Michael Gaiffi von Engineering für Umwelttechnik GmbH, Umweltminister Franz Untersteller, Bürgermeister Jan Zeitler und Eckhardt Huber (von links), Geschäftführer Energie Horb, besichtigen gemeinsam das Bio-Kraftwerk auf dem Hohenberg. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Umweltminister Franz Untersteller lobt Horbs neues Biomasse-Kraftwerk / "Leuchtturmprojekt des Landes"

Von Jürgen Lück

Horb. "Lassen Sie sich nicht entmutigen von Vogelschwärmen, die das eine oder andere Projekt in Horb verhindert haben." So schwungvoll feuerte Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) das neue Bio-Kraftwerk auf dem Hohenberg an.

Symbolisch natürlich. Denn: Zwar steht schon der neue Holzgasreaktor, der Gasmotor und die riesigen Umwälzpumpen. Aber erst in knapp acht Wochen soll das Teil laufen. Es fehlen noch Rohre und Kabel, damit die Technik wirklich mit dem Feuern starten kann.

Für Untersteller, dessen Ministerium unter anderem mit seiner Stellungnahme zum Windpark Großen Hau dafür sorgte, dass der Flächennutzungsplan gestoppt wurde, ist das neue Projekt von Horb "vorbildlich". "Wir haben die innovative Technik damals mit 300 000 Euro gefördert. Weil der Betrieb in Horb wissenschaftlich begleitet wird, hoffen wir als Land darauf, von den Erfahrungen zu profitieren. Denn alle reden über Klimaschutz. Doch irgendwer muss es umsetzen. Die Kommune ist dabei als Vorbild für die Bürger und Besitzer von Stadtwerken und der Infrastruktur ein wichtiger Partner."

Insgesamt 1,55 Millionen Euro haben die Stadtwerke bisher in die riesigen Maschinen in den ehemaligen Panzerhallen investiert. Und gut eine Million Euro kommen noch drauf.

Marco Eckardt, Geschäftsführer der Firma Cupasol aus Ravensburg: "Im Sommer werden wir anfangen, einen riesigen Wärmespeicher zu bauen." Er hat neun Meter Durchmesser und 23 Meter Höhe. Und hier werden 3,5 Millionen Liter Wasser reingepumpt.

Dafür werden ein paar Panzerhallen abgerissen. Ab Herbst soll dann der Wasserspeicher stehen. Und damit ist das neue Bio-Heizkraftwerk dann komplett fertig.

Gerhard Burkhardt hat den Reaktor gebaut. Er sagt: "Da habe ich ein Patent drauf." Kein Wunder: Schafft es dieser Reaktor doch, aus Holzpellets Gas zu machen, was dann die Turbine antreibt.

Sein System sorgt dafür, dass die Turbine bei der Wärme nicht nur einen Wirkungsgrad zwischen 45 und 55 Prozent hat (normale Heizung: 80 Prozent), sondern auch noch fleißig Strom produziert. Und zwar mit einem Wirkungsgrad von 30 Prozent. Und genau diese Kombi ist sehr effizient. Burkhardt: "Je mehr Strom ich produzieren kann, desto besser."

Vor allem, weil Horb laut Geschäftsführer Eckhardt Huber einen alten Einspeisevertrag hat, mit dem die Stadtwerke noch über 22 Cent pro kw/h bekommen, die sie ins Stromnetz einspeisen.

Dahinter sind dann die Pumpstationen, die über einen Wärmetauscher dafür sorgen, dass die Vorlauftemperatur in den riesigen Fernwärme-Heizungsrohren immer zwischen 70 und 85 Grad haben.

Sehr clever: Der Wärmespeicher von Cupasol soll dafür sorgen, dass auch im Sommer keine Energie, die die Anlage erzeugt, verloren geht. Cupasol-Geschäftsführer Eckardt: "Das Wasser kann hier bis zu 90 Grad aufgeheizt werden, wenn die Abnehmer kaum Wärme benötigen. Das braucht enorme Energie. Und diese Wärme wird im Wasser gespeichert. Damit haben wir einen Wärmepuffer über den Sommer."

Die moderne Öko-Technik – wo liegen die Risiken? Stadtwerke-Chef Eckard Huber: "Wir haben erst einmal kalkuliert, dass der Reaktor jeweils 7000 Stunden läuft." Hersteller Burkhardt kontert: "Wir haben den Ehrgeiz, dass die Anlage mindestens 7500 Stunden läuft." Hintergrund: Weil die Holzpellets zwar zum Glühen gebracht werden, aber nicht brennen, bilden sich Rückstände im Reaktor. Deshalb muss er regelmäßig gesäubert werden.

Und klar, dass Umweltminister Untersteller gespannt ist, wie die Anlage funktioniert: "Ich kann Horb zu diesem Projekt nur beglückwünschen. In Baden-Württemberg sind wir auf einem guten Weg und brauchen Leuchtturmprojekte. Und Horb gehört dazu." Denn: Die Anlage soll 2050 Tonnen CO2 im Jahr einsparen. Sie liefert Strom für 600 Haushalte, Wärme für 300. Im ersten Schritt. Stadtwerke-Chef Huber: "Wir haben die Anlage modular aufgebaut. Bisher sind 270 Abnehmer angeschlossen. Wenn wir ein weiteres Modul installieren, bekommen wir noch mal doppelt soviel versorgt."

Und darauf hofft auch Bürgermeister Zeitler: "Hier in der Kaserne soll nicht ein Rettungszentrum entstehen, sondern auch attraktives Wohnen und Dienstleistung. Weil durch die Nahwärme nicht in eine teure Heizungsanlage investiert werden muss, dürfte der Standort auch für Investoren attraktiver werden."

Und vor dem Besuch am Reaktor hatte es noch ein einstündiges Gespräch im Rathaus gegeben. Zeitler: "Wir haben über unser zukünftiges Windkraft-Engagement gesprochen und darüber, wie wir nach der dreijährigen Anschubförderung für die Energieagentur weitere Folgeprojekte anschieben können."

Das heißt konkret, so Zeitler: "Horb prüft derzeit nicht nur, ob wir auf der Gemarkung Energie aus Windkraft gewinnen können, sondern auch, ob wir uns außerhalb an bestehenden oder entstehenden Anlagen beteiligen."