Felix, Henrike und Frederic Zwerger (von links) führen die Hechinger Strickwolle-Firma Tutto, die weltweit den Großhandel beliefert. Foto: Stopper

Wolle gibt’s in Hechingen in Hülle und Fülle: Henrike und Frederic Zwerger von Tutto, eine Firma die Wolle in die ganze Welt exportiert, plaudern aus dem Nähkästchen.

Ich kann nicht stricken. Wenn ich jetzt anfangen würde zu lernen, hätte ich dann im Winter schon Socken fertig?

Henrike Zwerger: Ich denke, das wäre kein Problem. Es gibt Bücher zum Strickenlernen, Anleitungen im Internet. Und Leute, die schon stricken können, gibt es ja oft im Umfeld. Und wenn man es dann kann: Geübte Stricker schaffen ein Sockenpaar in zehn Stunden. Dazu braucht man nur ein Knäuel Wolle und fünf Stricknadeln. Wollsachen kann man übrigens nicht nur im Winter tragen. Das ist ein Naturprodukt, das Temperaturen ausgleicht. Das fühlt sich auch im Sommer gut an.

Nun steht aber der Winter an, und da bleibt zu befürchten, dass viele Wohnungen und Büros die Temperaturen runtergedreht werden. Wollsachen könnten helfen. Merken Sie schon eine gestiegene Nachfrage?

Frederik Zwerger: Tatsächlich hat mir kürzlich ein Kunde erzählt, bei ihm bleibe die Fußbodenheizung erstmal aus, bei ihm zu Hause würden stattdessen dicke Wollsocken gestrickt. Aber insgesamt ist die Nachfrage normal, wir verkaufen ja nicht nur in Deutschland, sondern wir beliefern den Großhandel weltweit. Neuseeland, USA, Kanada, Südafrika, auch nach China haben wir schon geliefert. Und natürlich in europäische Länder.

Wo ist man besonders strickbegeistert? Gibt es nationale Besonderheiten?

Frederik Zwerger: In Japan steht das Stricken wirklich hoch im Kurs, und da ist auch unsere Wolle unter dem Markennamen Opal unglaublich beliebt. Wir hatten schon japanische Reisegruppen hier, die auf ihrer Deutschlandreise unbedingt unser Werk hier in Hechingen sehen wollten. Und nationale Besonderheiten gibt es einige. Franzosen mögen beispielsweise kaum Wollpullover- oder Schals, die finden Kunstfasern besser. In Österreich wird häufiger mit sehr dicker Wolle gestrickt. Auch bei den Farben gibt es Vorliegen.

Sie haben beim Färben ja eine besondere Technik?

Henrike Zwerger: Ja, bei uns wird der Wollfaden mit in der Regel acht Farben so unterschiedlich bedruckt, dass ein besonderes Muster herauskommt. Das haben wir im Prinzip eingeführt. Wir bringen da jedes Jahr mehrere Kollektionen heraus, die jeweils einem Begriff und einer Geschichte zugeordnet sind. Sockenzirkus, Regenwald, Zebra, Afrika. Berühmt sind wir für unsere spezielle Hundertwasser-Kollektion.

Friedensreich Hundertwasser? Der berühmte Maler und Designer?

Frederic Zwerger: Ungewöhnlich, nicht wahr? Wir haben mit ihm eine Kooperation abgeschlossen, die auch nach seinem Tod fortbesteht. Als einzige weltweit. Die Socken sind natürlich kein genauers Abbild der Gemälde, was den Bildgegenstand angeht, aber wir greifen die Farbzusammensetzungen auf. Bis heute am beliebtesten in dieser Reihe ist übrigens die Wolle "Straße zum Sozialismus". Wahrscheinlich auch wegen des für Wolle ungewöhnlichen Namens. Aber so heißt halt ein Bild des Künstlers. Das Knäuel "Kuss im Regen" geht übrigens auch gut.

Klingt ja toll. Aber wenn ich jetzt doch keine Lust hätte, stricken zu lernen, kann ich mit der Wolle ja nichts anfangen. Oder?

Henrike Zwerger: Na gut, es gibt in Deutschland tatsächlich mehrere Strickdesigner, die auch im Auftrag für einen Pullover oder Schals stricken. Die habe in der Regel Modedesign mit Schwerpunkt Stricken studiert. Die entwerfen Strickkollektionen, für die dann teilweise auch Anleitungen in Modezeitungen abgedruckt werden. Die stricken sicher auch Sachen im Auftrag. Aber das dürfte ziemlich teuer werden. Handgestrickte Sachen fühlen sich übrigens wärmer an als maschinengestrickte. Das liegt an den kleinen Unregelmäßigkeiten, die da unvermeidlich sind.

Wer entwirft die Tutto-Wollknäul-Editionen?

Wir drei Geschwister, meine Brüder Frederic und Felix und ich, führen seit dem Tod unseres Vaters die Firma gemeinsam. Und wir suchen auch gemeinsam immer wieder nach neuen spannenden Farbzusammensetzungen und den dazu passenden Geschichten und den Fotomotiven. Ich glaube, die emotionale Ergänzung der Wollknäuel ist es, was unsere Kundinnen und Kunden an uns mögen. Und uns macht das richtig Spaß.