Ausbreitung des Borkenkäfers in Horb dieses Jahr langsamer als in 2018

Hitze und Borkenkäfer setzen den Wäldern in Baden-Württemberg zu. Forstminister Peter Hauk schlug daher beim vergangenen Waldgipfel in Stuttgart ein millionenschweres Hilfspaket vor. Wie es um die Wälder in Horb steht, erklärt Oberforstrat Björn Uerpmann.

Horb. "Wir sind gut aufgestellt, in Horb, das läuft alles ganz gut hier. Zwar können wir die diesjährige Entwicklung erst nächstes Jahr wirklich beurteilen. Aber wir wissen, dass der Borkenkäfer im Vergleich zu 2018 seine Hochsaison später begonnen hat, weil die ersten Maiwochen noch recht kühl und nass waren. Das haben wir in Horb genutzt, um die Überwinterungsbäume der Käfer aus dem Wald zu schaffen. Dadurch scheint es uns gelungen zu sein, die Ausbreitung des Borkenkäfers zu verlangsamen", erklärt Björn Uerpmann, Oberforstrat an der Außenstelle Horb des Kreisforstamtes Freudenstadt.

Zusammen mit acht Förstern, sogenannten Revierleitern, einem Büroleiter und zwei Büroangestellten kümmert er sich um die Wälder in Horb, Eutingen, Empfingen, Loßburg, Glatten- Schopfloch, Dornstetten, Waldachtal, Pfalzgrafenweiler, Wörnersberg und Grombach. Mehr als 9700 Hektar Wald fallen in dieses Gebiet, das entspricht etwa 13 600 Fußballfeldern. Knapp 60 Prozent davon sind in öffentlicher Hand, 40 gehören privaten Waldbesitzern.

Neben der Wetterlage hat Horb noch einen anderen Vorteil gegenüber anderen Regionen gehabt: "Wir haben hier früh begonnen, mehr auf Tanne und Buche, anstatt auf die für Borkenkäfer anfällige Fichte zu setzen", sagt Uerpmann. Lag der Fichtenanteil im Horber Stadtwald 1981 noch bei gut 40 Prozent, so war er bei der vergangenen, alle zehn Jahre stattfindenden, Waldinventur auf etwa 25 Prozent gesunken. Landesweit liegt der Durchschnitt bei 34 Prozent.

2018 explodierte die Borkenkäferpopulation – auch in Horb – und richtetet beträchtlichen Schaden an: 46 Prozent aller Bäume, die 2018 in Horb abgeholzt wurden, wurden nicht regulär gefällt, sondern weil sie Schadholz waren. Dieses kann zwar auch durch Stürme, Schnee, Dürre oder Pilze verursacht werden, der Borkenkäfer aber spielte eine entscheidende Rolle. 2017 lag der Anteil noch bei 18 Prozent. 2019 sind es bislang 60 Prozent, wobei die Aufräumarbeiten von 2018, die bis in dieses Jahr andauerten, miteingerechnet sind. Die Tendenz ist steigend.

Bäume litten 2018 unter besonderen Belastungen

Hervorgerufen hatte die Borkenkäferplage des vergangenen Jahres hauptsächlich der extrem heiße und extrem lange Sommer. Geschwächt durch die anhaltende Trockenheit waren die Bäume anfälliger für vielfältige Schädlinge. Die Fichte zum Beispiel kann in solchen Situationen weniger Harz bilden, mit dem sie sich gegen Eindringlinge wie den Borkenkäfer schützt. Dieser wiederum vermehrt sich bei hohen Temperaturen besonders gut und entwickelte dank der langen Wärmeperiode gleich drei anstatt der üblichen zwei Generationen. Und ein weiterer Faktor setzte den Bäumen zu: "2018 hatten wir eine starke Fruktifikation, was bedeutet, dass die Bäume besonders viele Samen ausgebildet haben", so Uerpmann. "Das hat die Bäume zusätzlich Energie gekostet."

