Das leckere und vegetarische Tagesessen. Foto: Schölzel

Vesperkirche heißt: Gemeinsam an einem Tisch sitzen. Der Schwarzwälder Bote hat das bunte Treiben einen ganzen Tag lang miterlebt. Das sind die Eindrücke.

VS-Schwenningen - Seit 20 Jahren ist die Vesperkirche in Schwenningen aktiv – und erfolgreich.

Jahr für Jahr krempeln Helferinnen und Helfer ihre Ärmel hoch, um für ein paar Wochen im Jahr ein gemeinsames, warmes Essen und Gemeinschaft zu ermöglichen, immer unter dem Motto: Vesperkirche – gemeinsam an einem Tisch. Und diese Gemeinschaft spürt auch der Schwarzwälder Bote, der die Ehrenamtlichen für einen Tag in der Vesperkirche begleitet hat.

10.30 Uhr in der Vesperkirche. Vor dem Altar der Pauluskirche in Schwenningen ist ein Stuhlkreis aufgebaut. Die tägliche Morgenrunde steht an. Die motivierten Ehrenamtlichen, über 40 sind es dieses Jahr, sitzen alle still da. Mit weißer Schürze und gelbem Namensschild lauschen sie der Begrüßungsgeschichte von Doris Maier. Danach geht es ans Eingemachte: Gudrun Gomeringer-Maag gibt die Sicherheits- und Hygieneanweisungen durch. Sie mahnt: "Jeder arbeitet nur da, wo er auch eingeteilt ist", bevor es dann an die Verteilung der Teams geht: Kasse, Service, Essensausgabe, Café, Getränke-Service, Fahrer, Träger und Begrüßungsdienst – die Aufgaben sind zahlreich.

Christy-Brown-Schule mit dabei

11 Uhr geht es los. Die ersten Gäste trudeln ein und finden ihren Platz in der Paulus-, beziehungsweise Vesperkirche bei einer Tasse Kaffee, um sich vor dem Essen noch etwas aufzuwärmen. In der Zwischenzeit sucht unsere Redaktion das Gespräch mit Christoph Schwarz, Lehrkraft an der Christy-Brown-Schule. Er ist mit seinen Schülern bereits das siebte Jahr Teil der Vesperkirche. Das Projekt sei für seine körperlich sowie geistig behinderten Schüler mehr als wertvoll: "Ich bin sehr begeistert davon, wie sich unsere Schüler hier integrieren und regelrecht aufblühen", meint er und ist sichtlich froh, als er seinen, mit Autismus diagnostizierten, Schüler beobachtet, wie dieser gut gelaunt die Leute nach ihrem Getränkewunsch fragt. Als Belohnung gebe es dann was zu essen, schmunzelt er.

Die Kirche ist gut gefüllt

11.30 Uhr steigt die Spannung. Das Essen dampft in den Behältern. Am heutigen Tage gibt es ein rein vegetarisches Gericht: Gebackene Grünkerntaler mit Reis und Tomatensoße, dazu wird Gurkensalat gereicht. Aus ökologischen Gründen werde immer mehr auf vegetarische Gerichte geachtet, erklärt Hans-Ulrich Hofmann. Vegetarische Gerichte seien ja auch immer beliebter.

Britta Solazzo wirkt bereits seit 15 Jahren in der Vesperkirche mit. Zusammen mit Kurt Himmelsberger und Michael Henschel, die beide bereits auch seit mehr als sieben Jahren mitarbeiten, ist sie heute für die Essensausgabe zuständig. Warum sie sich engagiert? "In der Rente hat man einfach Zeit, etwas zurückzugeben."

Mittlerweile ist es 12.15 Uhr und einen Platz zum Essen zu finden, ist in der vollen Pauluskirche gar nicht so leicht. Am Tisch sitzend darf sich jedoch jede und jeder Gast wie ein König fühlen: Das Service-Team schwirrt wie gut gelaunte Bienchen um einen herum, Getränke werden nachgeschenkt sobald das Glas leer ist, das Essen kommt zügig an den Tisch, man fühlt sich aufgenommen und willkommen. Auch unter den Gästen herrscht gute Stimmung, überall an den Tischen wird eifrig geplaudert und gelacht.

Der Kontakt untereinander macht es aus

Es ist 13 Uhr und die Empore der Pauluskirche füllt sich für Kaffee und Kuchen. An der Kuchenausgabe stehen Elvira Schrawattke und Renate Faßbender. Der Kontakt untereinander sei das Schönste, so Schrawattke und auch das Miteinander und die Dankbarkeit untereinander. Jeder erlebt einmal einen Schicksalsschlag, so die beiden. "Auch wir. Und da mitzuhelfen ist das wichtigste, deshalb sind wir dabei", bekräftigt Schrawattke.

In der Küche herrscht während all dem großer Trubel. Ständig wird schmutziges Geschirr gebracht, es wird gespült, gewaschen, abgetrocknet und neues Besteck hergerichtet. Unter dem fleißigen Treiben befindet sich auch Norbert Noltemeyer, Arzt im Ruhestand, der bereits schon in Indien ehrenamtlich im Einsatz war. Seine Aufgabe ist das Fahren, vom Essen, dem Mineralwasser, den gewaschenen Schürzen aus der Wäscherei und nach der Vesperkirche wieder das Zurückfahren der leeren Behälter. Er ist seit sechs Jahren dabei und will es auch weiterhin sein.

Es gibt für alles eine Lösung

Doch dann der Schreck: Gegen 13.30 ist plötzlich der Essensvorrat aufgebraucht. Aber die Vesperkirche wäre nicht die Vesperkirche, wenn sie nicht auf alle Eventualitäten vorbereitet wäre. Anstelle von Grünkorntalern gibt es dann eben Maultaschen mit Kartoffelsalat.

Um 15 Uhr endet das tägliche Spektakel für die Ehrenamtlichen mit einer Schlussrunde, bei der der Tag gemeinsam besprochen und zur Ruhe gekommen wird. Bis es am nächsten wieder heißt: Helfen, sich begegnen, dankbar sein und gemeinsam an einem Tisch sitzen.

Info:

Die Vesperkirche findet noch bis zum 12. Februar täglich von 11 bis 15 Uhr in der Pauluskirche in Schwenningen statt. Das Essen kostet für jeden einen Euro, Spenden sind willkommen.