Christina Lux und ihr kongenialer Freund Oliver George beim Gig in Horb Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Christina Lux kombiniert gekonnt Spielfreude mit der Lust auf Überraschungen / Gnadenlose Offenherzigkeit erstaunt

Horb. Hingehauchte Tagträume, sparsam instrumentalisiert und immer improvisiert, das ist die musische Sprache von Christina Lux, die nach längerer Abstinenz – genauer gesagt nach fünf Jahren – mal wieder einen Abend im Horber Kloster einschob.

Dass die musikalischen Wurzeln von Christina Lux beim Jazz zu finden sind, das ist nach wie vor unüberhörbar. Auch bei diesem Auftritt gab es keinen Song ohne kleine Ausflüge in die Welt der rhythmischen Improvisation, kein Lied, das einfach nur so "runtergesungen" wurde. "Instant-Composing", also zu spielen, zu singen und das Lied so zu interpretieren, wie immer es ihr einfällt, das ist sowieso eine Vorliebe von Lux, die sie bei den kleinen, intimen Gigs, wie hier im Kloster, richtig ausleben kann. Hier paarte sich Spielfreude mit Situation und setzt oft neue, erfrischende und überraschende Lichter in das Arrangement. Verzauberte Momente, getragen von Schwermut und Melancholie, ohne Gefahr zu laufen, ins Bodenlose zu versinken. Außergewöhnliches Konzertmomente mit einer charismatischen Künstlerin, die sich ihre charmante Mädchenhaftigkeit auch noch mit mehr als 50 Jahren Lebenserfahrung erhalten konnte. Und sie hatte sich an diesem Abend Verstärkung mitgebracht. Oliver George, ihr Weggefährte seit Teenagerzeiten, der sie an Schlagzeug, Gitarre und Gesang unterstützte, brachte eine weitere Dimension in den Sound von Lux.

"Bewaffnet" waren sie mit fünf wundervollen Gitarren und einem kompletten Drum-Set. Mit dabei hatte die Songwriterin, die heute in Köln lebt, unter anderem ihre uralten Gibson 335, eine halbakustischen E-Gitarre, die durch ihren cremigen Sound auffiel sowie ihre rassigen "Love & Lux-Blondine", einer Lakewood D50 Spezial mit ihren Intarsien im Griffbrett aus der Manufaktur von Martin Seeliger. Fünf Gitarren – fünf völlig andere Grundstimmungen und jede Stimmung genau passend zum jeweiligen Song. Dazu das rauchige Timbre in der Stimme der Sängerin, die mit hohen Kicks ihre ganz besondere Klangfarbe erhält und die ergänzt wurde durch die zurückhaltende und gleichzeitig volle Stimme ihres kongenialen Partners. Da passte einfach alles zusammen.

"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht!" "Dieser Spruch hängt bei mir zuhause am Kühlschrank und schrie mich geradezu an, ein Lied darüber zu schreiben", moderierte sie den Song "Wege" aus ihrem aktuellen Album "Leise Bilder" an und eröffnete damit ihr Horber Konzert. "Wege entstehen dadurch, dass du sie gehst – Wohin sie dann führen, das werden wir schon sehen", heißt es im Text, und in der Live-Version fragte sie ihr Publikum: "Kommt ihr mit?" Und die gut 50 Menschen, die den Weg ins Kloster fanden, folgten der Künstlerin zu allen Orten und Plätzen, die sie an diesem Abend musikalisch besuchte. Sie ließen sich von Balladen und rockig angehauchten Arrangement verzaubern und genossen in Töne gekleidete Lyrik wie beispielsweise die Textzeilen "Du bist das Meer und ich das Land – Du bist das Land und ich das Meer. Wir werden uns nicht verlieren. Und ich wär wieder da, um dich neu zu sehen. Um mit dir durch die Gezeiten zu gehen. Wieder da, um dein Hafen zu sein, Deine Seele zu fluten, endlos…"

Wenn dann so ein begeistertes Mitmach-Zuhör-Publikum im dunklen Saal sitzt, das spontan als leisester Background-Chor den Horb je gehört hat agierte oder als Groove-Schnippser vollen Einsatz bringt, dann kann an so einem Abend eigentlich nichts schiefgehen.

Alltagsgeschichten, Begegnungen mit Menschen, Reflektionen, Sehnsüchte und tiefe Melancholie, Gedankenfetzen, Erinnerungen und Poesie, gekleidet in das dunkle Gewand von Vater Blues, dem flippigen Mantel der Mama Jazz und den bunten Kleidern von Folk und Rock brachte sie auch bei ihrem dritten Auftritt nach Horb mit. Sie spielte, sang, gab ihre Gedanken preis, legte fast einen Seelen-Striptease hin, erstaunte durch gnadenlose Offenheit, nahm die Zuhörer mit eine andere, verklärtere und doch auch ungerechte, harte Welt, schenkte ihnen kleine Momente des Lächelns und ließ diese Eindrücke mit der Kraft und Ausdruckstärke ihrer Stimme durch den Raum schweben. Christina Lux live.