Wahlkampf: Kanzleramtschef wirbt in Horb für seine Partei / Einladung auf ein Stück Schwarzwälder-Kirsch

Der Bundestags-Wahlkampf nimmt Fahrt auf. Der Kanzleramtschef beehrte gestern gleich drei seiner CDU-Parteikollegen im Südwesten mit Besuchen in ihren Wahlkreisen. Einer davon ist Hans-Joachim Fuchtel, der Peter Altmaier nach Horb holte.

Horb. Mangelnden Humor kann man der CDU nicht vorwerfen. In der Einladung hieß es, Altmaier sei ein politisches Schwergewicht, ein Gourmet, weshalb man eine Schwarzwälder-Kirsch-Torte für ihn vorbereite. Und kaum ist Altmaier mit der dunklen Limousine vor dem Altenheim Bischof Sproll angekommen und dezent von den Bodyguards durch das Publikum zum Rednerpult geleitet worden, steigt er darauf ein. Obwohl er einen stressigen Tag zu meistern habe – früher Termin in Berlin mit der Kanzlerin, Flug nach Stuttgart, Wahlkampfauftritt in Metzingen –, habe er sich schnell auf den Weg nach Horb gemacht. "Um was von dem Kuchen zu bekommen, bevor Joachim ihn aufgegessen hat!" Das Publikum lacht. Altmaier fügt hinzu, er sei vielleicht nicht der wichtigste, aber doch mit Abstand der gewichtigste Minister der Bundesregierung. Die Späße über die Körperfülle der beiden Männer kommen an, mehrere Besucher bezeichnen den Auftritt später als unterhaltsam, so gar nicht trocken.

Dann geht es zur Sache, wegen der Altmaier durchs Land reist: der Bundestagswahl. "Wir haben viel zu gewinnen, aber auch viel zu verlieren", sagt Altmaier. Deutschland blühe derzeit wie noch nie in seiner Geschichte. Im Folgenden beschrieb er, wie dieses "beste und schönste Deutschland, das wir jemals hatten" aus Sicht der CDU erhalten bleiben kann.

Die Partei werde einen sogenannten Masterplan Selbstständigkeit auflegen. Energie von Gründern dürfe nicht von Bürokratie erstickt werden. Bürokratieabbau plant die CDU auch für die Bürger. So gut wie alle Behördengänge sollen künftig überflüssig werden und im Internet erledigt werden können. Selbst einen neuen Ausweis soll man so beantragen können.

Mehrere Verbesserungsvorschläge präsentiert Altmaier für Familien: Für Kinder soll es auch in der Grundschule schon einen Rechtsanspruch auf Betreuung außerhalb der Schulzeit geben. "Der Bund wird Geld in die Hand nehmen müssen, um die Kommunen dabei zu unterstützen." Das Kindergeld werde um 25 Euro erhöht. Damit Familien an eigenes Wohneigentum kommen könnten, sei ein Baukindergeld von 1200 Euro pro Kind und Jahr für zehn Jahre geplant. Mit einem Augenzwinkern will er folgende Äußerung verstanden wissen: "Wer ein eigenes Haus hat, wird kein Sozialist oder Weltrevolutionär mehr." Dem Hausbesitzer gehe es vielmehr darum, dass es Deutschland gut gehe.

Zur Digitalisierung äußerte sich Altmaier offen und zukunftsorientiert. Das selbstfahrende Auto würde er begrüßen, auch bei der Entwicklung von Pflegerobotern dürfe Deutschland den Japanern nicht den Markt überlassen.

Klare Kante zeigt er gegen Kritik an der Europäischen Union, die Frieden für Europa gebracht habe. Der Anblick gewisser AfD-Wahlplakate gegen die europäische Einheit ärgere ihn. "Wir dürfen nicht zulassen, dass ein paar durchgeknallte Populisten sie schlechtreden und gefährden."

Zur Integration von Flüchtlingen erzählt er das Beispiel eines jungen Syrers aus seinem Wahlkreis, der alles dafür tue, um hier anzukommen – sogar Saarländer Dialekt lernen. Wer trickst und täuscht, missbrauche hingegen Gastfreundschaft. Bezogen auf den Berlin-Attentäter Anis Amri kritisiert Altmaier das zu lange Zögern der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Berlin. Er sagt: "Wer gefährlich ist, muss abgeschoben werden."

Zum Schluss kritisierte er die SPD dafür, dass sie ein Bündnis mit der Linkspartei nicht ausschließt. Nach der Rede schaut sich Altmaier noch kurz das Altenheim an und reist dann weiter.

Stiftungsdirektor Peter Silberzahn ist begeistert darüber, wie eloquent und unterhaltsam Altmaier war. Dieser Einschätzung stimmt der CDU-Gemeinderat Karl Kocheise zu. Inhaltlich hätte er aber gerne etwas detailliertere Aussagen zur Flüchtlingskrise gehört. Das Thema sei der CDU aber für den Wahlkampf wohl zu heikel, mutmaßt er. Neben dem Lob der geringen Arbeitslosenquote hätte Kocheise auch gerne ein Bekenntnis dazu gehört, dass die CDU Menschen aus dem Niedriglohnsektor und aus Zeitarbeit heraushelfen will. Begrüßt hat er die Zusage, dass Familien stärker unterstützt werden sollen und Bürokratie abgebaut werden soll.

Der Gemeinderat Hermann Walz, der zusammen mit zwei Republikanern für die Unabhängige Liste im Gremium sitzt, war ebenfalls unter den Zuhörern. Ihm hat die Rede gefallen, er sagte über mögliche künftige Koalitionen: "Es wäre der größte Fehler, wenn er wieder mit der SPD koaliert. Und das wichtigste, was er gesagt hat: Rot-Rot-Grün darf nicht kommen."

Der Ex-Vorstand des Vereins Haus und Grund in Horb, Manfred Bok, hatte eine Frage dabei, die er mangels Fragerunde dem prominenten Gast jedoch gar nicht stellen konnte. Wie soll günstiger Wohnraum für sozial Schwache geschaffen werden, wenn die Auflagen für Vermieter und Bauherren nicht sinken? "Ich vermisse, dass in diesem Punkt nicht auf die Vermieter eingegangen wird", so Bok am Rande der Veranstaltung.

Bürgernähe zeigte Altmaier dadurch, dass seine Entourage Begegnungen zuließ wie die mit dem Vorsitzenden des Tageselternvereins im Landkreis, Paul Huber, der mit einem buten Schirm auf ihn zukam. Sein Statement an den Politiker dazu: "Damit Sie die Tagespflege auf dem Schirm haben!"