Der Marien- oder Weihnachtsaltar von Veit Stoß zählt zu den herausragenden, aber nicht ursprünglichen Ausstattungsstücken des Bamberger Doms. Der in den Jahren 1520/23 zunächst für die Nürnberger Karmelitenkirche geschaffene Altar gelangte im Zuge der Reformation nach Bamberg. Foto: Kultur- und Museumsverein Horb Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Die Zeit der Reformation in Horb, Teil 3: Andreas Stoß muss Nürnberg verlassen

Horb. Beinahe wären Rottenburg und Horb in der Zeit der Reformation evangelisch geworden. Doch es gab auch Widerstand gegen die Lehren Luthers. Nicht nur der 1478 in Horb geborene Johann Wintzler machte aus seiner Ablehnung der Reformation keinen Hehl (wir berichteten).

Ein weiterer Horber Spross, der sich ebenfalls entschieden den reformatorischen Bestrebungen in der Reichsstadt Nürnberg entgegenstellte, war Andreas Stoß. Er wurde in Nürnberg als Sohn des Bildhauers Veit Stoß geboren, kurz bevor dieser 1477 nach Krakau übersiedelte, um dort mit der Fertigung des Marienaltars sein erstes Hauptwerk zu schaffen.

Als Veit Stoß nach 19 Jahren mit seiner Familie wieder nach Nürnberg zurückgekehrt war, trat sein ältester Sohn Andreas in das Nürnberger Karmelitenkloster ein. Nach einem Theologiestudium an den Universitäten Krakau und Wien wurde der promovierte Frauenbruder 1517 zum Prior des Budapester Karmelitenklosters berufen, wo er sich der ständigen Türkengefahr ausgesetzt sah.

Drei Jahre später ernannte man Andreas Stoß zum Prior der Nürnberger Karmeliten, zu einer Zeit, als Luthers Thesen in dieser Reichsstadt ein besonderes Echo fanden. Die Stimmung des Nürnberger Rates und der maßgebenden Kreise zeigte sich besonders in den Neuberufungen und Stellenbesetzungen, bei denen Männer der Wittenberger Richtung bevorzugt wurden. Desgleichen suchten die Stadtoberen das Amt der Pfleger für die einzelnen Kirchen, Klöster, Spitäler oder sonstigen Stiftungen in ihre Hand zu bekommen. Darüber hinaus bot die Reformation die Möglichkeit, kostenfrei in den Besitz der in der Stadt beheimateten Klöster zu gelangen. Luthers Gedanke von der Gemeinde als Trägerin der geistlichen Gewalt fand in Nürnberg umso leichter Aufnahme, als vom Rat der Stadt tatsächlich ein nicht unbedeutender Teil des Kirchenregiments ausgeübt wurde.

Nach der Berufung von Andreas Stoß musste der Nürnberger Rat aber bald erkennen, dass er sich gewaltig verrechnet hatte. Den Mann, der den Altgläubigen in der Stadt fehlte, hatte man herbeigeholt. Die Freunde Luthers hatten schon im Augustiner-, Karthäuser- und Benediktinerkloster gute Aufnahme gefunden, sodass der Karmelitenprior Stoß lediglich noch die Dominikaner und vor allem die Franziskaner auf seiner Seite wusste. Andreas Stoß hätte in Johann Wintzler einen wertvollen Mitstreiter haben können, wenn dieser sein Horber Temperament und die damit verbundene Unbesonnenheit mehr gezügelt hätte.

Nachdem Kaiser Karl V. auf de m dritten Reichstag zu Nürnberg 1524 die Einberufung eines Nationalkonzils verboten hatte, dienten in erste Linie Religionsgespräche zur Überwindung der konfessionellen Gegensätze. Die Wortführer bei der Nürnberg-Disputation im März 1524 waren der Reformator Andreas Osiander und der Karmelitenprior Andreas Stoß. Es kam, wie es im Sinne des Nürnberger Rates kommen musste. Andreas Stoß, der dem Rat die Befugnis abgesprochen hatte, in Religionsfragen zu entscheiden, erhielt den Befehl, die Stadt in drei Tagen zu verlassen. Die noch widerspenstigen Klöster wurden aufgehoben, die zahllosen Festtage auf drei hohe Feste beschränkt, die Metzger durften jetzt während der Fastenzeit an Dienstagen und Samstagen Fleisch verkaufen, und allen Priestern wurde geboten, sich in das Bürgerrecht zu begeben.

Andreas Stoß kam zunächst im Konvent der Karmeliten von Straubing unter und ging später nach Voitsberg in der Steiermark. Im Sommer 1528 wurde Stoß zum Prior des Konvents von Bamberg gewählt. Er hatte 1520 als Prior in Nürnberg bei seinem Vater Veit ein Altarretabel mit dem Leben Mariens in Auftrag gegeben. Das 1523 in der Karmeliterkirche aufgestellte Schnitzwerk sollte niemals farbig gefasst und nur an den höchsten Festtagen und Marienfesten geöffnet werden. Es war der letzte Hochaltar, der in Nürnberg vor der Reformation geschaffen wurde. Da die vereinbarte Ratenzahlung noch nicht abgeschlossen war, setzte die Auflösung des Karmeliterklosters ein Hickhack um dieses Meisterwerk in Gang, das deutlich machte, dass zumindest Lug und Trug überkonfessionell sind. Erst nach dem Tod von Vater und ältestem Sohn kam der unvollendete Weihnachtsaltar 1543 an die Stoßschen Erben, die das letzte große Meisterwerk des Veit Stoß an Bischof Weigand von Redwitz nach Bamberg verkauften.

Als dieser 1522 den Bischofsstuhl von Bamberg bestiegen hatte, trat von Redwitz ein unseliges Erbe an, da sein Vorgänger der Reformation nicht entschieden genug entgegengetreten war. Schon 1520 war die Hälfte der Diözese der neuen Religion zugetan, und im April 1525 brach der Aufruhr als religiöse, soziale Bewegung der Bürgerschaft auch im Hochstift Bamberg aus. In Andreas Stoß fand der Bischof jedoch einen treuen Helfer bei seinen Bemühungen, dem Umsichgreifen der Reformation im Hochstift sowie im Bistum Einhalt zu gebieten. Zweifellos war es hauptsächlich das Verdienst von Stoß, dass der Katholizismus im Bistum Bamberg gerettet wurde. Was Andreas Stoß in Nürnberg gegenüber einem übermächtigen Rat nicht gelungen war, erreichte er in Bamberg unter einem schwachen Bischof. Mehr darüber im vierten und letzten Teil unserer Serie.