Lynn Schoene, Hartmuth Schweizer und Tom Feritsch vor dem Werk "Stop the Clock", das die Gäste der Ausstellung Materialdenken am Eingang begrüßt. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausstellung "Materialdenken" von Lynn Schoene in den Räumen der Galerie des Kunstvereins Oberer Neckar

Von Peter Morlok

Horb. "Stop the Clock" ein Werk von Lynn Schoene, begrüßt die Besucher der aktuellen Ausstellung "Materialdenken" in den Räumen der Galerie des Kunstvereins Oberer Neckar gleich im Treppenaufgang.

Sicher ist dieser Platz mit sehr viel Sorgfalt ausgesucht worden, trägt das großformatige Werk, das in Mischtechnik auf Leinwand entstand, doch eine relativ klare Aussage. "Lieber Besucher – lass dir Zeit in unserer Ausstellung, es gibt viel zu entdecken, noch mehr zu erahnen und vieles einfach nur zum Bestaunen", so scheint diese Arbeit den Besuchern gleich zu Beginn des Ausstellungsrundganges zuzurufen. Und das Bild verspricht nicht zu viel. Stoppt man wirklich die Zeit, nimmt sie als das flüchtige Gut, das sie ist, folgt der Aufforderung von William Ernest Henley und dessen Gedichtzeile "I am the Captain of my Soul" (Ich bin der Herr meiner Seele) und lässt eben diese Seele beim Rundgang baumeln, dann hat die Uhr ohne Zeiger wirklich nicht zu viel versprochen.

Künstlerpaar lässt Material für sich sprechen

Das Künstlerpaar Lynn Schoene und Tom Feritsch lassen hier wirklich ihr Material für sich sprechen. OMI Riesterer nannte die Arbeiten seines Freundes Feritsch hochachtungsvoll "skizzieren in Ton". Was auf den ersten Blick wie reine Metall-Skulpturen aussieht, das sind Arbeiten mit sehr unterschiedlichen Ton-Arten, die erst beim Brennen ihre tatsächliche Form und Farbe erhalten.

"Schwindungsprozesse führen durch die hohen Temperaturen im Ofen zu Spannungsrissen und Verformungen", erklärte Hartmuth Schweizer, ein Studienfreund von Tom Feritsch, langjähriger Kollege und Wegbegleiter der beiden Künstler.

Er führte am Sonntagvormittag bei der Vernissage in die Arbeiten ein und bezeichnete die beiden Kunstschaffenden als Grenzgänger der zeitgenössischen Kunst.

Bevor er jedoch in die Tiefen des bildnerischen Schaffens des Duos eintauchen durfte, gehörte das Wort dem neuen Vorsitzenden des Kunstvereins, Benno Müller, sowie Oberbürgermeister Peter Rosenberger. Müller begrüßte die Besucher, und Rosenberger, der Barbara Jäger, die Schöpferin der "Neckarblühte" mit den Worten "sind sie die Neuangestrichene" begrüßte, ging kurz auf die Wichtigkeit von Kunst in einer Stadt wie Horb ein. Er sprach von der Strahlkraft der Kultur, die als ehemals weicher Faktor heute schon ein gewichtiges Wort mitzusprechen habe, wenn es darum geht, wohin man ziehen soll. "Man kann denen, die sich um Kunst und Kultur kümmern, nur lobend auf die Schulter klopfen", so Rosenberger, der Benno Müller viel Glück im neuen Amt wünschte.

Dann schlug aber in Echtzeit die halbe Stunde des Hartmuth Schweizer, der sich noch rasch und augenzwinkernd beim OB bedankte, dass man extra zur Ausstellungseröffnung noch so einen tollen Markt vor die Haustüre gestellt hat.

Detailverliebt führte er dann mit großem Ernst die Besucher durch die Besonderheiten dieser Werkschau. Er vergnügte sich am Zusammenspiel von Schellack, Wachs, Beize und Papier, die vermengt zu einer reliefartigen Oberfläche werden, an der meditativen Grundhaltung beider Künstler, an der Wabentechnik von Schoene und der statischen Fragilität von Feritsch Arbeiten. Er wies darauf hin das Lichtvisionen in unterschiedlichen Betrachtungswinkeln entstehen und dass die Werke beider Künstler Narben zeigen, die als Zeichen der Vergänglichkeit, aber auch des gleichzeitigen Lebens zu werten sind.

Auch würde die teils recht zurückgenommene, erdige Farbgebung der ausgestellten Werke fast schon ideal zum Ausstellungsort, dem alten Kloster, das die Horber vor dem Abriss bewahrten, passen und dem Ort und seinen früheren Bewohnern ganz unbewusst entsprechen.

Wer sich davon überzeugen möchte – gerne. Die Ausstellung ist bis zum 24. Mai Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet.