Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, mehrere Frauen zur Prostitution gezwungen zu haben. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Zwei Männer aus Heilbronn stehen wegen Zwangsprostitution vor Gericht. Ihre Opfer sollen sie brutal gequält haben. Die Einnahmen der Frauen behielten sie demnach zum Großteil für sich.

Ein Prozess um die Leidensgeschichte von Frauen in Zwangsprostitution: In ihrer Anklageschrift schilderte die Staatsanwaltschaft am Montag vor dem Landgericht Heilbronn rund eine Stunde lang, wie zwei Angeklagte im Jahr 2021 eine damals 18-jährige Bulgarin unter dem Vorwand nach Deutschland lockten, ihr eine Anstellung in einem Döner-Imbiss zu verschaffen. Nach ihrer Ankunft in Deutschland sollen die Männer sie dann aber zur Prostitution gezwungen haben, indem sie drohten, ihren Angehörigen Gewalt anzutun und deren Haus niederzubrennen.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung, Schleusung und den Handel mit Kokain vor. Der 21 Jahre alte Angeklagte soll demnach eine Scheinehe mit einer Türkin eingegangen sein, um ihr die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. Nachdem dieses Vorhaben scheiterte, soll er ihr einen gefälschten Pass besorgt haben.

Vor Gericht zeigten die Angeklagten auf die Vorwürfe aus der Anklage kaum eine Reaktion. Die Staatsanwaltschaft führte fünf weitere Fälle auf, in denen die Männer im Alter von 21 und 41 Jahren Frauen zu Sex gegen Geld gezwungen haben sollen. Eine Frau soll auf ihrem Rippenbogen mit Säure beträufelt worden sein, weil sie sich geweigert habe, für sie zu arbeiten. Auf ihrer Haut seien Narben zurückgeblieben.

Die Vorsitzende Richterin Ursula Ziegler-Göller wandte sich am Montag an die Angeklagten und ihre Verteidiger. Sollten die beiden für schuldig befunden werden, drohten ihnen voraussichtlich Haftstrafen von mindestens 9 Jahren beziehungsweise von 12 bis 13 Jahren bei dem Angeklagten, der bereits vorbestraft ist. Ein Geständnis brächte dagegen einen deutlichen Strafnachlass und würde den Umfang der Beweisaufnahme reduzieren.

Angesichts der 33 Zeuginnen und Zeugen sowie der zahlreichen Vorwürfe könne das Verfahren weitaus länger dauern als die bisher geplanten acht Verhandlungstage, sagte Ziegler-Göller. Die Verfahrensbeteiligten besprachen sich anschließend nichtöffentlich. Das Ergebnis wurde zunächst noch nicht bekannt.

Der Prozess wird vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts verhandelt, da der jüngere der beiden Angeklagten während des Tatzeitraums erst 18 Jahre alt war.

In Heilbronn gab es im Bereich der Hafenstraße seit mehreren Jahren Prostitution

Die Frauen sollen zur Prostitution unter anderem auf die Straße und in Privatwohnungen der Freier geschickt worden sein. Am Ende jedes Arbeitstages sollen die Angeklagten die Einnahmen eingesammelt und zum größten Teil für sich behalten haben. Eine Geschädigte verdiente nach Angaben der Staatsanwaltschaft jeden Tag etwa 350 Euro, indem sie mit vier bis fünf Männern Geschlechtsverkehr hatte. Von diesem Geld habe sie nur 200 Euro pro Woche bekommen und etwa ein Jahr lang jeden Tag gearbeitet.

In Heilbronn gab es nach Angaben der Polizei im Bereich der Hafenstraße seit mehreren Jahren Prostitution. 2022 kam es dort vermehrt zu Straftaten und Auseinandersetzungen rivalisierender bulgarischer Gruppen, um die Vorherrschaft im dortigen Milieu.

Die Polizei bildete eine eigene Ermittlungsgruppe, um die Straftaten aufzuklären. Das Ordnungsamt von Heilbronn erließ zudem eine Verbotsverfügung. Seit Juni dieses Jahres gebe es keine Straßenprostitution mehr, sagte ein Polizeisprecher. Offenbar arbeiteten die Frauen nun teilweise woanders, etwa in Wohnungen, mutmaßte er.

Eine Auseinandersetzung mit einer rivalisierenden Gruppe des Heilbronner Rotlichtmilieus wird auch den beiden Angeklagten vorgeworfen. Die Männer sollen bei einer Schlägerei mit Baseballschlägern bewaffnet gewesen sein.