Zum großen Abschluss trafen sich alle Akteure des grandiosen Eröffnungsballes nochmal auf der Bühne. Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Fasnet: Narren sehnen sich nach Platz für ein Candlelight-Dinner

Was ist in der Fasnet schöner, als den Damen und Herren Politikern oder den Besserwissern, Kritikern, Alleszerredern und Leserbriefschreibern, die in Horb geballt aktiv sind, verbal eine mitzugeben – aber auch all den Geschichten, die sich um die Gegebenheiten des Jahres ranken, zu karikieren und zu persiflieren.

Horb. Die Narrenzunft Horb nutzt ihren Eröffnungsball, um den großen Spiegel hervorzuholen und so manche Gegebenheit auf der Insel der Glückseligen – neu: auf dem "demokratischen Todesstern" – ins rechte Licht zu rücken. Natürlich darf auch ein bisschen Verbal-Erotik nicht fehlen, denn je zweideutiger, je eindeutiger die Zustimmung beim Publikum.

Rosis Mannheim-Episode kommt auf den Tisch

So fragte der Bremser von "Bob Marley", ob seine Mitfahrerinnen sein Glücksei küssen wollen, das er stolz in der Hand hielt. "I han gar net gwust, dass man die Denger zum Lüften rausnehmen kann." Auch die Feststellung, dass Senioren wie Mick Jagger, Ron Wood, Jean Pütz oder Clint Eastwood im hohen Alter etwas gegen den Geburtenrückgang tun, wurde genauer hinterfragt. "Stell dir vor, du gohst emm Wald spaziera und siehst an Has. Du legst mit deim Spazierstock an und sagst Peng. Was isch dann, wenn der Has tot umfällt? Dann hot an andera geschossa. Siehst, jetzt host‘s begriffa!"

Die Politprominenz kam auch in diesem Jahr mehr oder weniger ungeschoren davon. OB "Rosi" wurde sein Ausflug nach Mannheim zwar immer noch dick und fett und dies gleich mehrfach aufs politisch unkorrekte Butterbrot geschmiert, doch für den Johnny Cash aus Berlin, für Hans-Joachim Fuchtel, stand von vorneherein fest: "Gegen mi kah ma nix haben und die andere isch net doh." Die "Andere", also Saskia Esken, war in einem Beitrag zumindest eine Randnotiz wert. "Als se kürzlich den Saustall von Christoph Straub besucht, stand am nächsten Tag unter dem Bild in der Zeitung: ›Frau Esken, die dritte von links‹."

Natürlich durfte in keinem der Wortbeiträge das immer noch nicht vorhandene Super-Einkaufszentrum, das "Kaufhaus des Westens", zumindest von Mühlen her gesehen, fehlen; auch wurde der "aufstrebende Einzelhandel" ausgiebig gewürdigt. "Koi Kino, koin Küster, koi Krankenhaus, bloß der Herzog, der isch blieba und grad der sot naus. D’r Kipp isch na Bach und d’r Müller packt au sei Sach", trällerten die "Stäpfeles Spatzen" Mirelle Steigle-Moll, Vicky Vocal und Leroy Leandros alias Ute Karb, Ute (Elke) Straub und Andreas Galsterer, der sich auf offener Bühne in Thomas Kreidler verwandelte und sang: "Wissen, Macht und Sexappeal – Thomas Kreidler, du bist das Ziel. Du hast Visionen für‘d Leut und den Handel, bringst für die Stadt den ersehnten Wandel."

Was es in der Stadt auf jeden Fall genug gibt, das sind Optiker, Fitnesscenter, Döner-Buden und Friseure. Was neben ein paar anderen, völlig nebensächlichen Alltagserleichterungseinrichtungen fehlt, das ist ein schickes Restaurant, wo man sich zum Candlelight-Dinner treffen kann. "Flotte Kellner, exzellente Küche, kulinarische Vielfalt, internationales Flair", hallte es von der Bühne herunter und man konnte bei diesen utopischen Tagträumen locker den Eindruck gewinnen, dass vom "Rastamann vom Neckermann" der zu Dutzenden im Publikum saß, der Marihuanarauch doch etwas zu dick auf die Bühne wehte.

Voll erwischt hatte es auch das Volksmusikduo Marianne und Michael. Im Jahr 2030 hat es sich von Ralph Siegel überreden lassen, für ein Comeback alles auf eine Karte zu setzen. Gelandet sind die beiden auf dem "Todesstern Horb". Vom Citymanager haben sie nämlich erfahren, dass es in Horb keinen Arzt unter 60 Jahren gibt, dafür vier Hörgeräteakustiker, fünf Optiker, fünf Apotheken, zwei Orthopädiefachgeschäfte und eine Geriatrie. Und überall sprießen Altenheime empor.

Kandidiert Munding als Bürgermeister?

Auch gewaltiges Unheil soll sich abzeichnen, wussten die Beiden. "Der Altbürgermeister Munding hat seinen Gemeinderatsfraktionsvorsitz nur abgegeben, weil er um Zeitlers Bürgermeister-Sitz kandidieren will, denn 2017 ist das Horber Super-Wahljahr. Im ländlichen Raum, insbesondere in Betra, Isenburg und Grünmettstetten dürfen in dieser Zeit keine Langnese-Fahnen mehr aufgehängt werden, da sie bei der letzten Landtagswahl dort fast 28 Prozent der Stimmen bekommen haben".

Mit viel karibischem Flair – "Reggae nei, in Horb da brenget mir da Reaggae nei" – und noch mehr Lokalkolorit – "I han gehört in Horb isch alles a bissle klei, selbst in eure Einkaufma-ha-hall passt mer schier net nei" – wirbelte das Vierer-Team von "Bob Marley" über die Bühne und die aus ABBA und Beatles-Resten zusammengewürfelte Super-Truppe "ABBeatles" setzte den musikalischen Schlusspunkt eines tollen Abends, dessen roter Faden nicht nur das Thema war, sondern auch die genialen Filmchen, die Ralf Berger und seine begnadeten Schauspieler auch in diesem Jahr zusammen auf die Video-Leinwand brachten.

Der Eröffnungsball, bei dem jeder Sketch und jedes Lied live gespielt und gesungen wurde, war der Höhepunkt der Saalfasnet und jetzt heißt es: "Spaß uff da Gass". Es goht dagega mit "Narri, Narro und Horrido".