Gute Laune bei den "Tüpfelchen"-Kindern: Im städtischen Kindergarten in Bildechingen entstehen zehn weitere Kleinkindplätze. Foto: Hopp

Ab 1. August Rechtsanspruch auf Betreuung: Stadt Horb kann Bedarf decken. Deutlich über Kreisdurchschnitt.

Horb - Ab 1. August hat jedes Kind unter drei Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Viele Kommunen können diese Anspruch nicht erfüllen und sehen eine Klagewelle auf sich zurollen. In Horb aber sieht es gut aus: Es gibt überdurchschnittlich viele U3-Plätze und kaum Wartelisten. Vor dem katholischen Kindergarten St. Leonhard an der Stiftskirche ist um 12 Uhr, als die Eltern ihre Kleinen abholen, Gewusel angesagt. Es wird gelacht. Mittendrin steht Carmen Bodem, ihren Sohn Constantin (3) schon an der Hand, jetzt warten sie noch auf den kleineren Bruder (2). Beide Jungs sind schon im Kindergarten seit sie zwei Jahre alt sind. "Kinder sind heute früher so weit, dass sie in den Kindergarten gehen können", sagt Carmen Bodem. Das liege an den vielen Angeboten: "Pekip und Krabbelgruppe und was es nicht alles gibt", zählt Bodem auf. Sie habe sich also in erster Linie im Interesse der Kinder für den frühen Einstieg entschieden. Dass sie jetzt während der Kindergartenzeit arbeiten kann, ist ein positiver Nebeneffekt.

Bisher haben Kinder von berufstätigen Eltern bevorzugt einen Kindergartenplatz bekommen, wenn es Kapazitätsprobleme gab. Ab 1. August können alle Eltern, ob berufstätig oder nicht, einen Betreuungsplatz für ihre Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einklagen.

In Horb gibt es keinen Grund dazu. "Wir bringen alle unter, die einen Platz wollen", sagt Robert Hermann, Fachbereichsleiter Bürgerdienste in der Stadtverwaltung und zuständig für Kindergärten. Es gibt zum Stichtag 1. August sogar deutlich mehr Betreuungsplätze für die kleinsten Horber als nachgefragt werden (siehe Kasten). Und der Ausbau geht weiter: In Bildechingen entstehen zehn weitere Kleinkindplätze, 20 weitere im Kindergarten Edith-Stein auf dem Hohenberg. Der einzige Kindergarten ohne U3-Bereich ist der in Bittelbronn.

"Es war das Ziel der Stadt, den Kleinkindbereich auszubauen. Man hat in Horb früh angefangen", sagt Hermann. Oberbürgermeister Peter Rosenberger in Person habe zusammen mit dem Gemeinderat einen Ausbau forciert. Vereinbarkeit von Familie und Beruf werde als Standortfaktor immer wichtiger, sagt Hermann.

Als Fernziel wurde einst sogar eine Betreuungsquote von 50 Prozent ausgegeben. "Aber wenn jetzt kein Run auf die Plätze kommt, werden wir nicht weiter Masse schaffen, sondern eher die Betreuungszeiten ausbauen", kündigt Hermann an. In den Kindergärten wächst derweil der Druck auf die Erzieher. Denn nicht überall wurde mit dem Ausbau auch das Personal aufgestockt oder weitergebildet.

Ursula Wollasch, Geschäftsführerin des Landesverbands katholischer Kindertagesstätten, sagt: "Wir sind nicht glücklich über den Rechtsanspruch." Mit dem erzwungenen raschen Ausbau der U3-Betreuung sei die Verantwortung, die auf Erziehern laste, enorm angestiegen. "Pflege, Erziehung, Förderung: Die Erzieherin wird zur sozialen Allrounderin", sagt Wollasch. "In keinem anderen Beruf wurde auf einen Schlag so viel an Erwartung draufgepackt." Entsprechend müsste die Ausbildung reformiert und die Entlohnung angeglichen werden, fordert Wollasch. In der Pflicht, dies umzusetzen, seien Städte- und Gemeindetag in Baden-Württemberg.

"Da kann man sich als Mutter engagieren, wie viel man will"

Denn schon jetzt gebe es zu wenige Erzieher in Baden-Württemberg, sagt Wollasch. "Der Druck auf die Kindergartenleitungen nimmt zu, das macht uns große Sorge."

Dass die Verantwortung für die Kinderbetreuung bei den Kommunen liege, sei gefährlich. "Wenn ein Gemeinderat ein ehrgeiziges Projekt verfolgt, fällt die Kita schon mal hinten runter", beklagt Wollasch. Dass das ehrgeizige Projekt in Horb offenbar die Kitas selbst sind, hat offenbar Seltenheitswert. Im Landkreisvergleich schneidet die Neckarstadt entsprechend gut ab: Im Kreis Freudenstadt liegt die Quote diesen Sommer mit 773 U3-Plätzen bei 27,9 Prozent. Weil zum neuen Kindergartenjahr ab September die Plätze vielerorts noch einmal aufgestockt werden, ist Ende des Jahres im Kreis mit einer Quote von 31,8 Prozent zu rechnen.

Der kleine Constantin Bodem jedenfalls ist glücklich über seine schon vergleichsweise lange Kindergartenerfahrung. Er geht liebend gerne durch die Türe des St. Leonhard-Kindergartens, weil er hier viel mehr Spielkameraden findet als zu Hause. "Da kann man sich als Mutter engagieren wie viel man will", sagt Carmen Bodem. "Die Gruppendynamik lernen die Kleinen am besten im Kindergarten."

Weitere Informationen: Die Zahlen zur Kinderbetreuung werden am Dienstag, 9. Juli, in der Sitzung des Kultur- und Sozialausschusses vorgestellt.