Chor, Streicher und Rudolf Rudolf Hendel am Cembalo, dirigiert von Norbert Gessler, zeichneten in der Liebfrauenkapelle ein virtuoses Klangbild der historischen Kirchenmusik, die in Horb komponiert und teils von Norbert Geßler bearbeitet wurde. Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Projektchor, Ensemble und Solisten machen einige Kapitel der Horber Kirchenmusikgeschichte hörbar

Ein weihnachtliches Konzert der seltenen Art fand in der "Kappel", wie die Liebfrauenkirche in Horb liebevoll genannt wird, statt. Der Projektchor des Martin-Gerbert-Gymnasiums, Instrumental- und Vokalsolisten sowie ein Streicherensemble boten Werke aus der langen Tradition der Horber Kirchenmusikgeschichte.

Horb. Mit dabei waren – neben zwei Bach-Arien und einer barocken Hornsuite – Werke von Martin Gerbert, Leonhard Kleber, von 1516 bis 1518 Stiftsorganist, sowie Alois Stahl, der von 1900 bis 1918 in Horb Stadtpfarrer war und als Orgelvirtuose eine Namen hatte. Außerdem erklangen Weihnachtslieder aus einem Chorbuch des ehemaligen Horber Franziskanerklosters, die Norbert Geßler für diese Aufführung mehrstimmig gesetzt hat. Von Fürstabt Martin Gerbert komponiert, erklang bei diesem Konzert am Samstag in der "Kappel" das doppelchörige Kyrie aus seiner "Missa in Coena Domini".

Diakon Klaus Konrad durfte zu dieser Feierstunde in der altehrwürdigen Kirche eine große Besucherschar begrüßen und freute sich auf eine musikalische Reise durch 500 Jahre mehrstimmige Kirchenmusik, die von einem großen Horber Kirchenmusiker, wie Konrad extra betont, von Norbert Geßler, ehemaliger Musiklehrer am hiesigen Gymnasium, teilweise neu arrangiert, gesetzt und in seiner Gesamtheit für diesen Abend zusammengestellt wurde.

Nach dieser Begrüßung setzte Geßler selbst, zusammen mit Ute Brandmaier, gleich das erste musikalische Ausrufezeichen. Bei der Suite für zwei Hörner und Streicher in F-Dur, komponiert von Jeremiah Clarke, verschmolz der meisterlich gespielte, warme Klang der Blechblasinstrumente bei zwei Menuetten so wunderbar mit den Streichern und der Leichtigkeit des Cembalos, dass es ein großer Genuss war, zuzuhören. Es war die ideale Eröffnung eines großartigen Konzerts. Nach diesem Auftakt marschierten Hornistin Brandmaier und Rudolf Hendel, der bei diesem Konzert als der Mann an den Tasten von Cembalo und Orgel aktiv war, hoch auf die Empore.

Selbst in dieser kurzen Zeit, in der die Töne schwiegen, konnte man die andachtsvolle Konzentration der Zuhörer fast mit Händen greifen. Jeder der Konzertbesucher gab Acht, dass er ja keinen Ton verpasste. Die meisten von ihnen hörten mit geschlossenen Augen die "Fantasy in re" und "Maria zart" von Leonhard Kleber. In der "Fantasy in re" spielte Kleber mit der großen Klangvielfalt der König der Instrumente. Kraftvolle Klangfarben, ergänzt und bereichert durch verspielte Passagen, waren hier zu hören, und bei seinem Stück "Maria zart", hatte der Musiker aus der Renaissance exakt die Botschaft in Noten gefasst, die auch 500 Jahre später noch präzise durchkam. Die Kommunikation der tiefen und hohen Pfeifen klang wie ein Rufen und Antworten und wurde zu einem Reigen voller Wohlklang, der sich langsam und gediegen auf einem Teppich aus tiefen Tönen ausbreitete. Ein grandioses Bespiel, wie modern Musik aus dem 15. Jahrhundert heute noch klingen mag.

Acht Weihnachtslieder aus den Chorbüchern der Franziskanerinnen

Mit zwei Arien, gesungen von Ute Brandmaier, und einen Orgelchoral huldigte man Johann Sebastian Bach, dem Kirchenmusiker schlechthin, um sich dann der Neuzeit hinzuwenden. Zwei Stücke aus der Feder von Alois Stahl erfüllten das Kirchenschiff mit der Schönheit der Orgelmusik. Groß und kraftvoll das Introitus "Minuisti eum", dem ein sehr zartes, weiches Legato folgte.

Natürlich durfte bei diesem Konzert auch eine Komposition von Fürstabt Martin Gerbert nicht fehlen. Seine barocke "Kyrie" aus der "Missa in Coena Domini" wurde als doppelchörige Fassung geboten. Beide Projektchöre boten hier eine Meisterleistung par excellence.

Doch das große Finale, für das Norbert Geßler acht Weihnachtslieder aus den Chorbüchern des ehemaligen Horber Franziskanerinnen als "Cantilenae pro Nativitatis Tempore", als Chorwerk für zwei Soprane, Chor und Streicherensemble, gesetzt hat, war der Höhepunkt des Abends. Als zweite Sopranistin konnte Geßler hier auf seine eigene Tochter, Sabina Zander, zurückgreifen, und als Streicher konnte er Larissa Dolgova, Hans Batsching, Christina Schanz, Florian und Jürgen Keppeler gewinnen.

Das Publikum dankte allen Beteiligten mit lang anhaltendem, teils stehendem Applaus, und auch Hausherr Klaus Konrad bedankte sich für dieses weihnachtliche Laudate. Die Zugabe gaben sich dann alle Anwesenden gemeinsam. Sie sangen zusammen das Schlusslied: "Gott sorgt für mich", das der ehemalige Horber Stadtpfarrer Alois Stahl geschrieben hat und heute noch in den Gottesdiensten der Kirchengemeinde gesungen wird.