... und der "Tochter" Hardt. Foto: Braitsch

"Richtig: Mariazeller Parzellen. Falsch: Hardter Urhöfe": Diese durchaus provokante These zur Ortsgeschichte stellt Heimatforscher Herbert Braitsch aus Dunningen. Er widerspricht damit Alfons Brauchle.

Hardt/Eschbronn-Mariazell - Auf das erste Hardter Amtsbuch wurde im "Schwarzwälder Bote" bereits hingewiesen. "Dieses Buch von 1840 bringt es an den Tag: Die Bezeichnung ›Hardter Urhöfe‹ ist falsch, ›Mariazeller Parzellen‹ ist richtig", sagt Braitsch. Der Korrektur bedürften entsprechende Stellen im Internet-Auftritt der Gemeinde, im Hardter Heimatbuch und die Texte auf den 15 Geschichtstafeln entlang des Hardter Hofwegs.

Hardt bezeichnet hoch gelegenen Wald

Und weiter: "Das Wichtigste vorweg: Die politische Gemeinde Hardt ist 182 Jahre jung. Vor 1840 gab es definitiv keine Gemeinde Hardt, weder politisch noch kirchlich", führt er aus. Das Wort "Hard/Hardt" bezeichnete im Mittelalter keinen Wohnort, nicht einmal eine kleine Siedlung, sondern einen hoch gelegenen Wald.

"Uff’m Hardt war also nichts anderes als die höchste, bewaldete Fläche der Gemeinde Mariazell, folgert Braitsch.

Alfons Brauchle habe im "Hardter Heimatbuch" die junge Gemeinde Hardt "alt gemacht". Wenn der Autor die Bezeichnung "Hardter Urhöfe" verwende, dann sei dies seine "Erfindung", die durch keine Quelle belegt sei. Richtig sei vielmehr: Hardt wurde 1840 auf der Basis von 69 Häusern von 69 wahlberechtigten Bürgern in 13 Parzellen gegründet.

Gefallen an die junge Gemeinde?

Den Beweis dafür, dass die Gemeinde Hardt ein Zusammenschluss von Parzellen sei, liefere das erste Hardter Amtsbuch. In diesem Buch findet sich nicht ein einziges Mal Brauches Lieblingsbegriff "Hardter Urhöfe", sondern ausschließlich der Ausdruck "Mariazeller Parzellen".

Das Amtsbuch beweise, dass sich der Geschichtsschreiber Alfons Brauchle in dieser Sache nicht an die geschichtliche Vorgabe gehalten habe, sondern "erfinderisch" gewesen sei. "Vermutlich wollte er in guter Absicht der jungen Gemeinde Hardt einen Gefallen tun und ihr eine uralte Geschichte schenken", mutmaßt Braitsch.

Buch mit über 90 Seiten

Das 90-seitige Amtsbuch sei hingegen ein einzigartiges Protokoll, geschrieben 1840 vom Oberamtmann Lang vom Königlich Württembergischen Oberamt Oberndorf. Er habe damals monatelang die Verhandlungen zur Dorfgründung geführt. Das Buch hat 90 Seiten und trägt den Doppel-Titel: "Mariazell & Hardt – Verhandlungen über die Trennung der Parzellen. Vom Gemeindeverbund mit Mariazell und Bildung einer eigenen Gemeinde mit dem Namen Hardt 1840".

Dieses umfangreiche Protokoll sei laut Braitsch als erstes Hardter Amtsbuch im Hardter Rathaus archiviert, während das selbe Dokument in Mariazell "verloren" wurde.

Mariazell: Größte Gemeinde der Raumschaft

Interessant sei in diesem Zusammenhang, was ein anderer Autor, nämlich Hubert Klaußner, im Heimatbuch Eschbronn zur Geschichte von Mariazell schreibt. Im Gegensatz zu Brauchle verwende er im Eschbronner Heimatbuch den Begriff "Urhof" richtig. Er schildere treffend, was gegen Ende des Mittelalters von dem einstigen "Städtchen Mariazell" übrig geblieben ist.

Zitat (Seite zwölf): "Der Ort hatte damals neben der Kirche und dem Pfarrhaus nur noch ein Wirtshaus (Hirsch) und zwölf Maier- oder Urhöfe: Kleiners-, Lazers-, Rößlewirts-, Nagels-, Bierles-, Hilsen-, Sternen-, Ginters-, Bächles-, Stases-, Lauffers- und Mühlbauernhof". "In der Raumschaft gab es also Maier- oder Urhöfe nur im mittelalterlichen Dorfkern von Mariazell", sagt Braitsch.

Später, bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, entwickelte sich Mariazell zur flächenmäßig größten Gemeinde der Raumschaft Schramberg. Der richtige Begriff für jede spätere "Siedlung" in zwei bis vier Kilometer Entfernung von der Mariazeller Kirche sei "Parzelle". Zu jeder Parzelle gehörten bis zu einem halben Dutzend einzelner Häuser. Dazu zählten beispielsweise auch Leibding- und Taglöhnerhäuser.

Transkription noch nicht vervielfältigt

Nicht nur die "Großbauern", sondern auch einfache Taglöhner waren als Einwohner einer Parzelle Bürger von Mariazell und hatten Stimmrecht, so auch bei der Dorfteilung 1840. Die politische Gemeinde Mariazell war damals eine Urzelle demokratischer Kultur.

Die Transkription des ersten Hardter Amtsbuches ist bisher (noch) nicht vervielfältigt, kann aber jederzeit beim Autor eingesehen werden, teilt Braitsch abschließend mit.