Trotz der Maskenpflicht ist das Interesse der Kunstfreunde bei der Vernissage der neuen Ausstellung im Kloster groß. Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Ausstellung "Volumen – Fläche – Linie" von Gerda Bier, Reingard Glass und Ursula Ploghöft in Klostergalerie eröffnet

Zu einer besonderen Ausstellungseröffnung hatte der Kunstverein Oberer Neckar in seine Galerie im Kloster eingeladen. Besonders deshalb, weil sich gleich drei Künstlerinnen die Ausstellungsräume teilen – und weil es das erste Mal seit Bestehen des Kunstvereins bei der Vernissage eine Einlasskontrolle gab.

Horb. Der junge Mann an der Kont rollstelle wachte mit Argusaugen darüber, dass man auch eine Art Einladung vorzeigen konnte, bevor man in die Ausstellung gelassen wurde. Corona verändert vieles. Und bewirkt, dass man sich nicht zu nahe kommt. An diesem Sonntagvormittag sorgte ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem dafür. Es galt Maskenpflicht in der gesamten Galerie, nur eine genau ausgerechnete Anzahl von Stühlen stand im großen Galeriesaal, und wer dort kein Platz mehr fand, der musste in den Gängen lauschen, was im großen Saal gesagt wurde.

Der Vorsitzende des Kunstvereins begrüßte die Künstlerinnen ebenso wie die Gäste, und Bürgermeister Ralph Zimmermann verwechselte mal wieder ein Grußwort der Stadt Horb mit seinen selbst gezimmerten gesamtphilosophischen Betrachtungen, die er jeweils der Situation anpasst.

Richtig was zu sagen hatten dagegen die Arbeiten der drei Künstlerinnen. Würde man die drei Ladys rüstig nennen, wäre das fast eine Beleidigung. Ursula Ploghöft, Gerda Bier und Reingard Glass strahlen noch immer die jugendhafte Neugierde aus, die sie und ihre Kunst vorwärtstreibt. Da ist keine Spur von einem Spaziergang auf eingefahrenen, bequemen Wegen zu entdecken. Kein Ausruhen auf Erreichtem. Alle drei Damen suchen immer noch nach jeder Verbesserung in ihren Bild- und Figurensprache, nach jeder künstlerischen Nuance und werden scheinbar nicht müde, sie auch in Zukunft zu suchen. Richtig was zu sagen hatte auch die Kunsthistorikerin Claudia Scheller-Schach, die von den drei Protagonistinnen der Ausstellung "Volumen – Flächen – Linien" gebeten wurde, über sie und vor allem über ihre ausgestellten Arbeiten zu sprechen. Die vier kennen sich vom Hohenloher Kunstverein. Dort ist Ursula Ploghöft ebenso Mitglied wie im Horber Verein. Bei vielen Gelegenheiten durfte man hier in der Raumschaft bereits ihre Kunst bewundern, von der Scheller-Schach sagt, dass sie es ihren Betrachtern nicht immer ganz leicht macht. "Einerseits setzt sie Linien-Zeichnung und malerische Mittel sparsam ein, andererseits schafft sie damit doch eine erzählende Bildwelt. Die menschliche Figur spielt im ›Kosmos Ploghöft‹ eine wichtige Rolle. Der Mensch durchquert diesen Kosmos schwebend, lässt ihn hinter sich – seltsam unberührt und hat dennoch Anteil daran", schreibt die Kunsthistorikerin in ihrem Essay. "Von kaum mehr als handgroßen Figuren, die sie aus Ton geformt hat, lässt sich Ursula Ploghöft anregen. Deren Volumen und ihre reale Präsenz bricht sie auf einen linearen Umriss herunter. So hat sie per Abstraktion einen Figuren-Typus geschaffen, der reduziert ist, aber nicht vereinfacht, der fragmentiert und deformiert ist, aber gerade dadurch verdichtet wird zu einer Art Chiffre. Indem Ursula Ploghöft seriell arbeitet – sich auch abarbeitet – gibt sie uns ein Mittel an die Hand, um zu dechiffrieren", so die Kennerin.

Über Glass wusste sie: "Die Arbeiten der in Bad Mergentheim lebenden Künstlerin Reingard Glass sind geprägt von einer Faszination für das Material Papier. Lapidar steht auf der Bilderliste/den Schildchen "Papiercollage", auch mal "Decollage". Aber welche Schaulust bietet sie unserem Auge: eine enorme Bandbreite an grafischen und malerischen Effekten gilt es zu entdecken. Sie erzielt diese Effekte indem sie unterschiedliche Papierqualitäten schichtet und aneinanderfügt. Innerhalb der so entstehenden Serien darf der Zufall mitspielen, und bis zu einem gewissen Grad bleibt der Entstehungsprozess sichtbar", hob die Rednerin hervor, um anschließend viele weitere Details aus der Werkstatt der Künstlerin zu verraten.

Besonders ins Auge fallen in dieser Ausstellung jedoch die plastischen Arbeiten, meist aus Holz und Metall, von der am vergangenen Sonntag mit dem Hohenloher Kunstpreis ausgezeichnete Künstlerin Gerda Bier. "Sie hat in den zurückliegenden fast 50 Jahren künstlerischer Arbeit ein eindringliches, in sich schlüssiges Werk geschaffen". In Horb steht an prominenter Stelle seit einigen Wochen ihr "großer Seelenturm", und in der Galerie des Klosters kann man sich an den wunderbaren Plastiken kaum sattsehen. Im hinteren Kabinett steht beispielsweise ihre "Kreuzfigur", die bei näherer Betrachtung die ganze Bandbreite ihres Handwerks deutlich macht. Unterschiedliche Hölzer wurden hier miteinander verzapft, verbunden, verleimt und geformt und letztendlich mit Metall stabilisiert. "Es fügt sich geradezu organisch dem warmen Holz an; so wird das brüchige Material verankert und bandagiert. Zugleich schränkt die Schutzhülle auch ein und erinnert an Rüstung und Waffen", beobachtete Claudia Scheller-Schach.

Drei ganz unterschiedliche Kunststile, drei unterschiedliche Herangehensweisen verschmelzen in dieser Ausstellung so zu einer großen Gesamtheit.

Weitere Informationen: Die Ausstellung ist noch bis 25. Oktober zu den Galerieöffnungszeiten Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr in der Galerie des Kunstvereins Oberer Neckar zu sehen