Der Horber Bahnhof feiert seinen 150. Geburtstag. Foto: Geideck

Anschluss der Neckarstadt an die Welt. Sogar an süditalienischen Bahnhofsschaltern bekannt.

Horb - Vor 150 Jahren wurde der Horber Bahnhof eröffnet - und die Neckarstadt erhielt ihren Anschluss an die Welt. Was einst mit politischen Differenzen zwischen Württemberg und Preuߟen begann, führt heute dazu, dass Horb selbst an süditalienischen Bahnhofsschaltern bekannt ist.

Die Eisenbahn entwickelte sich im 19. Jahrhundert binnen weniger Jahrzehnte zu einem vernetzten Verkehrssystem, das nicht nur die Reisezeiten drastisch verkürzte. Sie wirkte darüber hinaus als Katalysator der industriellen Revolution, da sie einerseits die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Entwicklung der Schwerindustrie schuf und andererseits selbst eine gewaltige Nachfrage nach Eisen, Stahl und Maschinen erzeugte. Der moderne Brücken- und Tunnelbau entstand, um Bahnstrecken zu realisieren. Die Gründung von Aktiengesellschaften war eine Reaktion auf den Kapitalbedarf der Eisenbahnprojekte, denn kein privater Investor konnte sie alleine finanzieren.

Württemberg fremdelt lange mit der Eisenbahn

Nachdem 1828 in Preuߟen mit der Prinz-Wilhelm-Eisenbahn-Gesellschaft die älteste Eisenbahn-Aktiengesellschaft gegründet worden war und 1835 die erste deutsche Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth verkehrte, sollte es trotz eines frühen und systematisch staatsgelenkten Vorgehens noch weitere acht Jahre dauern, bis die Königlich Württembergischen Staatseisenbahnen per Eisenbahngesetz vom April 1843 als Staatsbahn geschaffen wurden. Die späte Einführung wird damit begründet, dass im wenig begüterten Württemberg der kostenaufwendige Eisenbahnbau zunächst nicht rentabel erschien und sich durch die Topografie Württembergs vergleichsweise hohe Kosten ergaben. Die geplante Streckenführung, die sich zunächst auf die Flusstäler beschränkte, wurde noch dadurch erschwert, dass Schlüsselstellen wie das obere Neckar- und Donautal mit badischen und hohenzollerischen Gebietsteilen verzahnt waren. Erst die Schaffung von Eisenbahnstrecken in den Nachbarländern mit der Aussicht auf Gewinne durch den Transitverkehr sowie technische Fortschritte in der Eisenbahntechnik und die Befürchtung, durch diese Entwicklung von den Nachbarländern abgehängt zu werden, gaben auch Württemberg den letzten Anstoߟ zum Bau von Eisenbahnstrecken. Wie bei heutigen Verkehrsprojekten hat es schon vor mehr als 150 Jahren oft ganz erheblicher Anstrengungen bedurft, sie gegen Konkurrenzlinien, politische Manöver und natürlich auch gegen eine Reihe sachlicher Hindernisse durchzusetzen. Obgleich die bis 1854 erstellten Hauptbahnen wirtschaftlich erfolgreich waren, trat in Württemberg eine vierjährige Pause im Eisenbahnbau ein.

Von den nachfolgend geplanten Projekten wurde dann die sogenannte Obere Neckarbahn gebaut. Diese Eisenbahnstrecke entstand als Fortführung der bereits bis 1859 erbauten Strecke von Plochingen nach Reutlingen. Die Weiterführung über Tübingen nach Rottenburg wurde 1861 fertiggestellt, der nächste Abschnitt von Rottenburg nach Eyach folgte 1864. Daran erinnert heute noch die Inschrift über dem Ostportal des rund 493 Meter langen Sulzauer Tunnels: "Begonnen unter König Wilhelm 1862, vollendet unter König Karl 1864".

Einwohner begeistert von erster Dampflok

Im Mai 1865 wurde mit dem Bau des Teilstücks Eyach€“ Horb begonnen. Das Eisenbahnbauamt brachte die Arbeiter in der Brauereigaststätte Ziegelburg unter, da das Bahnhofsgebäude noch nicht fertiggestellt war. Als 1866 eine Dampflokomotive zum ersten Mal offiziell in den Horber Bahnhof einfuhr, rief das bei den Einwohnern eine riesige Begeisterung hervor. Die Presse berichtete einige Tage später, dass seit dem Anschluss ans Eisenbahnnetz täglich zahlreiche Besucher nach Horb kämen und Geschäften und Gasthäusern erhöhten Umsatz bescherten. Dreimal täglich konnte man nun in einer Fahrzeit von über vier Stunden direkt von Horb nach Stuttgart gelangen.

Der Weiterbau der Eisenbahn bis Rottweil stellte mit Ausnahme der Tunnel bautechnisch zwar keine groߟe Herausforderung dar, war aber politisch brisant, da am Neckarknie bei Horb die Zehe des hohenzollerischen Sockens durchquert werden musste und so ein Weiterbau entlang des Neckars von der Genehmigung Preuߟens abhing. Der preuߟisch-württembergische Staatsvertrag vom März 1865 regelte schlieߟlich den Weiterbau der Oberen Neckarbahn, so dass die Königlich Württembergischen Staatseisenbahnen das württembergische Rottweil im Juli 1868 erreichten. Mit der Eröffnung der 1874 fertiggestellten Nagoldtalbahn und der fünf Jahre später erbauten Gäubahn wurde der Bahnhof Horb zu einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt, den bis auf den heutigen Tag selbst Schalterbeamte im tiefsten Süden Italiens kennen.

Weitere Informationen: Morgen erinnert der Kultur- und Museumsverein Horb um 20 Uhr im Gasthaus Schiff mit einem Dia-Vortrag an die Eröffnung des Bahnhofs vor 150 Jahren. Heinz Schmid referiert über die Geschichte der Eisenbahn in Horb im 19. und 20. Jahrhundert.