Leitungen sind in der Fernwärmeverteilerstation eines Heizkraftwerks zu sehen. Die Mehrheit der deutschen Kommunen steht bei der Planung, wie in der Zukunft klimafreundlich geheizt werden soll, noch am Anfang. Foto: dpa/Marijan Murat

Fernwärme kommt aus Kraftwerken über Wasserleitungen ins Haus. Was kann sie zum klimaneutralen Umbau der Wärmeversorgung leisten? Fest steht: Wer so einen Anschluss hat, muss sich um die Heizung im Keller nicht mehr sorgen.

Fernwärme ist nicht erst seit der hitzigen Debatte um die Wärmewende in Deutschland ein Thema. Schon die alten Römer nutzten heißes Thermalwasser zum Heizen, das mit Hilfe von Leitungen in Becken und Gebäude für Bodenheizungen transportiert wurde.

Das erste Fernwärmesystem entstand 1334 in Chaudes-Aigues. In dieser französischen Ortschaft leitete die Bewohner heißes Thermalwasser aus einer Quelle in ihren Ort geleitet, um die Häuser zu versorgen.

Was ist Fernwärme?

Beim Fernwärme-Kreislauf wird das warme Wasser für Heizungen nicht dezentral im Haus erzeugt, sondern in einem großen Heizkraftraftwerk weiter weg. Das warme Wasser wird über Rohre ins Haus geleitet. Etwa jede siebte Wohnung in Deutschland wird mit Fernwärme beheizt, 2020 lag die Trassenlänge bei mehr als 31 000 Kilometern.

Wie wird Fernwärme erzeugt?

Zur Herstellung der Fernwärme dienen Energieträger wie fossile Brennstoffe (Öl, Erdgas), Biomasse, Müll oder industrielle Abwärme und zunehmend auch erneuerbare Energiequellen.

Das Rückgrat der Erzeugung von Fernwärme bilden hocheffiziente KWK-Anlagen. Die Abkürzung KKW steht für Kraft-Wärme-Kopplung. Gemeint ist damit laut Umweltbundesamt die gleichzeitige Umwandlung von Energie in mechanische oder elektrische Energie und nutzbare Wärme innerhalb eines thermodynamischen Prozesses.

Soll das Fernwärmenetz ausgebaut werden?

Ja. In Zukunft soll die Zahl der Haushalte, die mit Fernwärme versorgt werden, deutlich steigen. Die großen Kraftwerke sollen dann, wenn möglich, nicht Kohle oder Gas verbrennen, sondern klimafreundlich sein. Das geht beispielsweise mit grünem Wasserstoff.

Welchen Stellenwert hat die Fernwärme in Deutschland?

Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat in einer Übersicht zusammengestellt, welche Energieträger in Wohngebäuden verwendet werden (Anteile jeweils in Prozent):

• Gas: 52,1 Prozent

• Heizöl: 3,5 Prozent

• Fernwärme: 14,3 Prozent

• Elektrizität: 3,8 Prozent

• Holz, Holzpellets: 3,7 Prozent

• Erd-, Umluft, Abluftwärme: 1,9 Prozent

• Briketts, Braunkohle: 0,3 Prozent

• Steinkohle, Koks: 0,1 Prozent

• Biomasse (außer Holz), Biogas: 0,1 Prozent

• Sonnenenergie: 0,1 Prozent

Nach Angaben des Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gingen im Jahr 2021 von den insgesamt 126 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Fernwärme, die in Deutschland produziert wurden, an folgende Abnehmer:

• private Haushalte/Wohnungsgesellschaften: 55 Milliarden kWh

• Industrie: 43 Milliarden kWh

• Sonstige: 28 Milliarden kWh

Entwicklung der Fernwärmeverwendung nach Abnehmern in Deutschland 2021. Foto: BD

Was plant die Bundesregierung?

Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll Fernwärme in ganz Deutschland eine echte Alternative zu Wärmepumpen und anderen klimafreundlicheren Heizungen werden. Jedes Jahr sollen 100 000 Häuser neu an Wärmenetze angeschlossen werden, erklärt Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen.

Eine entsprechende Novellierung des Fernwärme-Gesetzes (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme) bringt die Bundesregierung derzeit auf den Weg. Demnach sollen Großstädte bis Ende 2026 Wärmepläne vorlegen, kleinere Städte bis Ende 2028.

Wie wird sich das Angebot an Fernwärme entwicklen?

Der Energieeffizienz-Verband für Wärme, Kälte und KKW (AGFW) prognostiziert auf der Grundlage von Studien, dass der n Anteil der Fernwärme an der Wärmeversorgung in Deutschland von derzeit 14,3 Prozent auf mehr als 30 Prozent im Jahr 2050 steigen wird.

Mit 18 Prozent erneuerbaren Energien und 14 Prozent Abwärme aus Industrie, Gewerbe und Müllverbrennung liege der der klimaneutrale Anteil der Erzeugung von Fernwärme erheblich über dem Durchschnitt der Gebäudeversorgung von circa 13 Prozent, argumentiert der AGFW.

Wie gestalten sich die Preise bei der Fernwärme?

Aus Verbrauchersicht ist die Preisentwicklung das wohl größte Problem. Aktuell herrsche auf dem Fernwärmemarkt ein unreguliertes Monopol, sagt die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Ramona Pop.

Wie klimafreundlich ist Fernwärme?

Die Energie stammt aktuell noch zu rund 70 Prozent aus klimaschädlichen, fossilen Energieträgern, also vor allem Kohle und Gas. Bis 2030 sollen die Wärmenetze aber bisherigen Plänen zufolge zu mindestens 50 Prozent aus Erneuerbaren Energien oder Abwärme gespeist werden, bis 2045 müssen sie komplett treibhausgasneutral sein.

Kann Fernwärme Wärmepumpen ersetzen?

Bei der sogenannten Dekarbonisierung der Wärmeversorgung – also der Abkehr von fossilen Energieträgern – sollen die Fernwärmenetze eine zentrale Rolle spielen.

Wer an ein Fern- oder Nahwärmenetz angeschlossen sei, müsse sich keine Gedanken über eine Wärmepumpe oder andere Alternativen mehr machen, betont Bundesbauministerium Klara Geywitz. Nahwärme könne in ländlichen Gebieten etwa das Heizen über Biomasse vom örtlichen Bauern bedeuten.

Was muss für den Ausbau passieren?

Die Unternehmen stünden für den Ausbau bereit, erklärt der Präsident des Energieeffizienzverbands für Wärme, Kälte und KWK, Hansjörg Roll. Doch die Rahmenbedingungen – Planung, Genehmigung und staatliche Förderung – müssten besser werden. So dürfe eine Förderung bei einer solch langfristigen Investition nicht vom jährlich schwankenden Bundeshaushalt abhängig sein.

Auch der Stadtwerke-Verband VKU erwartet eine längere, milliardenschwere staatliche Förderung. Bisher seien bis 2026 insgesamt drei Milliarden Euro im Topf, sagte Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.