Naturschutz: "Netzwerk Blühende Landschaft" schützt Insekten

H orb-Talheim. Die Windschutzscheibe des Autos ist als Indikator für ein immer größeres Insektensterben für jedermann greifbar. Musste man früher nach einer Fahrt mit dem Auto relativ viele Insekten von der Windschutzscheibe kratzen, so ist dies heute kaum noch der Fall.

Grund dafür ist, dass die Insektenpopulation in den vergangenen 24 Jahren um 80 Prozent zurückgegangen ist. Eine erschreckende Zahl, denn Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Co. sind unersetzlich. Als Blütenbestäuber sorgen sie für die Vielfalt von Pflanzen und Tieren. Doch wo finden diese Insekten heute noch ihre Nahrung? Auf Feldern und Wiesen, öffentlichen Flächen und in Gärten blüht es immer weniger. Mit dem Insektensterben ist automatisch auch die Zahl an Vögeln, die sich teilweise von Insekten ernähren, zurückgegangen, und der Igel steht auf der roten Liste der aussterbenden Tierarten. Ein alarmierender Kreislauf. Hier möchte das "Netzwerk Blühende Landschaft" entgegenwirken. "Aus öffentlichem Grün soll öffentliches Bunt werden", fordert die promovierte Biologin Evelyne Walliser am Donnerstagabend im Rahmen der öffentlichen Ortschaftsratssitzung von Talheim. Sie stellte das Projekt "BienenBlütenReich", das Anschauungs- und Projektfläche für Mensch und Tier gleichermaßen ist, dem Gremium vor.

Mit mehrjährig blühenden Saatmischungen aus einheimischen Samen möchte man aus öffentlichen Flächen wertvolle blühende Oasen als Kraftorte für die Blütenbesucher machen, erklärte die Fachfrau. Das "Netzwerk Blühende Landschaft" steht hier nicht nur mit Knowhow, sondern auch mit Geräten, dem geeigneten Saatgut und der fachlichen Begleitung der einzelnen Projekte mit Rat und Tat zur Seite.

Neben Nordstetten soll Talheim als Pilotprojekt für die ersten Bepflanzungsaktionen in Horb dienen. Ein Vorschlag, der im Rat mit großer Begeisterung angenommen wurde. Die Anregungen, wo man denn überall anpflanzen könne, flogen – wie die Bienen im blühenden Feld – nur so über den Tisch, und Ortsvorsteher Thomas Staubitzer musste ein wenig die Euphorie bremsen, denn er ist der Meinung, dass man sich am Anfang nicht zu viel zumuten sollte.

Er teilte mit, dass man im Vorfeld bereits zwei Flächen – quasi als Testflächen – ausgesucht hat. Und zwar bei der Schule und am Friedhof im unteren Talheim. Und damit war auch klar, warum Anja Schneider, unter anderem bei der Stadtverwaltung Horb für das Bestattungswesen verantwortlich, mit am Tisch saß. "Nicht dass Sie denken, wir vom Friedhofsamt hören etwas vom Insektensterben und fühlen uns gleich zuständig – nein, es geht um die Bepflanzung in und um den Friedhof", erklärte sie. Ihrer Meinung nach können bunt blühende Pflanzen an manchen Stellen eines Friedhofes gut aussehen, doch gerade so ein Friedhof sei ein sensibles Gebiet, und hierüber solle sich der Ortschaftsrat Gedanken machen. Bei der Schule hingegen ist alles klar. Hier haben Lehrer und Schüler schon im Vorfeld ihre Bereitschaft zur Mitarbeit erklärt. Gerne will man sich an diesem Pilotprojekt beteiligen, beschloss der Ortschaftsrat einstimmig.