Da auf eine solch reichliche Fruktifikation in der Regel ein Jahr mit geringer Fruchtbildung folgt, besteht diese Belastung 2019 nicht. Eine Besonderheit aber gibt es, die in Horb und Umgebung den Kampf gegen den Borkenkäfer erschwert: Die Kleinteiligkeit des Privatwaldes. Im Zuständigkeitsbereich des Horber Forstamtes nennen private Waldbesitzer durchschnittlich 1,7 Hektar Wald ihr Eigen – etwa zweieindrittel Fußballfelder. Häufig sind diese zudem auf mehrere Parzellen aufgeteilt. Der Oberforstrat erläutert das Problem, das sich daraus ergibt: "Bei so kleinen Flächen lohnt es sich für Holzkäufer oft nicht, einen Holzlaster in den Wald zu schicken, um das Käferholz abzuholen. Da fällt einfach nicht genug an. Als Forstamt schreiben wir deswegen den Privatbesitzern und bieten ihnen unsere Unterstützung an; wenn wir im Gemeindewald ohnehin Bäume fällen, können wir kostengünstig auch Arbeiten in ihren Parzellen übernehmen. Leider ist es sehr aufwendig, alle zu erreichen und manchmal gibt es aufgrund von ungeklärten Erbschaftsfragen keine klare Zuständigkeit", erläutert Uerpmann.

Ob der heiße Sommer 2018 und die damit verbundene Borkenkäferplage direkte Folgen des Klimawandels sind, darauf möchte Uerpmann sich nicht festlegen: "Wir merken aber schon, dass es von der Tendenz her wärmer wird. Das macht nicht nur der Fichte zu schaffen. Wir haben zum Beispiel Standorte, an denen sich Tannen und Buchen früher problemlos wohlgefühlt haben und an denen es jetzt schwieriger wird. Bei der Buche haben wir keine Totalausfälle wie anderswo in Baden-Württemberg, aber stellenweise finden wir durchaus abgestorbene Kronen."

Geplant werden muss 100 Jahre im Voraus

Den Wald an das wärmer werdende Klima anzupassen, sei nicht leicht. 100 Jahre im Voraus muss man planen, ohne zu wissen, wie das Klima bis dahin aussehe, führt der Forstexperte aus. Der nächste Schritt ist die Waldinventur 2021, auf deren Grundlage festgelegt wird, welche Maßnahmen in den darauffolgenden zehn Jahren ergriffen werden sollen. Uerpmann meint: "Wir werden auf den trockenen Standorten wahrscheinlich mehr Eichen und Ahorn pflanzen, da diese Arten Wärme besser vertragen als Fich ten und Buchen. Letztendlich kommt es auf eine gute Mischung an". Die Douglasie, ein trockenresistenter Nadelbaum aus Nordamerika, werde in und um Horb – anders als in anderen Gegenden Baden-Württembergs – eher weniger eingesetzt werden. Zum einen mögen sie den hiesigen kalkhaltigen Boden nicht und zum anderen gibt Uerpmann heimischen Bäumen den Vorzug.

Daneben werde man noch stärker als ohnehin auf Naturverjüngung setzen. Das heißt anstatt großflächig zu pflanzen sollen die Bäume sich selbst vermehren. Sie suchen sich automatisch den für sie besten Platz, was zu stabileren Beständen führt. Außerdem entwickeln sich die Wurzeln besser, wenn sie natürlich wachsen und nicht abgeschnitten werden müssen, um den Baum umzupflanzen. So verfügen die Bäume über einen größeren Wurzelraum, können mehr Wasser erschließen und leiden weniger unter Hitze.

Insgesamt begrüßt Uerpmann es, dass sich die Debatte um den Klimawandel dem Wald zugewandt hat: "Panik wäre übertrieben, aber wir dürfen nicht aus dem Blick verlieren, dass der Klimawandel unserem Wald zusetzt. Bisher war der Klimawandel vielleicht nicht immer so wahrnehmbar, aber am Wald wird er jetzt sichtbar. Das verstärkt die Debatte und ich hoffe, dass wir uns dadurch als Gesellschaft noch mehr für unsere Wälder anstrengen."