Eingang des Amtsgerichts in Horb Foto: Geideck

Angeklagte werden nach Kneipenschlägerei in Halloween-Nacht zu jeweils eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Horb - Es war eine Nacht, die ihrem Namen alle Ehre gemacht hat: An Halloween 2017 – der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November – kam es in einer Horber Kneipe zu einer brutalen Schlägerei. Die beiden Mitte 20-Jährigen, geständigen Angeklagten wurden am Dienstag vom Amtsgericht Horb jeweils zu einer Haftstrafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung verurteilt.

22 Zeugen wollte das Gericht unter dem Vorsitzenden Richter Albrecht Trick eigentlich anhören, die Prozessdauer wurde auf zwei Tage angesetzt. Doch bereits nach fünf Zeugen – darunter auch die beiden Geschädigten – bot Trick eine Verständigung an, der sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung zustimmten. Sie beinhaltete neben den eineinhalb Jahren auf Bewährung eine Schadenersatzzahlung von jeweils 1000 Euro an den 22-jährigen Hauptgeschädigten.

Was genau zu dem Streit in der Halloween-Nacht vergangenen Jahren geführt hat, konnte in dem Prozess nicht vollständig ans Licht gebracht werden. Einer der beiden Angeklagten gab an, in der Kneipe während eines Gesprächs mit seiner Ex-Freundin "über alte Zeiten" von einem alkoholisierten, 24-jährigen Gast provoziert worden zu sein. Die Kellnerin gab als Zeugin vor Gericht an, besagter Gast sei im betrunkenen Zustand "oft auf Stress aus". Das sei auch in der Halloween-Nacht der Fall gewesen, in der er mit einem der beiden Angeklagten in Konflikt geraten sein soll. "Er hatte einen zu viel", sagte die Kellnerin über den 24-Jährigen.

Gegen 3.20 Uhr attackierten die beiden Angeklagten dann eine anderen Gast – den Hauptgeschädigten. Er soll bei dem vorherigen Streit geschlichtet haben, geklärt werden konnte das in dem Prozess jedoch nicht eindeutig. Klar ist jedoch, dass die beiden Täter gegen den am Boden liegenden Hauptgeschädigten äußerst brutal vorgingen. Mindestens zehn Faustschläge ins Gesicht und drei Tritte gegen den Kopf will ein Zeuge gezählt haben. "Die haben gegen seinen Kopf wie gegen einen Fußball getreten", beobachtete der Zeuge, "ich dachte wirklich, jetzt ist es mit ihm vorbei." Eine weitere Zeugin erklärte, die beiden Angeklagten – einer von ihnen ist als Kickbox-Trainer tätig – hätten den Hauptgeschädigten regelrecht im Schichtbetrieb bearbeitet: Wurde einer gerade von schlichtenden Gäste zurückgehalten, machte der andere weiter.

Die Staatsanwaltschaft stellte in ihrem Plädoyer fest, der Hauptgeschädigte habe "Schläge und Tritte in Kampfsport-Manier einstecken müssen" und sei in eine lebensbedrohliche Situation geraten.

Der Hauptgeschädigte musste aus der Kneipe getragen werden und suchte am folgenden Tag den Notfall-Zahnarzt sowie das Krankenhaus auf. Bilanz: zwei lockere Zähne, Halsprellung, Kieferfraktur. "Ich konnte zwei Tage lang nichts essen", bedauerte der junge Mann. Drei Tage sei er krank geschrieben gewesen, dann ging er wieder zur Arbeit – "weil ich erst mit der Ausbildung angefangen hatte", so der Hauptgeschädigte, der bereits vor dem Prozess ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 10.000 Euro von den beiden Angeklagten einforderte.

Genau hier lag jedoch der Knackpunkt für die Verteidigung: Der Horber Rechtsanwalt Alfred Seifriz gab zu bedenken, dass man nicht nach drei Tagen schon wieder essen könne, wenn der Kiefer wirklich gebrochen ist. "Er konnte ja sogar noch nach Hause gehen", sagte Seifriz, der aber betonte, die Brutalität seines Mandanten in jener Halloween-Nacht nicht infrage stellen zu wollen. Dennoch bewege man sich hier "an der Grenze zu einem minderschweren Fall".

Trick konnte dieser Argumentation nur bedingt folgen. "So ganz aus dem Nichts ist das alles zwar nicht passiert", meinte der Richter zur Vorgeschichte an diesem Abend, "aber eigentlich ging es wirklich um gar nichts." Der Alkohol habe zudem eine enthemmende Rolle gespielt – beide Angeklagten gaben an, über den Abend verteilt fünf Longdrinks getrunken zu haben. Und dennoch: "Auf einen am Boden liegenden einzutreten, ist ein absolutes No Go", unterstrich Trick.

Fallen gelassen wurde der zweite Anklagepunkt, bei dem den beiden Tätern vorgeworfen wurde, wenige Minuten später zu einem Freund ins Auto gestiegen und den 24-Jährigen, der den ursprünglichen Streit provoziert haben soll, in der ganzen Stadt gesucht zu haben. Als sie tatsächlich im Reibegässle auf ihn trafen, sollen zwischen zwei und fünf Personen – die Aussagen widersprachen sich vor Gericht – ausgestiegen und Jagd auf den 24-Jährigen gemacht haben. Der angeklagte Kickbox-Trainer soll dabei einen Teleskopschlagstock ausgepackt haben. Er selber gab jedoch an, es habe sich nur um einen ausfahrbaren Regenschirm gehandelt, mit dem er Angst machen wollte. Der 24-Jährige sei daraufhin in Panik geraten und suchte im Horber Polizeirevier nach Schutz.

Als der 24-Jährige anschließend von seiner Mutter bei der Polizei abgeholt wurde, soll die Gruppe um die beiden Angeklagten vor dem Elternhaus aufgetaucht sein, worauf es zu einem Streit samt fliegender Gläser gekommen sein soll. Dafür gab es jedoch genauso wenig Beweise wie für die Behauptung der Angeklagten, bei ihnen sei ein paar Tage später ein schwarzer Sportwagen vorgefahren, um nun ihnen Angst zu machen.