Prozess: Frau bei Betrugsverfahren verurteilt, weil sie Tochter geschützt haben soll

Richtige Betrüger brauchen starke Nerven. Anders ist es nicht zu erklären, dass eine Beschuldigte es schaffte, nun schon zum dritten Mal in Folge einen Gerichtstermin platzen zu lassen.

Von Peter Morlok

Horb. Der Termin, der gegen zwei Frauen – Mutter und Tochter – bereits vor einigen Wochen schon zweimal verschoben wurde, drohte am Donnerstagvormittag schon wieder zu platzen. Beide Damen glänzten zu Prozessbeginn um 8.30 Uhr kollektiv durch Abwesenheit.

Unglücklicherweise hatte die Horber Polizei an diesem Vormittag auch noch Betriebsversammlung und deshalb nur einen Streifenwagen im Einsatz, mit dem man die Frauen hätte zum Prozess abholen können. Trotzdem wurde die Ältere der beiden vom blau-silbernen Taxi am Arbeitsplatz abgeholt und nach längerem hin und her konnte festgestellt werden, dass sich die Tochter bei einem Arztbesuch in Tübingen befand. Dadurch konnte sich die Tochter, die Hauptangeklagte, auch vor dieser Hauptverhandlung drücken.

Bis dies jedoch endgültig feststand, vergingen volle zwei Stunden. Zeit, die für alle Prozessbeteiligten – darunter einige Horber Gastwirte, die sich zur frühen Morgenstunde eigentlich mehr um ihre zahlenden Frühstücksgäste kümmern wollten, als im Zeugenzimmer Däumchen zu drehen – verschwendete Zeit bedeutete.

Der älteren der beiden Angeklagten schien dies jedoch völlig egal zu sein. Sie behauptete, von dem Termin nichts gewusst zu haben. Amtsgerichtsdirektor Christian Ketterer fragte noch vor dem eigentlichen Prozessbeginn, warum sie nicht pünktlich erschien. "Die Post kam net, i han koi Ladung kriegt, von am Termin weiß i nix und deshalb han i au koi schlechtes Gewissa".

Die Tochter ließ dann nach zwei Stunden vermelden, dass sie prozessunfähig wäre und dies per Fax dem Gericht zukommen lassen würde. Später rief sie auch noch den Vorsitzenden ans Telefon. Diesem erklärte sie, dass ihr die Aufregung einer Hauptverhandlung nicht zuzumuten wäre.

Richter Ketterer trennte dann das Verfahrungen gegen die Tochter, die als mutmaßliche Haupttäterin die größte Schuld trägt, ab und man verhandelte nur gegen die Mutter. Dies hatte zum Ergebnis, dass sechs der sieben Zeugen gegen 10.30 Uhr entlassen werden konnte.

Eine Wirtin, die als Zeugin gekommen war, konnte sich daraufhin ein recht unlustiges, dafür lautes Lachen nicht verkneifen. Sie sah sich nun zum wiederholten Male von der Angeklagten "verarscht". Stocksauer mussten die Wirte unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Die Staatsanwaltschaft überlegte, ob man nun einen Haftbefehl gegen die Tochter ausstellen sollte. Ein Vorgehen, dass auch der Pflichtverteidiger gut fand. "Dann habe ich eine Adresse und einen Zugriff." Danach packte auch er seine Akten und durfte ebenfalls unverrichteter Dinge wieder nach Stuttgart zurückfahren. Richter Ketterer regte jedoch an, abzuwarten, ob wider Erwarten etwas Stichhaltiges im Attest steht, dass die Frau vorbeischicken wollte und das deren Verhandlungsunfähigkeit bestätigt.

Im Prozess selbst ging es im Wesentlichen um Betrug. Die Tochter soll bei einer Autofirma ein Auto zum Kaufpreis von 18 000 Euro erworben haben und dieses sofort wieder für 13 000 Euro an einen anderen Händler verkauft haben. Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gelang es ihr damals, das Auto ohne, dass sie dafür bezahlte, zu erhalten. Fahrzeugpapiere hatte sie schon, selbst den Fahrzeugbrief, wie der Angestellte der Firma zu Protokoll gab.

"Wir haben ihr die Papiere zum Zulassen des Fahrzeugs übergeben", so der Zeuge auf Nachfrage. Die eigentliche Fahrzeugübergabe war gegen Nachweis eines Zahlungsbelegs vereinbart, doch der Verkäufer fiel auf ein gefälschtes Überweisungsformular und vollmundige Versprechen rein. Und ab dem Moment, an dem die Dame, die in einem Horber Teilort wohnt, das Fahrzeug hatte, war sie nicht mehr auffindbar. Auto, Fahrzeugbrief nebst Angeklagten waren verschwunden.

"Ich habe dann versucht, die Frau ständig zu erreichen, dies aber ohne Erfolg", erklärte der Verkäufer, der sich auch von seinem Arbeitgeber ordentlich Ärger einhandelte ob seines etwas leichtsinnigen Verhaltes. "Nur Ausreden und neue Lügen, wenn ich sie mal am Telefon hatte." Später habe sie sich auch noch beschwert, sie fühle sich von den Nachforschungen des Verkäufers bedroht, so schilderte er das Verhalten nach der Tat.

Die Mutter, die damals bei dem Kauf dabei war, soll dadurch Beihilfe zum Betrug geleistet haben, weil sie versicherte, dass man bar zahlen würde. "Das Geld ist auf dem Konto und alles kein Problem." Naja, wenn die Mutter das sagt.

Die Angeklagte selbst behauptete, dass ihr ihre Tochter erzählt habe, dass sie von der Berufsgenossenschaft eine Abschlagszahlung für ihren Unfall, bei dem sie vor etwa zwei oder drei Jahren beinahe das Augenlicht auf einem Auge verloren hatte, bekommen habe und deshalb das Geld habe. Das Gericht und die Staatsanwaltschaft glaubten ihr nicht.

Staatsanwalt Karl Jauch stellte fest, dass die Mutter Beihilfe zum Betrug leistete und forderte, dass sie zu einer Geldstrafe von 2400 Euro verurteilt werden soll. Die Angeklagte selbst sagte in ihrem Schlusswort: "Ich sehe mich keiner Schuld bewusst." Amtsgerichtsdirektor Christian Ketterer verurteilte sie letztendlich zu 1600 Euro Strafe, zahlbar in Raten und zu den Gerichtskosten.

"Ihre Tochter ist und war ständig in Geldnöten – das wussten sie. Als sie beim Autokauf sagten, dass Geld wäre da, ging ihre Mutterliebe zu weit."