"In einer unnormalen Zeit an einem ungewöhnlichen Ort", so Ortsvorsteher Ade, tagte der Talheimer Ortschaftsrat zum ersten Mal seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Auch für Zuhörer war es eine gewöhnungsbedürftige Situation.Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Ortsvorsteher Ade berichtet von zunehmender Kritik an Corona-Einschränkungen

Zur ersten Ortschaftsratssitzung nach Ausbruch der Corona-Pandemie hatte Ortsvorsteher Anton Ade sein Gremium in die Steinachhalle eingeladen. Mit der Feststellung, man treffe sich "in einer unnormalen Zeit an einem ungewöhnlichen Ort" eröffnete er die Sitzung.

Horb-Talheim. Ungewöhnlich ist die Halle an sich nicht, nur für Ortschaftsratssitzung ist sie eigentlich eher ungeeignet. Zwar konnte der behördlich geforderte Mindestabstand locker eingehalten werden, doch in der leeren Halle sorgte die Akustik dafür, dass die Wortbeiträge noch schwerer zu verstehen waren als sonst. Zudem schaltete ein Bewegungsmelder immer wieder das Licht aus, sodass man zeitweise im Dunklen saß. Doch zu unnormalen Zeiten muss man eben an einem ungewöhnlichen Ort tagen.

Ade machte gleich zu Beginn der Sitzung auf Abstand und Hygiene aufmerksam und betonte, dass Maskenpflicht bei Unterschreiten des Mindestabstands gilt.

In seiner persönlichen Corona-Bilanz lobte er die Einwohner Talheims, die sich größtenteils an die gesetzlichen Regeln halten und es dadurch wenig Fehlverhalten im Steinachtal gab und gibt. Eine besonders Lob gab es auch für die Krisenstäbe im Landratsamt und in Horb. Über eine Million Euro hätte das Landratsamt allein für Schutzausrüstung investiert, stellte Ade fest. Er bat weiter um das Vertrauen für die Entscheidungstragenden, zu denen er neben den Politikern auch die Ärzte und die Rettungsdienste wie DRK und Feuerwehr zählte. "Hätte man nicht beispielsweise die Einrichtung der Fieberambulanz Dornstetten forciert, dann würde der Landkreis Freudenstadt von seiner Corona-Bilanz her lange nicht so gut dastehen wie jetzt", ist er sich sicher. Er appellierte auch an die Vernunft jedes Einzelnen, da der Virus hochansteckend sei, die Symptome jedoch noch nicht ganz klar seien, und vor allem, weil bislang kein Impfstoff vorhanden sei.

Es war aber nicht nur Lob nach dem Gießkannenprinzip, das der Mann mit den vielen kommunalpolitischen Ehrenämtern aussprach, sondern er beleuchte die aktuelle Situation auch kritisch. Zum Zitat von Bundeskanzlerin Merkel "Es wird eine Zeit danach geben" stellt er sich die Frage, was von den unbedeutenden Dingen, die uns wichtig sind und die uns Freude bereiten, dann noch dauerhaft da ist.

Für Ade steht fest, dass virusbedingte Einschränkungen begründet sein müssen. Und sie müssen, wenn sie nicht hinreichend begründet sind, auch wieder aufgehoben werden. Seine Meinung nach müssten, wenn die Bundesliga spiele, auch viele andere Dinge möglich sein. "Am 2. Juni stehen nun weitere Lockerungen an, trotzdem wird das vielen noch nicht reichen, und es fragen sich zunehmend mehr Menschen, ob ihnen die Vernunft abgesprochen wird", so die Überlegungen von Anton Ade, der ergänzte, dass das Thema Eigenschutz stärker gewichtet werden könnte.

Seine leise Kritik an den vorgegebenen Schutzmaßnahmen formulierte er anschließend noch etwas präziser. "Politik ist Abwägung und Kompromiss, und demokratische Diskussionen und Ermessensentscheidung werden nicht schlechter, wenn alle Bevölkerungsgruppen gehört oder beteiligt werden."

Im letzten Punkt seiner Betrachtungen ging er noch auf die Vereine ein. "Vereine sind für das kulturelle Leben systemrelevant", lautete seine klare Botschaft und gleichzeitig sein Aufruf, die Vereine durch Spenden oder Beitritt/Mitgliedschaft zu unterstützen.

"Wenn wir auch zukünftig eine vielfältige Vereinslandschaft haben wollen, dann müssen wir unsere Vereine jetzt unterstützen. Hier ist jeder Bürger gefragt, zu überlegen, welchen Teil er beitragen kann".

Aus seiner Sicht reichen nämlich die kommunalen Rettungsschirme nicht aus, um die Vereine in ihrer jetzigen Struktur halten zu können. Allein 16 unterschiedliche Vereine kämpfen seit Ausbruch der Pandemie in Talheim ums Überleben. In Horb sind es über 300.