Volle Konzentration bei den Brainkinetik-Ballübungen brauchen die Viertklässler Robin, Finn und David (von links). Foto: Jansen Foto: Schwarzwälder Bote

Gesundheit: Mit der Bewegungsmethode Brainkinetik soll unter anderem die Kreativität gefördert werden

An der Grundschule Nordstetten wird ein besonderes Konzept angeboten: Brainkinetik heißt das Training, an dem die Schüler teilnehmen können. Fördern soll es unter anderem Kreativität und Konzentration.

Horb-Nordstetten. Die drei Jungs stehen in der Sporthalle im Kreis, vor ihnen ihre Trainerin Alexandra Gilde. Es ist schon Nachmittag, trotzdem sind sie noch in der Turnhalle der Berthold-Auerbach-Grundschule in Nordstetten.

Zum 19. Mal haben sie heute eine Einheit "Brainkinetik", ein Konzept, das 1999 von Josef Mohr entwickelt wurde. Dabei geht es darum, mentales und körperliches Training zu verbinden. Die Viertklässler beginnen mit den Übungen, angeleitet von Gilde. Die Gehirnhälften sollen möglichst gleichzeitig aktiviert werden. Linke Hand auf rechtes Bein, andersherum, rechte Hand auf linke Ferse. Die Kinder machen begeistert mit. "Können wir die Augen zumachen?" ruft irgendwann David, er kennt die Abläufe und weiß, dass das sicher noch kommt. Die Übungen werden immer schneller. Wer den Kindern zusieht, könnte meinen, es sei einfach und kaum anstrengend, doch wer das erste Mal dabei ist, dem wird schnell klar: Man kommt ins Schwitzen.

Etwas entspannender wird es, als Gilde Bälle hereinholt. Weiche Softbälle, in Partnerarbeit werden sie hin und her geworfen, wobei man sie mit einer Hand fangen muss. Dann kommt der mentale Teil dazu: Links und Rechts werden durch Farben ersetzt, Grün ist links, Rot ist rechts. Klingt einfach, ist jedoch eine echte Konzentrationsaufgabe. Später werden noch Jonglierbälle eingesetzt, mit verschiedenen Farben, das ist wichtig. Man wirft sie hoch, überkreuzt die Arme, doch der Ball, der links war, muss auch links bleiben. Hier hört man das Aufschlagen der kleinen, schweren Bälle auf dem Boden. Die Kinder sind bereits geübt, sie haben das Training schon öfter gemacht. Und immer wieder will der eine oder andere schon weitermachen, ist schneller als es eigentlich grade angedacht ist, schlägt vor, gleich die Augen zu schließen. Das ist eine Sache, die Gilde daran schätzt und auch fördern will. Schon beim Training selbst werden die Kinder damit kreativ. "Mich fasziniert das Potenzial, das man erkennt, die Agilität, die man erreicht, und zu sehen, wie sich die Kinder entwickeln", erklärt Gilde dazu.

Auch wenn das Training den Kindern sichtlich Spaß macht, hat es auch einen ganz praktischen Nutzen für ihre Schul- und Lernzeit. Durch die nicht alltäglichen Körperbewegungen werden Synapsen im Gehirn gebildet, die Gehirnbereiche werden besser vernetzt. Das fördert zum Beispiel Konzentration und Kreativität und hilft ihnen beim Lernen. Aber immer nur die gleichen körperlichen Übungen wiederholen, reicht nicht aus. "Das Gehirn braucht immer wieder neue Aufgaben, damit es sich weiterentwickeln kann", erklärt Gilde. Deshalb wird jede Woche eine Aufgabe mehr durchgeführt. Und nicht nur die Gehirnentwicklung ist ein Vorteil: Es ist immer noch ein Sport, den die Kinder ausüben. In den Gruppen finden sie Freunde, erzählt Gilde, außerdem entwickeln sie teils eine enorme Disziplin, und auch der körperlichen Fitness tue das Training gut.

Brainkinetik ist nicht auf eine bestimmte Gruppe beschränkt. Gilde gibt nicht nur für Kinder Kurse, Studenten gehören zu ihren Kunden, in Firmen bietet sie betriebliches Gesundheitsmanagement an. Und auch im Spitzensport wird mit Brainkinetik gearbeitet. Als sie vor etwa sechs Jahren die Ausbildung machte, saßen Trainer von der Jugendmannschaft des VfB Stuttgart dabei. "Und auch bei der Handballnationalmannschaft wird mit Brainkinetik gearbeitet", weiß sie und ist sich sicher: "Brainkinetik macht in jedem Alter Sinn."

An der Grundschule Nordstetten wird ihr Angebot gut angenommen. Sie hat so viele Anmeldungen, dass sie eine Warteliste einrichten musste. "Es ist überwältigend, wie groß das Interesse war", erinnert sie sich an den Infoabend, den sie Anfang des Schuljahres gegeben hat. Maximal sechs Kinder sind es pro Gruppe, mehr lässt sie nicht zu. "Es soll eine individuelle Entwicklung stattfinden", erklärt sie. Das gehe besser in der kleinen Gruppe. Einmal pro Woche ist sie an der Grundschule, fünf Kurse gibt sie dort insgesamt – für alle Klassenstufen. Selbst ist sie auch von Brainkinetik begeistert, es ist für sie mehr als nur ein Job: "Was ich verkörpere, lehre ich. Was ich lehre, verkörpere ich."