erinnert. Der Kult der Kindheit Jesu besaß in den mystisch geprägten Frauenklöstern eine lange Tradition. Vielfach stellten sich die Nonnen solch ein "Trösterlein" in die Zelle.

Deshalb befasste sich das zweite schwäbische Weihnachtsgedicht mit dem Geschehnissen "z’ Bethlehem em Schopf". Als die drei Weisen aus dem Morgenland dort ihren Besuch abstatten, wundert sich der heilige Josef über die üppigen Geschenke und weist die heiligen drei Könige darauf hin, um was es an Weihnachten eigentlich geht: "Es goht oms Kendle, net oms Sach, ond dass an Friede isch statt Krach."

Vor dem Kollegiatstift Heilig Kreuz erinnerten die Nachtwächter daran, dass sie für das traditionelle Horber Zehnuhrläuten am Thomastag, also zwei Tage vor dem Heiligen Abend, von der Stadt extra belohnt wurden. Die Thomasnacht zählte zu den Raunächten, in denen die bösen Geister besonders lange wirksam sein konnten. Der Alkoholkonsum war in dieser Nacht deshalb besonders hoch, weshalb man den Morgen danach auch den "Kotzmorgen" nannte.

Vor der Stiftskirche stimmten die Nachtwächter ein "ander Lied zur Weihnachtszeit" an, nachdem der Schnee ganz im Sinne der Idealvorstellung von einer weißen Weihnacht alle Nöte auf Erden bedeckt und das Paradies so nah scheint. Doch die letzte Strophe des Liedes von Helmut Engisch endet mit folgenden Versen: "Bedenke wohl, du Menschlein klein: Der Schnee wird bald geschmolzen sein."

Ihre letzte Station machten die Nachtwächter auf dem Burgstall, wo sie an das 1656 erbaute Kloster der Minderen Brüder erinnerten, aus dem später das Horber Krankenhaus hervorgegangen ist. Die Franziskanerpatres brachten die Weihnachtskrippe nach Horb. Und damit die Neckarstädter zwischen Weihnachten und Dreikönig nicht wie Ochs und Esel in der Gegend herum stehen, gaben die Nachtwächter noch ein paar Ratschläge mit, die Helmut Engisch nach den Tagen der Heiligen aus dem Bauernkalender geschöpft hat. So gilt für den 2. Januar folgende Regel: "Schmilzt an Sankt Odil’ das Eis, die Bäu’rin in die Kissen reiß! Doch knackt an Sankt Odil’ der Frost, halt, Bauer, dich an deinen Most!"